Zugreise durch die Schweiz: Traumhafte Winter-Aussichten
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Der Glacier Express fährt in einer Schneelandschaft über eine Brücke bei Andermatt in der Schweiz.
© Quelle: Glacier Express AG - Stefan Schlumpf
Wie ein leuchtend rotes Band schlängelt sich der Zug durch die weiße Landschaft. Meter für Meter, Kurve für Kurve arbeitet sich der Bernina-Express die gleichnamigen Alpen hinauf. Vor den deckenhohen Panoramafenstern breitet sich ein Winteridyll aus: Sonnenstrahlen glitzern auf dem zugefrorenen Bergsee Lago Bianco, vor dem blauen Himmel erhebt sich eine schneebedeckte Gebirgskette, in deren Mitte Gletscher und der gut 3600 Meter hohe Piz Cambrena thronen.
Der Zug wird langsamer und nähert sich dem nächsten Halt: Ospizio Bernina auf 2253 Metern, dem höchsten Durchgangsbahnhof Europas. Von hier aus geht es nur noch bergab – entweder Richtung Tirano in Norditalien oder nach Chur im Schweizer Kanton Graubünden. Bis zu 7 Prozent Steigung muss der Bernina-Express dabei überwinden und ist damit eine der steilsten zahnradlosen Eisenbahnlinien der Welt.
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Wie ein leuchtend rotes Band schlängelt sich der Bernina Express durch die weiße Landschaft Richtung Ospizio Bernina.
© Quelle: Maike Geißler
Zugbegleiter Martin Schmid Sigrist schaut aus dem Fenster und schmunzelt. „In Ospizio Bernina bin ich vor einigen Jahren mal mit Dutzenden Gästen gestrandet“, erzählt der 56-Jährige. „Wegen heftigen Schneefalls hatten wir einen Streckenunterbruch und mussten mehr als zwei Stunden auf die Schneeschleuder warten. Die Zeit haben wir in der Bahnhofsgaststätte verbracht und Bündner Käsesuppe gegessen. Es fühlte sich fast an wie ein Fest, mitten im Nirgendwo bei Schneesturm.“
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Schmid Sigrist arbeitet seit 30 Jahren bei der Rhätischen Bahn, und noch heute freue er sich jeden Tag auf den Kontakt mit den Fahrgästen, sagt er. Die kommen aus vielen verschiedenen Ländern – sogar aus Japan, China oder den USA. Mehrere Fremdsprachen sollten die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter daher sprechen können. Englisch ist das Minimum, damit auch mal ein Schwatz nach der Ticketkontrolle möglich ist. Oftmals fühle er sich dann ein wenig wie ein Reiseleiter, sagt der 56-Jährige. Kein Wunder: „Ich kenne die Strecken in- und auswendig, kann praktisch zu jedem Kilometer etwas erzählen.“
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Express-Zugbegleiter Martin Schmid Sigrist kennt die Strecke des Bernina Express in- und auswendig.
© Quelle: Maike Geißler
Zeit genug hat er dafür. Für die 122 Kilometer lange Strecke braucht der Zug vier Stunden. Doch darum, schnell von A nach B zu kommen, geht es den Mitreisenden auch nicht. Sie wollen vor allem die Fahrt und die Sehenswürdigkeiten genießen.
Kreisviadukt, Landwasserviadukt: Highlights des Bernina Express
Unterwegs überquert der Bernina-Express zwischen Tirano und Chur 196 Brücken, fährt durch 55 Tunnel und an 20 Gemeinden vorbei. Das Markenzeichen der Strecke ist das Landwasserviadukt, eine 65 Meter hohe und 136 Meter lange Steinbogenbrücke. Hier zücken Fahrgäste ebenso gern die Kamera wie in Brusio kurz vor der Grenze zwischen Schweiz und Italien. Dort haben Schweizer Bahningenieure ein einzigartiges Bauwerk geschaffen: Im Kreisviadukt dreht sich der Bernina-Express auf engstem Raum einmal um die eigene Achse und überwindet so innerhalb von 140 Metern rund 17 Meter Höhenunterschied.
