Österreich

Was den Neusiedler See in Österreich so besonders macht

Der Neusiedler See im Osten von Österreich ist einer der wenigen Steppenseen in Europa.

Der Neusiedler See im Osten von Österreich ist einer der wenigen Steppenseen in Europa.

Lepidium perfoliatum – kann die Durchwachsenblättrige Kresse jemanden in Euphorie versetzen? Sie kann. Allein deshalb, weil Begeisterung ansteckend ist. Die Freude von Harald Staun über die unerwartete Begegnung mit dem hübschen gelben Blümchen, dessen Name von stängelumfassenden Blättern herrührt, überträgt sich – auch wenn es gerade erst kurz nach 7 Uhr am Morgen ist.

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Ein forscher Wind zerrt an der zarten Blume, die im weißen Morgenlicht erstrahlt. „Ganz, ganz besonders selten ist die“, sagt Staun und sinkt auf die Knie – aus Bewunderung und für die bessere Nahsicht.

Ranger Harald Staun weiß genau, wo er am Neusiedler See nach seltenen Gewächsen Ausschau halten muss.

Ranger Harald Staun weiß genau, wo er am Neusiedler See nach seltenen Gewächsen Ausschau halten muss.

Großes Artenreichtum

Stille Sensationen wie diese sind nicht unbedingt nur der Seltenheit geschuldet sind. Das Wichtigste hier im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel, also einem ausgewiesenen Schutzgebiet, ist nämlich der Reichtum an ­Arten.

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Es lässt sich aber auch erleben, wie Kulturlandschaft und Biodiversität etwas ganz besonders Schönes hervorbringen: nämlich Wein. Für alle, die die Bedeutung dieses Themas noch unterschätzen: Dass es dabei quasi um alles geht, lässt sich daran ablesen, dass die internationale Staatengemeinschaft voraussichtlich im August ein Abkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt verhandelt.

Ökotourismus hat eine lange Tradition

Hier im burgenländischen Seewinkel im Osten Österreichs ist man schon einen Schritt weiter, Ökotourismus gibt es seit dreißig Jahren, unwesentlich kürzer den Nationalpark, einen Ort zur Erfüllung intensiven Naturverlangens sowie innigster Sehnsüchte von leidenschaftlichen Vogelbeachterinnen und -beobachtern. Zugvögel und Brutvögel in 350 Ausführungen, Blässgans, Löffler und Uferschnepfe sind hier zu sehen. Zu den Gewächsen zählen Sandwegerich, Karthäusernelke, Steppenwolfsmilch, Rares und Reichliches, Gänseblümchen zum Beispiel. Es ist so banal und doch so vielsagend, wenn man Graugans-Familientrupps mit Vater, Mutter, Kindern hocherhobenen Hauptes durch die Gräser marschieren sieht.

Boden ist besonders fruchtbar

Was unspektakulär scheint, ist eine Sensation und Einmaligkeit, ein Alleinstellungsmerkmal des Nationalparks: Die trocken-staubigen Erdsenken sind keine trocken-staubigen Erdsenken, sondern Salzlacken. Unter dem Schimpfen von Säbelschnäblern (irgendwer, nicht wir, ist seinem Nest zu nahe gekommen, der Kiebitz?) gehen wir schon wieder in die Knie. Harald Staun hat als Ranger und Pflanzenenthusiast viel zu erzählen: Der Boden ist das große Ding hier, als schwarze Erde ungeheuer fruchtbar.

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Hier leben echte Urzeitkrebse

Nach drei sehr trockenen Jahren sind 2022 fast alle Lacken ausgetrocknet. Haben Ihre Kinder schon mal Urzeitkrebse erst zum Leben erweckt, dann verschämt in die Toilette gegossen? Hier, -– ja, hier – gibt es die Tiere wirklich, und sie sind wichtig! Sie und Feenkrebse etwa bilden in diesem Wasser – wenn es denn da ist – enorme Biomasse, die den Zugvögeln als Nahrung auf dem Weg nach Norden dient. Fallen die Lacken trocken, überleben diese Arten jahrzehntelang im Schlamm. Übrigens ebenso wie die Samen der auf diesen Lebensraum spezialisierten Flora.

Mit ein wenig Glück und Geduld begegnen Reisende im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel dem Säbelschnäbler.

Mit ein wenig Glück und Geduld begegnen Reisende im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel dem Säbelschnäbler.

Eine Steppe mitten in Österreich

Auch die fasziniert. Unter fachkundiger Anleitung lassen sich bezaubernde Miniblüten entdecken, Orchideen, Salzkresseblätter, die wirklich unfassbar stark nach Salz schmecken, daneben Trockenwiesen mitten in Österreich in der Steppe. In der Puszta, da sind wir nämlich. „Hier ist das westlichste Ende eines Lebensraums, der über die ungarische Tiefebene, ­Ukraine, Russland, Sibirien bis in die Steppen Mittelasiens reicht. Diesen Lebensraum versuchen wir zu unterstützen“, sagt Staun.

Wie weit der Blick reicht! Wie still es ist, abgesehen von dem meckernden Säbelschnäbler freilich. Der Steppenzauber findet schnell oberflächlich ins Gemüt, aber die besondere Sensibilität und Bedeutung der Natur bedarf Erklärung: „Dieses Zusammentreffen des letzten Ausläufers der Alpen im Leithagebirge und das Anbranden der Steppe führt im Zusammenwirken mit den Salzlebensräumen zu einem ex­tremen Boost für die Biodiversität, weil mehrere Faunen- und Florenregionen aufeinandertreffen“, sagt Staun, im Stehen, jetzt Blick nach oben. Eine Rohrweihe lässt sich lautlos durch den Wind tragen über die Lacken hinweg.

