Dominikanische Republik: Rum, Tanzen & Natur pur
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Rum und die Karibik gehört genau so zusammen wie Käpt'n und Jack Sparrow. Besonders in den Abendstunden treibt es die Einheimischen zum Tanzen in die Bars und Straßen.
© Quelle: imago/imagebroker
Der restliche Rum schwappt im Magen hin und her. Er will doch nicht etwa im Verdauungstrakt den Rückwärtsgang einlegen? Auch der Fahrer muss an einer fiesen Steigung kurz zurücksetzen, um einen neuen Anlauf zu nehmen. Der schmale, matschige Weg hinauf zum Wasserfall Salto Aguas Blancas vorbei an den bunten Hütten der Feldarbeiter ist ein Ritt auf einer von Schlaglöchern durchsiebten Buckelpiste.
„Massage, Massage“, witzelt unser Tourguide Prudenzio Ferdinand, während er selber auf der harten Bank der Ladefläche durchgeschüttelt wird. Es ist kühl und regnerisch hier auf gut 2.000 Metern. Aber der Blick über die Berge der Cordillera Central lässt alles Widrige vergessen.
Hochgebirge & Karibik: Von allem etwas
Hochgebirge? In der Karibik? Doch, doch. Die Erhebungen in der Dominikanischen Republik auf der Insel Hispaniola sind sogar die höchsten der Großen Antillen –über 3.000 Meter. „Die Leute kennen nur den Strand, sie wissen nicht, was für Schätze dieses Land zu bieten hat“, sagt Prudenzio. Die Leute, damit meint er die Pauschaltouristen aus dem Ausland. Punta Cana an der Ostküste ist der Inbegriff für All-inclusive-Reisende in dieses Land. „DomRep“– wie es gern bequem, aber wenig liebevoll genannt wird.
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„Wer in den Hotels an Langeweile stirbt, ist selber schuld“, sagt Elmar Mai, für den Urlaub erst beginnt, „wenn die Straßen nicht mehr aus Asphalt sind“. Mai ist Experte. Für alles. Im Besonderen aber für die Dominikanische Republik, die er vor 20 Jahren für sich entdeckte und die er seitdem regelmäßig bereist. Mai kennt gefühlt jeden Quadratmeter, jeden Halm. Ab und an muss er dann aber doch passen. Er nimmt’s mit Humor: „5.600 Pflanzenarten gegen einen Elmar – keine Chance.“
Der Biologe mit TV-Erfahrung („Volle Kanne“, „Sendung mit der Maus“) sensibilisiert uns für die kuriosen Launen, die die Natur für dieses wunderbare Fleckchen Erde übrig hat. Lebende Zäune, tapezierte Bäume, Würgefeigen, wenige Meter kurze Flüsse, Raupen, die aussehen wie Taubenmist – zur besseren Tarnung, Kolibris so klein wie Hummeln, rote Bananen. „In den Tropen gibt es Dinge, die sind so abgefahren, da kann ein Mensch eigentlich gar nicht drauf kommen“, sagt Mai.
Die Dominikanische Republik sei „ein einziges Freilandlabor“. Und das auf relativ überschaubarem Territorium. Das Land ist etwa so groß wie Niedersachsen, ein Drittel davon ist in Nationalparks geschützt. „Auf engstem Raum gibt es von allem etwas, eine immense Vielfalt“, erklärt Mai, „in zwei, drei Stunden Autofahrt kann man alle Extreme erleben.“ Aus Regenwäldern in die Wüste, vom Hochgebirge in die Senke 40 Meter unter dem Meeresspiegel im Südwesten, dem tiefsten Punkt in ganz Süd- und Mittelamerika. Für jeden Naturliebhaber ist etwas dabei, um die Karibik aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten als aus dem der Strandliege.
Begegnung mit Mike Tyson
Vier Millionen Touristen kommen jährlich. Alleine 50 Prozent davon bleiben in Punta Cana vor ihren Bettenbunkern im Sand zwischen den Palmen stecken. Nun sollen die Besucher besser übers Land verteilt werden. Doch lediglich fünf Prozent haben bisher den Individual- und Ökotourismus für sich entdeckt. Dabei bietet das Land perfekte Möglichkeiten. Die Ökolodges abseits des Massentourismus sind echte Perlen. Umgeben von Dschungel und Wasserfällen. Du musst sie nur suchen. Wenn du eine findest, willst du von dort nicht mehr weg.
Die Ökoranch Baiguate in Jarabacoa im Landesinneren gehört zu den Vorzeigeprojekten. Das Umland weckt das humboldtsche Abenteurer- und Entdeckergen in jedem Gast. Und wer Natur nicht nur hören und sehen will, kann auch fühlen. Das Wasser des wilden Gebirgsflusses Yaque del Norte zum Beispiel. Beim Rafting. Eine technisch sehr anspruchsvolle Tour, Schwierigkeitsgrad 4,5 (von 5). Sagt Wilson, Chefabenteurer der Ranch. Bei der Trockeneinweisung am Ufer klappt wenig bis nichts. „Es geht nur mit Teamwork“, impft uns Wilson immer wieder ein. Als das Boot frontal auf einen drei Meter hohen Felsen mitten im Fluss zuschnellt, ist sich aber jeder selbst der Nächste.
Wilson gibt uns zu verstehen, das sei erst der Anfang. „Mike Tyson junior“ lauere um die nächste Biegung. Die Boxsymbolik passt. Rückwärts rutschen wir die Stromschnelle, die eigentlich schon ein Fall ist, hinunter. Ich verliere das Gleichgewicht und werde backbord aus dem Boot geschleudert. Der Kollege Norberto rechts neben mir knallt mit dem ganzen Gewicht auf mein linkes Bein, dessen zugehöriger Fuß noch in der Schlaufe am Boots- boden steckt, während der Rest des Körpers nähere Bekanntschaft mit dem Wasser macht.
Was für ein Punch. Das Paddel geht flöten. Das Fußgelenk droht zu zerbersten. Bis Wilson erst Norberto an der Schwimmweste packt und dann auch mich zurück ins Boot zieht, vergeht eine halbe Ewigkeit. Denke ich. Später beim Videostudium wird deutlich, dass Super-Wilson blitzartig zur Stelle war. Das Gute an dieser Grenzerfahrung: „Mike Tyson senior“ eine halbe Meile später kann uns nichts mehr anhaben. Wir sind gestählt. Nach zwei Stunden Fahrt ist der widerspenstige Yaque bezwungen. Und es blieb sogar Gelegenheit, die wundervolle Berglandschaft ringsherum zu genießen.
Der Adrenalinschub lässt erst gegen Abend nach. Beim Schlückchen Rum in der Hängematte auf der Veranda. Urwaldblick, der Duft immer frischen Grüns, im Hintergrund der plätschernde Bach. Zikaden zirpen. Frösche quaken. Hier, im Einklang mit der Natur, lässt es sich aushalten.
Reisereporter