Architektonisch eine Besonderheit ist auch der Abschnitt zwischen Tirano und Thusis, der seit dem Jahr 2008 – als weltweit dritte Bahnstrecke – zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Zur Zeit ihrer Entstehung Anfang des 20. Jahrhunderts waren die vielen Bauten zur Überwindung von Schluchten, Felsen und Steigungen höchst innovativ.
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Der Bernina Express auf der Albulalinie – sie gehört zum unesco-Weltkulturerbe.
© Quelle: Rhätische Bahn _ Andrea Badrutt
So liegen beispielsweise zwischen den Orten Bergün und Preda 418 Höhenmeter, aber nur sechs Kilometer Wegstrecke. Die Bahnlinie wurde hier auf die doppelte Distanz verlängert, um die Steigung auf maximal 3,5 Prozent zu verringern. Das Ergebnis: Die Bahn fährt durch insgesamt fünf Kehrtunnel, vier Talquerungen und zahlreiche weitere kleine Tunnel, über Viadukte und Dämme.
App informiert über Sehenswürdigkeiten
Diese Information kommt nicht von Zugbegleiter Schmidt Sigrist. Die Schweizer Betreibergesellschaft hat eigens für ihre Panoramastrecken eine App entwickeln lassen, die von den Besonderheiten entlang der Routen erzählt und durch Pushbenachrichtigungen auf Sehenswürdigkeiten hinweist. Wenn denn das WLAN mitspielt – das ist in den Alpen nicht immer garantiert.
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In den Schweizer Panoramazügen gibt es ein Entertainment-System – Infos zu Sehenswürdigkeiten und Streckenverlauf gibt’s per Push aufs Handy.
© Quelle: Maike Geißler
Die Schweiz ist ein Eisenbahnland: Pro Jahr fahren die Einwohnerinnen und Einwohner durchschnittlich 70-mal mit dem Zug und legen dabei rund 2400 Kilometer zurück. Das ist europaweiter Rekord. Das Eisenbahnnetz des Landes zählt mit 5100 Kilometern auf einer Fläche von 41 285 Quadratkilometern zu den dichtesten weltweit.
Auf 1280 Kilometern vereint die „Grand Train Tour of Switzerland“ seit dem Jahr 2015 die Panoramastrecken auf einer Route, mehrere Bahngesellschaften haben sich dafür zusammengeschlossen. Eine festgelegte Richtung oder Dauer gibt es nicht. Mit dem Swiss Travel Pass können die Züge für einen Pauschalpreis beliebig oft benutzt werden.
Reisende können ein- oder aussteigen und pausieren, wo sie wollen – ob in Zermatt oder St. Moritz, im Tessin oder Lavaux, am Rheinfall oder Vierwaldstätter See. Dort fährt der der Luzern-Interlaken-Express ab, aus dem Reisende Ausblicke auf fünf Seen sowie mehrere Wasserfälle und den Brünigpass haben. Um die Steigung von bis zu 12,8 Prozent bis auf die Höhe von 1008 Meter bewältigen zu können, wird auf Zahnradbetrieb umgeschaltet.
Glacier Express: „Langsamster Schnellzug der Welt“
Auch der berühmte Glacier-Express ist Teil des Streckennetzes. Seit mehr als 90 Jahren kann man mit der Schmalspurbahn zwischen Zermatt und St. Moritz reisen. Durchschnittliche Geschwindigkeit: etwa 40 Kilometer pro Stunde. Für die 291 Kilometer lange Strecke braucht der Zug knapp acht Stunden. Kein Wunder, dass er gern als „langsamster Schnellzug der Welt“ bezeichnet wird.
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Der Glacier Express fährt über das Landwasserviadukt – das Bauwerk ist ein Highlight auf den Panoramastrecken.
© Quelle: Glacier Express, Stefan Schlumpf
Dabei sind das bereits drei Stunden weniger als zu den Anfängen des Glacier-Express’, der erstmals am 25. Juni 1930 als durchgängiger Zug zwischen den beiden Orten verkehrte. Damals führte die Strecke noch über den 2429 Meter hohen Furka-Pass, was den Touristinnen und Touristen viele Blicke auf den eindrucksvollen Rhonegletscher ermöglichte, dem der Glacier-Express seinen Namen verdankt.
