Diese kuriosen Unesco-Kulturerben gibt es wirklich
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Eine Skulptur als Denkmal für die Pfeifsprache El Silbo auf der Aussichtsplattform Mirador de Igualero auf La Gomera.
© Quelle: imago images/Panthermedia
Auf der Unesco-Welterbeliste gibt es spektakuläre Kulturdenkmäler und Naturstätten. Und dann gibt es noch die Liste des immateriellen Kulturerbes, auf der mehr als 500 Einträge aus 136 Ländern gelistet sind. Darunter gibt es immer wieder auch kuriose Ausdrucksformen und Fertigkeiten, die als traditionelles und schützenswertes Wissen der Menschheit gelten.
Baguette ist jetzt immaterielles Kulturerbe
Neu auf der Liste ist zum Beispiel Frankreich mit dem Baguette. Der traditionelle Herstellungsprozess umfasst das Wiegen der nur vier Zutaten, das Mischen, Kneten, Fermentieren, Teilen, Entspannen, Formen, Gären, Markieren des Teigs mit flachen Einschnitten und das Backen.
Was einfach klingt, erfordert spezifische Kenntnisse und Techniken, die Bäckerinnen und Bäcker bei einer betrieblichen Ausbildung, bei Schulkursen und in Praktika erlangen.
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Das Baguette aus Frankreich gilt ab sofort als immaterielles Kulturerbe.
© Quelle: imago images / Panthermedia
Neues und altes Unesco-Kulturerbe in Deutschland
Deutschland steht mit dem modernen Tanz, dem Orgelbau und der Orgelmusik auf der Liste des immateriellen Kulturerbes. Wer mehr erfahren will, kann verschiedene Orgelmuseen besuchen – zum Beispiel das Orgelbaumuseum Schloss Hanstein im bayerischen Ostheim vor der Rhön.
Nominiert für das Jahr 2023 sind das Hebammenwesen, die traditionelle Bewässerung und die manuelle Glasfertigung. Welche kuriosen und bemerkenswerten Traditionen gibt es in anderen Ländern? Sieh selbst:
Bierkultur in Belgien – nicht Deutschland!
Man möchte meinen, Deutschlands Bierkultur zähle zum immateriellen Kulturerbe – immerhin existiert das Reinheitsgebot seit dem 23. April 1516. Doch es ist ein anderes Land, dass in Sachen Bier auf der Liste steht.
Laut der Unesco spielt das Gebräu in Belgien eine große Rolle im täglichen Leben sowie bei festlichen Anlässen. Fast 1500 Biersorten werden im Nachbarland mit unterschiedlichen Fermentationsverfahren hergestellt. Seit den 1980er-Jahren erfreut sich Craft-Beer besonderer Beliebtheit.
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Ein Glas Bier mit Aussicht auf Brügge. Die Bierkultur Belgiens gilt als immaterielles Kulturerbe.
© Quelle: imago images/dimarik
Das ist aber noch nicht alles. So wird Bier zum Kochen verwendet oder bei der Herstellung von Produkten, darunter mit Bier gewaschener Käse. Auch mit Speisen kann das Getränk kombiniert werden, um den Geschmack zu ergänzen.
Zudem sei nachhaltiges Handeln Teil der Kultur geworden, wobei recycelbare Verpackungen und neue Technologien zur Reduzierung des Wasserverbrauchs in Produktionsprozessen gefördert werden. Braumeisterinnen und Braumeister geben ihr Wissen in spezialisierten Universitätskursen und in Kursen in Brauereien, im allgemeinen Gastgewerbe sowie bei öffentlichen Schulungsprogrammen für Unternehmerinnen und Hobbybrauer weiter.
Bärenfeste in den Pyrenäen
Um das Ende des Winters und den Anfang des Frühlings zu feiern, jagen in einigen Dörfern Einheimische in den Pyrenäen in Andorra und Frankreich Bären. Tierquälerei wird hier aber nicht betrieben. Bei den Bären handelt es sich um junge Männer in Bärenkostümen, die von Teilnehmern und Teilnehmerinnen des Festes symbolisch eingefangen werden.
Bei den kuriosen Feierlichkeiten werden Tänze getanzt, Reden auf Katalanisch geschwungen und Musik gespielt. Innerhalb der Dörfer gibt es leichte Unterschiede im Ablauf, aber immer nimmt die gesamte Bevölkerung daran teil. Menschen jedes Alters und jeder Herkunft beteiligen sich in unterschiedlichem Maße, indem sie bei der Organisation helfen, Rollen spielen, singen oder an den Verfolgungsjagden teilnehmen.
Das Wissen über die Bärenfeste wird über Vereine und Schulen sowie im Familien- und Freundeskreis weitergegeben. Außerdem vereint die jahrhundertealte Veranstaltung Tausende Menschen aus der katalanischen Region und stellt eine Gelegenheit dar, ihr gemeinsames Erbe zu feiern und ihre Gemeinschaft zu bekräftigen, heißt es von der Unesco.
Garnelenfischen auf Pferden in Belgien
Mit einem Pferd Garnelen fangen? Das klingt mehr als kurios. Doch im belgischen Oostduinkerke ist das Tradition. Die Fischer und Fischerinnen ziehen auf dem Pferd sitzend ein trichterförmiges Netz durch die Brandung, das von zwei Holzbrettern offen gehalten wird.
Gleichzeitig erzeugt eine Kette Vibrationen, sodass die Garnelen ins Netz springen. Der Fang landet dann in Körben, die an den Seiten der Pferde hängen.
