Lech Zürs: Wie kann Skiurlaub nachhaltiger werden?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/35YQFRITFKJG3Z2EKCQ2SSKXN4.jpg)
Das österreichische Lech Zürs ist beliebt bei Wintersportlerinnen und Wintersportlern. Damit das so bleibt, legen die Verantwortlichen viel Wert auf Nachhaltigkeit.
© Quelle: Lech Zürs Tourismus
Schon die Anreise nach Lech Zürs im Bundesland Vorarlberg im Westen von Österreich ist spektakulär: Von Langen am Arlberg kommend schraubt sich der Flexenpass steil und serpentinenreich in die Höhe, erst danach weitet sich der Blick auf das schöne Lechtal.
Was unternehmen Reisende hier am knapp 1800 Meter hohen Arlberg? In den Wintermonaten gehen sie meistens Ski fahren. Doch ist der Skiurlaub in den Berge ökologisch noch zu rechtfertigen? Die Skilifte im Ortsteil Zürs sind Ende Januar vollbesetzt. Wedeln hier nur Umweltsünderinnen und -sünder über die Pisten? Keineswegs.
Malerisches Ortsbild wurde bewahrt
Zürs hat es sich nicht erst seit dem Erstarken der Umweltschutzbewegung zur Aufgabe gemacht, den Tourismus im Ort so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Die Gemeinde lebt von ihren Gästen und will das noch lange tun. Den Grundstein dafür legten die Einwohnerinnen und Einwohner schon in den 1950er-Jahren, als sie einen Bebauungsplan beschlossen, der das malerische Ortsbild bis heute bewahrt hat. „Wir haben kein Interesse an Massentourismus, wir haben kein Interesse an Landschaftsverbrauch“, fasst Hermann Fechner, Tourismusdirektor und Geschäftsführer von Lech Zürs Tourismus zusammen.
Aktuelle Deals
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YB2V2HTF3RIJRIWI5SI4XK5RAC.jpg)
Zur Nachhaltigkeitsstrategie von Lech Zürs gehört, dass es keine neuen Skilifte gibt. Vorhandene, wie dieser, werden mit Ökostrom aus Wasserkraft betrieben.
© Quelle: Lech Zürs Tourismus
Anreise ist ein heikler Punkt
Keine Bettenburgen, keine neuen Skipisten und Lifte, keine tiefgreifende Veränderung der Landschaft. Das Bettenvolumen in Zürs liegt seit Jahren stabil bei rund 10.000. 10.000 Skifahrerinnen und Skifahrer und Snowboardende, die jeden Winter aus aller Welt an den Arlberg kommen – wie kann das die Umwelt nicht belasten? „Heikler Punkt aller Skiorte ist die Anreise“, weiß auch Fechner. Immerhin rund 9 Prozent der Urlauberinnen und Urlauber kommen mit Bahn und Bus, 15 Prozent fliegen, der große Rest aber fährt Auto.
Die Lösung in Zürs: ankommen und stehenlassen. Wer einmal da ist, braucht seinen Wagen nicht mehr. Skilifte, Hotels, Ausrüster, Gastronomie: Alles ist zu Fuß erreichbar, auch in klobigen Skistiefeln. Weitere Wege können emissionsfrei mit der Blauen Flotte zurückgelegt werden. Eng getaktet verbinden die Elektrobusse alle Ortsteile und sehenswerte Ausflugsziele miteinander. Der Skipass funktioniert als Ticket.
Oberlech ist nahezu autofrei
Noch eleganter hat das Autoproblem der in den Wintermonaten nahezu autofreie Ortsteil Oberlech gelöst. Hier verbindet ein unterirdisches Tunnelsystem mit Tiefgarage Gasthäuser und Hotels miteinander. Per Elektromobil gelangen das Gepäck und sämtliche Warenlieferungen zu den jeweiligen Hotels, den umgekehrten Weg geht der gesamte Müll – ein Müllauto entsorgt mit einer Entleerung den gesamten Unrat des Ortsteils.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6AP45U47OPJUHJ45UUQTE2SP5K.jpg)
In Oberlech verbinden unterirdische Tunnel die Hotels und Gasthäuser. Hier werden sowohl Waren als auch Gepäck und Müll transportiert. Gäste dürfen die Tunnel ebenfalls zu Fuß nutzen – etwa bei Regen.