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Es gibt eigentlich Unendliches zu erzählen. Dabei war vom Schilf, den Graurindern und Wasserbüffeln noch gar nicht die Rede. Nur von einem von vielen bezaubernden Momenten, an einem kühlen Morgen zu Beginn eines heißen Tages. Der wird sogar noch heißer, wenn man keine 20 Kilometer Rohrweihenfluglinie über den See um kurz nach drei im Weinberg unweit der letzten Alpenhügel steht und auf die Erde blickt – ganz andere als am Ostufer: mit Kalk durchsetzt.

Im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel leben auch Graurinder.

Im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel leben auch Graurinder.

Mariental ist eine Legende

Wieder geht es um Pflanzen, Boden, Biodiversität. Gerhard Triebaumer lässt sich auf die Knie sinken. Ein Rebentrieb lottert frei herum, er bindet ihn mit einem Büschel Grashalmen wieder an den Draht. Etwas entfernt und unten liegen der See und der liebliche Ort Rust.

Mariental heißt die Lage und sie ist eine Legende. Gerhards Vater Ernst hat 1986 mit einem Blaufränkischen von genau hier „alles gewonnen“, wie der Sohn jetzt erklärt und damit nicht nur der Familie, sondern auch der bis dato als nicht erstrangig klassifizierten Sorte einen erheblichen Dienst erwiesen.

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Gesunde Trauben – guter Wein

Triebaumer spricht vom Weingut als „Ruster Traditionsbetrieb“, was ja irgendwie so staubig klingt wie der trockene Boden unter unseren Füßen. Was er mit seinem Land und seinen Weinen macht, geht tatsächlich weit über Tradition hinaus in eine zeitgemäß und zwingend scheinende Haltung des Naturbehütertums. Naturschutzgebiet, hier wird das in zweiter Generation auch im Wirtschaftsbetrieb praktiziert und zwar gezielt: gesunder Boden, gesunde Pflanzen, Tipptopptrauben, Tipptoppwein – verkürzt zusammengefasst eine nachmittagslange Bekanntmachung mit der Triebaumer-Gleichung.

Die Biodiversität in der Region im Burgenland macht sich auch Gerhard Triebaumer zunutze, der bei Rust Wein anbaut.

Die Biodiversität in der Region im Burgenland macht sich auch Gerhard Triebaumer zunutze, der bei Rust Wein anbaut.

Weinlagen am See sind erstklassig

Neben dem Schutzgebiet liegt am Neusiedler See jede Menge Kulturland, namhafte Winzerinnen und Winzer haben hier ihre Güter, viele Lagen sind erstklassig. Der Blaufränkische, der Gelbe Muskateller, der Ausbruch – der typische Süßwein hier – alle Weine werden bei den Triebaumers biodynamisch erzeugt. In Rust, sagt er, sind sie einer von zwei Biodyn-Betrieben. Das heißt, viel, viel Arbeit geht in die ­Organisation einer Kreislaufwirtschaft, die ganz besonders auf Bodengesundheit setzt.

Am Weinberg ist das pralle Leben zu sehen: Eine Heuschreckennymphe und eine Wildbiene sind hier unterwegs. Wildkräuter, Kleiner Wiesenknopf und Pfeilkresse wachsen zwischen den Rebzeilen. „Wir brauchen so 20 Arten pro Quadratmeter“, sagt Triebaumer. Sein Arm führt den Blick den Hügel entlang zu den Hecken, die er angelegt hat, zu Streuobstwiesen, einem Gemüsebeet zwischen den Reben, Nistkästen für Wiedehopfe, die im Frühjahr nervige Raupen von den Weinstöcken picken.

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„Wir sehen den Weingarten als Biotop. Wir glauben, das ist ein entscheidender Basisbauteil unserer Qualität“, sagt er. Alle gewinnen: Die Natur erst, der Weinmensch, wenn die volle Aromatik von Weichselkirschen, Eukalyptus, Waldboden samt strammer Tannine sich zeigt. „Keine Anfängerweine“, sagt Triebaumer. Kann Bodengesundheit jemanden in Euphorie versetzen? Sie kann.

 

Tipps für deine Reise nach Österreich

Anreise: Die Anreise zum Neusiedler See gelingt umweltfreundlich mit dem Nightjet von Düsseldorf, Köln, Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main nach Wien (Tickets ab 29 Euro). Weiter geht es mit der Regionalbahn ab Wien im Stundentakt in nur 40 Minuten nach Neusiedl am See im Burgenland.

 

Weingüter: Das Weingut Triebaumer hat keinen ­Verkauf ab Hof, dafür kann man online bestellen. Ein Spaziergang durch die herrlichen Weinberge von Rust lohnt sich.
Einen Besuch wert ist das Weingut des ausgezeichneten Markus Altenburger im Ort Jois, der sehr engagiert biologisch wirtschaftet.

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Essen: Einen fantastischen Blick auf den See mit maritimem Gefühl und guter, lokal ausgerichteter Küche findet man auf der Terrasse des Restaurants Das Fritz (Seebad 1) in Weiden.
Gehobene Küche mit regionalem Fokus bietet das geschmackvoll ausgestattete Gasthaus zur Dankbarkeit (Hauptstraße 39) in Podersdorf.

Diese Reise wurde unterstützt von Burgenland Tourismus. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.

 

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