Auf den Spuren der Maori in Neuseelands Norden
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Eine Landschaft wie gemalt: Die Bay of Islands auf der Nordinsel von Neuseeland.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Lasst den Blick gesenkt, hatte uns der Guide Billy Boy gebeten. Und tatsächlich, während unsere kleine Gruppe ihm in der beginnenden Dämmerung tiefer in den dichten Waipoua Forest hineinfolgt, richten alle in der kleinen Gruppe ihre Augen auf den hölzernen Steg, auf dem wir gehen, und die Gräser und Farne, die darum herum auf dem Waldboden wachsen. Nach ein paar Schritten beginnt der Guide, leise in seiner Muttersprache Maori zu singen. Melancholisch und ein wenig mystisch klingt die Melodie.
Schließlich bleibt er stehen und bedeutet uns mit der Hand, es ihm gleichzutun. Als der letzte Ton verklungen ist, bittet uns Boy, den Blick zu heben. Und da steht er: Tane Mahuta – der Gott des Waldes.
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Im Waipoua Forest steht der mehr als 2000 Jahre alte Kauri-Baum Tane Mahuta – der höchste Baum des Landes.
© Quelle: Miles Holden/Tourism New Zealand
Audienz beim Gott des Waldes
Auf den ersten Blick lassen sich seine beeindruckenden Ausmaße kaum erfassen. Mehr als 51 Meter groß, hat er einen Stammumfang von 13,8 Metern. Das Alter des Kauri-Baumes wird auf mehr als 2.000 Jahre geschätzt. Er ist den Maori genauso heilig wie der Grund, auf dem er gewachsen ist. Anfassen ist deshalb strengstens verboten.
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Aber das könnte man auch gar nicht ohne Weiteres – denn die Aussichtsplattform, von der aus er zu sehen ist, wurde in sicherem Abstand aufgestellt. Besucherinnen und Besucher laufen hier auf einem Weg aus Holzlatten – um zu verhindern, dass sie die Wurzeln der Bäume beschädigen. Vorm Betreten der Pfade müssen die Schuhe mithilfe einer dafür aufgestellten Vorrichtung desinfiziert werden, damit keine Pilzsporen eingeschleppt werden, die den Bäumen schaden könnten.
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Wer in den Waipoua Forest will, muss an einer Station wie dieser vorher die Schuhe desinfizieren. Eingeschleppte Pilzsporen könnten sonst den Wald gefährden.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Bauholzhandel hat viel zerstört
Zuvor hatte uns Boy bereits jede Menge Interessantes über die heimische Flora und Fauna erzählt. Von ihm erfahren wir auch, dass die Gegend hier im Far North District des Northlands, etwa drei Autofahrstunden nördlich von Auckland, einst fast vollständig mit Wald bedeckt war. „Als die europäischen Siedler kamen, wurde Land gebraucht, deswegen wurden viele Bäume gefällt“, berichtet er. „Doch vor allem wegen des Bauholzhandels im 18. Jahrhundert wurde viel zerstört.“
Erst seit 1975 sei es illegal, heimische Bäume zu fällen. „Heute sind vor allem die Possums ein Problem für die heimische Natur“, sagt er und schiebt scherzend nach: „The only good Possum is a flat one.“ („Das einzig gute Possum ist ein flaches.“) Viele der Tiere verlieren bei Unfällen mit Autos ihr Leben.
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Bei einer Tour durch den Waipoua Forest erzählt Guide Billy Boy viel über die Flora und Fauna der Gegend.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Vater des Waldes spielt im Maori-Glauben eine wichtige Rolle
Vor Tane Mahuta brachte uns Boy auch zu Te Matua Ngahere: dem Vater des Waldes. Der etwa gleichaltrig geschätzte Gigant ist zwar nur knapp 30 Meter hoch – allerdings hat er einen Stammumfang von 16,41 Metern. Beide Bäume sind vor allem eins: wirklich beeindruckend.
Tane Mahuta spielt eine wichtige Rolle im Glauben der Maori. Tane ist der Sohn des Himmelsvaters Ranginui und der Erdmutter Papatuanuku. Indem er die ursprüngliche Umarmung seiner Eltern trennte, brachte er Licht, Luft und Raum für neues Leben.