Die Geschichte des Glacier Express
Im Winter konnte die Zugstrecke nicht bedient werden. Zu viel Schnee und Eis türmten sich auf den Gleisen des Passes. Erst die Eröffnung des 15,38 Kilometer langen Furka-Basistunnels machte die ganzjährige Verbindung zwischen den Kantonen Wallis und Graubünden möglich – und die Fahrzeit verkürzte sich von elf auf heute acht Stunden.
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Der Glacier Express fährt durch die Rheinschlucht, eines der Natur-Highlights in der Schweiz.
© Quelle: Maike Geißler
Während draußen Viadukte, die Rheinschlucht, Bergdörfer, Gletscher und Gebirgsbäche entlangziehen, fließt drinnen der Wein: Kulinarik spielt in dem Zug eine große Rolle. Während es im Bernina-Express keinen Speisewagen gibt und Reisende sich maximal Snacks im Servierwagen kaufen können, werden im Glacier-Express Getränke und Speisen am Platz serviert – und an Bord aus vorwiegend regionalen Produkten frisch zubereitet. Die Reisenden in der ersten und zweiten Klasse verspeisen ein Dreigangmenü, in der luxuriöseren Excellence Class kommen sogar fünf Gänge auf die schmalen Zugtische.
Ein Concierge ist hier für die maximal 20 Reisenden zuständig – vom Empfang über den Service der Speisen bis zum passenden Drink an der Bar. Einer von ihnen ist Joaquim „Kim“ Varela Maneta. Er arbeitet seit etwa zehn Jahren beim Glacier-Express. Der gebürtige Portugiese spricht fünf Sprachen, um dem internationalen Publikum gerecht zu werden.
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Joaquim „Kim“ Varela Maneta ist Concierge, er arbeitet seit etwa zehn Jahren beim Glacier Express.
© Quelle: Maike Geißler
„Ich bin auch fürs Entertainment zuständig, und mache die Fahrgäste unterwegs aufmerksam auf die wichtigsten und schönsten Punkte entlang der Strecke“, sagt er. Dann blickt er kurz aus dem Fenster und zeigt auf ein Bergdorf im Kreis Bergün. „Schauen Sie, da oben ist Latsch zu sehen – da wurde der erste ‚Heidi‘-Film gedreht.“
Ebenso wie Bernina-Express-Zugbegleiter Schmid Sigrist kennt Varela Maneta seine Zugstrecke in- und auswendig. Wie oft sie die schon gefahren sind? Bei der Frage zucken beide unabhängig voneinander mit den Achseln – sie hätten aufgehört zu zählen. Ein paar Tausend Mal kämen aber sicher zusammen. Sattsehen können sich aber beide an der Schweizer Landschaft nicht. „Dafür würde ein Leben nicht ausreichen“, sagt Schmid Sigrist.
Tipps für deine Reise durch die Schweiz
Anreise: Die Panoramazüge fahren in verschiedenen Orten in der Schweiz ab – etwa Zürich, Interlaken, Zermatt, St. Moritz und Chur. Eine Übersicht findet sich online. Die Startpunkte sind von Deutschland aus mit dem Auto oder der Bahn zu erreichen. Alternativ ist die Anreise mit dem Flugzeug nach Zürich möglich.
Bahntickets: Ausländische Reisende können sich für die Grand Train Tour den Swiss Travel Pass kaufen, der für drei, vier, sechs, acht oder 15 Tage gilt. Der Pass ist ab 232 Schweizer Franken erhältlich, also etwa 223 Euro (Preis für Erwachsene ab 25 Jahren, für drei Tage). Er ist gültig in allen Zügen der gewählten Klasse, außerdem in den Postbussen und dem öffentlichen Personennahverkehr. Fahrten mit den Panoramazügen sind im Ticket inbegriffen, allerdings müssen für den Glacier- und den Bernina-Express Sitzplätze reserviert werden. Dies ist auch an den Abfahrtsbahnhöfen vor Antritt der Fahrt möglich. Tickets gibt es online.
Die Reise wurde unterstützt von Schweiz Tourismus. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
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