Garnelenfischerinnen und ‑fischer benötigen dafür gute Kenntnisse des Meeres und des Sandstreifens sowie ein hohes Maß an Vertrauen gegenüber dem eigenen Pferd. Bei einem zweitägigen Garnelenfestival werden Hunderte von Kindern in die Kunst des Krabbenfangens eingeführt.
Erfahrene Fischerinnen und Fischer demonstrieren Techniken und teilen ihr Wissen über Netze, Gezeiten und Strömungen mit Anfängerinnen und Anfängern. Für viel Spaß sorgen zudem Festwagen, Straßentheater, Kostüme für die Krabbenparade und ein Wettbewerb.
Das mongolische Knöchel-Schießen
Was für Europäer und Europäerinnen makaber erscheint, ist in anderen Ländern ganz normal. So werden in der Mongolei Knochen verstorbener Haus- und Nutztiere verehrt, indem sie für religiöse Riten und Spiele benutzt werden. Darunter: Knöchel-Schießen.
Teams von sechs bis acht Spielerinnen und Spielern schnippen dabei auf ein Ziel aus Schafsknöchelknochen, um diese in die Zielzone zu stoßen. Die Schützen und Schützinnen singen traditionelle Knöchelknochenschießmelodien und ‑lieder.
Alle besitzen individuell gefertigte Schießwerkzeuge und ‑instrumente und tragen Kostüme, die je nach Rang und Verdiensten mit besonderen Merkmalen ausgestattet sind.
Die Rituale, Kenntnisse, Fähigkeiten und Techniken sowie die Handwerkskunst für die Herstellung von Werkzeugen, Zubehör und Ausrüstung werden bei der Anwendung vermittelt. Knöchelschießen bietet laut der Unesco ein günstiges Umfeld, in dem jedes Mitglied zum Erfolg, zum sozialen Wohlergehen und zur Entwicklung des Teams beiträgt.
Die Tradition bringt Teammitglieder mit unterschiedlichem Hintergrund näher zusammen, fördert ihren Respekt untereinander und verbessert den sozialen Zusammenhalt, heißt es.
Kultur der Baumimkerei in Polen und Belarus
Schon einmal etwas von der Baumimkerei gehört? Falls du jetzt an die Szene mit der Zeichentrickfigur Winnie Puuh denkst, in der er seine Hand in ein Baumloch steckt, um an Honig zu kommen, dann liegst du gar nicht so falsch.
Bei der Baumimkerei wohnen die Bienen in Bäumen. Dafür werden alten Bäumen künstliche Höhlen, sogenannte Beuten, in etwa sechs Metern Höhe eingehauen, der Eingang wird mit einem Brett samt Flugloch versehen.
Dabei ist das Ziel der Imker nicht, die Honigproduktion zu intensivieren, sondern neues Wissen über das Leben der Bienen und das Ökosystem sowie die urzeitlichen Lebensbedingungen in Baumbeuten nachzubilden, ohne in den natürlichen Lebenszyklus der Wildzuchtbienen einzugreifen. Dafür benötigt werden fortgeschrittene Fähigkeiten und Kenntnisse über die traditionellen Methoden und Werkzeuge.
Durch Weitergabe des Wissens innerhalb der Familien und an Interessierte wird das Gemeinschaftsgefühl gefördert und das Bewusstsein gegenüber der Umwelt geschärft, heißt es von der Unesco.
Dudelsack-Kultur in der Slowakei – nicht Schottland!
Man kennt es: In Schottland wird traditionell Dudelsack gespielt. Aber wusstest du, dass das Musikinstrument auch in der Slowakei zur Tradition gehört? Die Dudelsack-Kultur existiert im ganzen Land, mit regionalen Unterschieden in Bezug auf Technik, Stimmung, Verzierungen und Know-how sowie entsprechendes Lied- und Tanzrepertoire. Damit zählt sie zum immateriellen Kulturerbe.
Sie wird von Generation zu Generation innerhalb der Familie und Gemeinschaft sowie durch formelle und informelle Bildung weitergegeben. Bei gesellschaftlichen Veranstaltungen sei die Gemeinschaft stolz darauf, einen Dudelsackspieler zu haben, da die Musik ein Gefühl von Gemeinschaft vermittle, so die Unesco.
Pfeifsprache der Insel La Gomera
Falls du im Urlaub auf La Gomera ein Pfeifen hörst, hat das einen Grund: Auf der Insel gibt es eine einzigartige Sprache, die nirgendwo anders auf der Welt vorkommt. Mit der Pfeifsprache El Silbo wird nur auf La Gomera kommuniziert – jeder Vokal und Konsonant wird durch einen Pfeifton ersetzt.
Sie wurde vor Jahrtausenden entwickelt, um sich über viele Kilometer, zahlreiche Schluchten und Berge hinweg zu verständigen. In El Silbo gibt es nur zwei Vokale und vier Konsonanten. Jeder Pfiff wird durch den entsprechenden Ton und die Unterbrechung beziehungsweise Fortsetzung desselben unterschieden.
Seit 1999 in Schulen unterrichtet, wird die Sprache von fast allen Inselbewohnerinnen und ‑bewohnern verstanden und von der überwiegenden Mehrheit praktiziert. Dafür wird der abgeknickte Zeigefinger in den Mundwinkel gelegt, die Zunge nach hinten gebogen und mit der anderen Hand eine Art Schalltrichter gebildet.
Reisereporter