Manea-Experience erzählt von Ankuft des Vorfahren
Die Schöpfungsgeschichte hören auch Reisende, die wenige Kilometer entfernt am Hokianga Harbour eine der neuesten Attraktionen des Northlands besuchen: Manea – The Footprints of Kupe Experience. Der Hokianga Harbour befindet sich an der nördlichen Westküste im Far North District, das bis an die Nordspitze des Landes reicht. Die Gegend hat eine besonders große Bedeutung für die Maori. Denn hier soll ihr Vorfahre Kupe einst mit seinem hölzernen Kanu, dem Waka, angelegt haben, als er das Land entdeckte. Der Krieger kam aus Hawaiki im Osten von Polynesien.
Seine Reise über das Meer und die Ankunft in der neuen Heimat sind heute als interaktives Erlebnis nachvollziehbar in der Kupe Experience. Am Ufer des Hokianga Harbour gehen Besucherinnen und Besucher dabei auf eine besondere 75-minütige multisensorische Zeitreise mit Storytelling, Performance, Film und digitaler Interaktion.
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Kahutiatwe Rangi Turner (links) und Waikoru Wikaira nehmen Besucherinnen und Besucher der Kupe Experience in Hokianga mit auf eine Reise durch die Maori-Geschichte.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Maori geben Einblick in ihre Geschichte
Der 15-jährige Waikoru Wikaira und die 18-jährige Kahutiatwe Rangi Turner gehören zu den Maori, die Besucherinnen und Besucher auf dem Gelände in Empfang nehmen. Zunächst geht es mit ihnen auf einer Art Skulpturenpfad durch die Entstehungsgeschichte der Maori. Dabei stellen sie anhand von großen geschnitzten Pfahlskulpturen die wichtigsten Gottheiten der indigenen neuseeländischen Bevölkerung und ihre wichtigsten Merkmale vor.
Erlebnis mit Wind, Gischt und Feuergeruch
Der Pfad und die Erzählungen enden am Theater. Nach einer Begrüßungszeremonie mit Gesang, der Powhiri, geht es in den modernen Theatersaal mit 60 Plätzen. Hier erfahren die Zuschauerinnen und Zuschauer, wie Kupe einst übers Meer fuhr und Neuseeland entdeckte und es schließlich besiedelte – und zwar in 4D. Der Film auf der Leinwand wird nicht nur untermalt von Tanz und Gesängen der beiden Maori auf der Bühne, sondern auch mit Wind und Gischt in den Zuschauerrängen, dem Wackeln der Sitze und sogar dem Geruch nach Feuer. Wirklich eindrucksvoll.
Nach der 20-minütigen Vorstellung haben Besucherinnen und Besucher außerdem die Gelegenheit, sich in einer interaktiven Ausstellung detailliert über die Region und ihre Geschichte zu informieren. „Unsere Kultur war fast verloren“, sagt Wikaira. „Ich bin sehr stolz darauf, meinen Teil dazu beizutragen, sie zu bewahren.“
Auch die Regierung fördert das Projekt
Die Wichtigkeit hat längst auch die Regierung erkannt. Das Manea-Projekt wurde deshalb mit 4,6 Millionen neuseeländischen Dollar, also rund 2,7 Millionen Euro, gefördert. Es soll mehr Touristinnen und Touristen in die Gegend locken. Denn nur 8 Prozent der ausländischen Neuseeland-Reisenden kommen bislang in die Region nördlich von Auckland.
Bay of Islands lockt die meisten Reisenden
Viele steuern dann die Bay of Islands an der Ostküste an. Die malerische Bucht mit ihren rund 144 Inseln erstreckt sich rund 20 Kilometer ins Landesinnere hinein und ist eines der beliebtesten Reiseziele der Einheimischen. Kein Wunder: Das Klima ist subtropisch, die Buchten und Strände bieten Möglichkeiten zur Entspannung genauso wie das Meer für Aktivitäten wie Angeln, Kajakfahren, Paddleboarding, Segeln, Schnorcheln ... Kleine, sehenswerte Städte wie Kerikeri und Russel locken mit zahlreichen Cafés, Restaurants, Kunstgalerien und Boutiquen.
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Der kleine Ort Russel an der Bay of Islands ist auch wegen der vielen individuell gestalteten Häuser sehenswert.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Die Bucht hat auch eine wichtige Rolle in der Geschichte des Landes gespielt. Denn hier ließen sich die ersten europäischen Siedler nieder. Der britische Entdecker und Seefahrer James Cook war 1769 der erste Europäer, der sie besuchte. Er verlieh ihr auch ihren heutigen Namen.