© Quelle: Franziska Kästner
Beim Auto hören die Bestrebungen in Lech und Zürs aber nicht auf. Die Nachhaltigkeitsstrategie besteht aus vielen weiteren, teilweise schon lange umgesetzten Bausteinen. Wer mit einer der Bergbahnen und Skilifte fährt, nutzt zu 100 Prozent Ökostrom aus Wasserkraft. Die Pistenmaschinen, die in der Dunkelheit die Skihänge glätten, fahren mit Adblue-Anteil.
Apropos Schnee: Auch in Zürs werden Pisten künstlich beschneit. Der Kunstschnee oder technische Schnee besteht aus Wasser und Luft. Setzt Tauwetter ein, gelangt das Wasser zurück in den Boden. Das funktioniert besonders gut, weil die Skipisten hier nicht planiert werden.
Hochlandrinder verhindern Verbuschung
Im Sommer grasen auf den Hängen schottische Hochlandrinder. Sie verhindern Verbuschung und minimieren Schneegleitrisiken auf natürliche Weise. Das schmackhafte Fleisch der Tiere kann in der örtlichen Gastronomie probiert werden. Denn auch das gehört zur Nachhaltigkeit in Zürs dazu: der Fokus auf regionale Produkte. Sogar Stör und Safran aus der Region ist erhältlich. Für die Versorgung der vielen Gäste reicht die regionale Produktion nicht, aber was da ist, soll auch genutzt werden.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6NXWOUW5RXILQJNYHS6HW6EPCH.jpg)
Schottische Hochlandrinder grasen im Sommer auf den Skipisten und pflegen sie so auf natürliche Art. Im Winter stehen sie im Freigehege, denn die Tiere mögen es kalt.
© Quelle: Franziska Kästner
Geheizt wird (überwiegend) mit Holzresten
Regionaler Herkunft sind auch 95 Prozent der Holzreste, die in den vier Biomasse-Heizkraftwerken der Gemeinde verfeuert werden. Damit wird fast ganz Lech beheizt. Strom für die Hotels muss aber derzeit noch hinzugekauft werden.
Dass es noch Baustellen und Nachholbedarf gibt, bestreitet auch der Tourismusdirektor nicht.
Doch: „Wir wollen Nachhaltigkeit als Teil unserer Strategie vorhanden wissen“, erklärt Fechner. Im Tourismusleitbild 2030 ist der Aspekt deswegen erstmals auch schriftlich festgehalten worden, ein entsprechender Beauftragter oder eine Beauftragte wird in Kürze benannt.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/66CXOA3IJIIQ4I7XW4TYZBNJ3T.jpg)
Franz-Josef Schmutzer, Geschäftsführer der Heizwerke Lech, kann von seinem Arbeitsplatz aus jedes angeschlossene Gebäude in Lech ansteuern.
© Quelle: Franziska Kästner
Ihre Erfahrungen in Sachen Umweltschutz teilen die Zürser mit neun anderen exklusiven Skiorten, die momentan in der Initiative Best of the Alps (Bota) zusammengeschlossen sind: Chamonix-Mont-Blanc, St. Anton am Arlberg, Crans-Montana, Kitzbühel, Megève, Garmisch-Patenkirchen, Cortina D’Ampezzo, Courmayeur, Davos und eben Lech Zürs am Arlberg. „Bota-Orte haben alle aus natürlichen Gründen schon immer sehr nachhaltig gewirtschaftet“, erklärt Sammy Salm, Geschäftsführer der Vereinigung.
Nun kann sich nicht jeder Skiurlaub in exklusiven Destinationen wie diesen leisten. Das nachhaltige Konzept taugt jedoch durchaus als Orientierungshilfe bei der Entscheidung für oder gegen ein Skigebiet. Denn für umweltschonendes Reisen muss sich niemand schämen, auch nicht Wintersportlerinnen und Wintersportler.
Tipps für deine Reise nach Lech Zürs
Anreise:Über München geht es zum Bahnhof von St. Anton am Arlberg und weiter mit der Buslinie 760 nach Lech Zürs, alternativ über Stuttgart zum Bahnhof in Langen am Arlberg und weiter mit Buslinie 750. Es gibt auch Taxis oder private Shuttleanbieter. Wer mit dem Auto kommt, benötigt eine Vignette und eine entsprechende Winterausrüstung.
Die Reise wurde unterstützt von Best of the Alps. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
Reisereporter