Treaty of Waitangi war wichtiger Wendepunkt
Die Briten waren es auch, die das Land kolonialisierten. Das ging allerdings nicht immer friedlich vonstatten – bis am 6. Februar 1840 schließlich eine Art Friedensabkommen und Gründungsdokument zwischen der britischen Krone und mehr als 40 Maori-Häuptlingen unterzeichnet wurde, der Treaty of Waitangi, also der Vertrag von Waitangi.
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Eine besonders gute Aussicht auf die Bay of Islands bietet sich vom Flagstaff Hill bei Russel.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Heute gelten die Waitangi Treaty Grounds als wichtigster historischer Ort des Landes. Zum Nationalfeiertag jedes Jahr am 6. Februar findet auf dem Gelände ein Festival statt, das Tausende Neuseeländerinnen und Neuseeländer besuchen. Der Besuch lohnt sich aber auch an allen anderen Tagen. Dann nämlich haben die Museen auf dem Gelände geöffnet, in denen Besucherinnen und Besucher alles über die Geschichte Neuseelands erfahren.
Cultural Performances im traditionellen Versammlungshaus
Viele kommen außerdem, um eine der Cultural Performances im Te Whare Runanga zu erleben. Nach einer offiziellen Begrüßung vor dem mit aufwendigen Schnitzereien verzierten Versammlungshaus der Maori sehen sie im Inneren dann traditionelle Tänze und hören Lieder. Anschließend können sie sich mit den Maori fotografieren lassen. Bei Führungen auf dem Gelände geht es auch zum Ngatokimatwhaorua, dem weltgrößten zeremoniellen Kriegskanu, das die nördlichsten Maori-Stämme zum Waitangi-Day 1940 gebaut haben.
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Auf den Waitangi Treaty Grounds steht das weltgrößte zeremonielle Kriegskanu.
© Quelle: Sabrina Friedrich
Mit etwas Glück begegnet man in der Dämmerung unterwegs einem Kiwi. Einige der flugunfähigen Nationalvögel sollen auf dem weitläufigen Gelände leben. Es lohnt sich also auch hier, immer wieder mal den Blick zu senken – auch wenn das mit der Aussicht auf die Bay of Islands vor Augen wirklich nicht leichtfällt.
Tipps für deine Reise nach Neuseeland
Anreise: Mit dem Flugzeug nach Auckland auf der Nordinsel von Neuseeland. Von hier aus weiter mit dem Mietwagen.
Einreise: Für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten reicht für deutsche Reisende die elektronische Einreisegenehmigung NZeTA. Kosten: 17 bis 23 Neuseeland-Dollar (NZD), also etwa 10 bis 14 Euro.
Beste Reisezeit: Die Winter sind mild, die Sommer warm. Die Nordinsel hat zu jeder Jahreszeit ihren Reiz. Baden ist in den Monaten Dezember bis März möglich.
Unterkünfte:The Heads Hokianga: Vier-Sterne-Hotel mit kleinen Villen direkt am Ufer des Hokianga Harbours, State Highway 12, Omapere. Übernachtungen ab etwa 120 Euro pro Nacht.
Scenic Hotel Bay of Islands: Vier-Sterne-Hotel mit subtropischen Garten nahe der Waitangi Treaty Grounds, 58 Seaview Road, Paihia 0200. Übernachtungen ab etwa 150 Euro pro Nacht.
Attraktionen: Waipoua Forest Twilight Encounter– Maori Cultural Eco Night Tour: Die vierstündige Tour zur Dämmerung in den Waipoua Forest beginnt von Oktober bis März um 18 Uhr, von April bis Oktober um 17 Uhr. Erwachsene zahlen 105 NZD, Fünf- bis Zwölfjährige 45 NZD.
Manea – The Footprints of Kupe Experience: 41 Hokianga Harbour Drive, Opononi. Erwachsene zahlen 65 NZD, 13- bis 16-Jährige 12 NZD, Fünf- bis Zwölfjährige 6 NZD.
Waitangi Treaty Grounds: Tau Henare Drive, Waitangi 0293. Vom 1. Februar bis 24. Dezember täglich von 9 bis 17 Uhr, vom 26. Dezember bis 31. Januar täglich von 9 bis 18 Uhr. Der Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren ist frei. Erwachsene zahlen 60 NZD für zwei Tage.
Die Reise wurde unterstützt von Tourism New Zealand. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
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