Niederlande

Schiermonnikoog: Was die kleine Insel besonders macht

Schiermonnikoog heißt „Insel der grauen Mönche“, aber grau ist die kleinste der fünf niederländischen Nordseeinseln sicher nicht.

Schiermonnikoog heißt „Insel der grauen Mönche“, aber grau ist die kleinste der fünf niederländischen Nordseeinseln sicher nicht.

Der Strand hat es ihm angetan. Thijs de Boer, sonnengegerbtes Gesicht, grauer Bart, verschmitztes Lächeln, wandert so oft es geht den Strand entlang und sammelt, was das Meer dort so anspült. Weil er all das, was er findet, mit nach Hause bringt.

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Und das war in all den Jahren so viel, dass seine Frau ihm verboten hat, weitere Fundstücke im Haus in Schiermonnikoog zu lagern. Also hat er im Garten an der Rückseite des Hauses allerlei Strandgut aufgeschichtet.

Ein Berg von Helmen, die irgendwo im Sturm über Bord gegangen sind, lagert dort. „2nd Officer“ steht auf einem Helm, „Bilfiger“ auf einem anderen und wieder ein anderer ist mit chinesischen Schriftzeichen versehen. Daneben hängen Bojen und Rettungsringe – lauter Zeugnisse von kleinen oder größeren Tragödien.

Muschelmuseum zeigt die vielen Fundstücke vom Strand

Thijs de Boer sammelt Muscheln und Flaschenpost und stellt auf der Insel Schiermonnikoog alles in seinem kleinen Museum aus.

Thijs de Boer sammelt Muscheln und Flaschenpost und stellt auf der Insel Schiermonnikoog alles in seinem kleinen Museum aus.

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Muscheln hat Thijs auch reichlich gesammelt – für die hat er ein eigenes Museum hinter seinem Haus gebaut. Reste von Krebsen, Skelettteile von Haien und – wie gruselig – auch von Menschen und allerlei andere Kuriositäten aus dem Meer sind hier ausgestellt. Darunter auch eine Sammlung von Briefen. Thijs hat sie alle in gut versiegelten Flaschen gefunden.

50 Flaschenpost-Briefe sind im Museum zu sehen

So um die 50 Flaschenpostbriefe hat er in seinem Ordner gesammelt – darunter erstaunlicherweise gleich vier Briefe von einer einzigen Absenderin. Ein Mädchen hat sie bei verschiedenen Urlaubsreisen auf der Insel Borkum ins Meer geworfen. Selbstverständlich hat er immer geantwortet.

Geöffnet ist sein Meereskuriositätenkabinett, in dem all das zu sehen ist, jeden Abend von 20 bis 22 Uhr. Meist ist er zu den Öffnungszeiten seines kleinen Museums zu Hause und erzählt von seiner Insel. Thijs wurde auf Schiermonnikoog geboren, ist dann zum Geldverdienen aufs Festland gegangen. Als damit Schluss war und als die Kinder eigene Wege gehen konnten, ist er zusammen mit seiner Frau zurück auf die Insel gegangen, weil er ohne sie nicht leben kann.

Seither geht er jeden Tag zum Strand Frühmorgens macht er sich auf den Weg, er wandert dorthin, wo die Touristen meist nicht hinkommen: ganz in den Osten der Insel. Hier gibt es jede Menge Strand und kaum Menschen. Thijs hat ein Strandfahrrad, mit dem er die knapp 20 Kilometer zum Balg, dem Ostteil der Insel, zurücklegt – er fährt auf dem feinen Sand, der ganz fest wird, wenn er mit Meerwasser in Berührung kommt und dann wieder trocknet.

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Mit dem Balgenexpress geht es bequem die 20 Kilometer zum Ostende der Insel Schiermonnikoog: Ein Traktor zeiht den Bus über den Strand.

Mit dem Balgenexpress geht es bequem die 20 Kilometer zum Ostende der Insel Schiermonnikoog: Ein Traktor zeiht den Bus über den Strand.

Die Insel wandert langsam nach Osten

Mitte des 19. Jahrhunderts haben die Insulaner Markierungspfähle in die Dünen gerammt, jeden Kilometer einen. Als Jugendlicher, erzählt Thijs, war im Osten bei Pfahl 16 das Ende der Insel erreicht. Heute kommt er bis Pfahl 20.

Dafür gibt es einen einfachen Grund: Schiermonnikoog wandert langsam nach Osten. Das kann auch zu politischen Verwicklungen führen. Die Insel wächst aus der Provinz Friesland hinaus und in das Gebiet von Groningen hinein. Irgendwann wird sie vielleicht auch mal in Deutschland vorbeikommen.

Inseln verändern sich. Das war schon immer so. Auch das, was die Menschen auf den Inseln so machen, verändert sich. Ganz früher, im 15. Jahrhundert, lebten Mönche auf Schiermonnikoog. Daher hat die Insel ihren Namen: Schier für grau, Monnik für Mönch und Koog für Insel. Insel der grauen Mönche also. Nach den Mönchen kamen die Fischer, die Seefahrer und die Bauern. Und dann die Touristen.

An die Zeiten, als die meisten Männer von Schiermonnikoog auf den Weltmeeren unterwegs waren, erinnert der eindrucksvolle Unterkiefer eines Wals, der im Dorfzentrum steht, an die Bauern erinnert der Duft von Gülle, der gelegentlich über die Insel zieht.

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Begründer des Tourismus auf Schiermonnikoog: Die Bank van Banck errinert an John Eric Banck aus Den Haag, der die Insel im Jahr 1858 kaufte.

Begründer des Tourismus auf Schiermonnikoog: Die Bank van Banck errinert an John Eric Banck aus Den Haag, der die Insel im Jahr 1858 kaufte.

Bauern wollen Inselkäse produzieren

Aber das mit der Gülle wird weniger. Sieben Bauern gibt es auf der Insel, die haben Kühe und viel Weideland. Und sie haben ein Gülleproblem. Jetzt soll der Eintrag von Nitraten ins Grundwasser reduziert werden. Die Bauern haben sich zusammengetan, um die Reduzierung noch weiterzutreiben, als es die gesetzlichen Vorgaben verlangen.

Aber wie sollen die sinkenden Einnahmen ausgeglichen werden? Die Bauern haben sich etwas einfallen lassen: Ende des Jahres wollen sie einen eigenen Inselkäse produzieren und vermarkten. Lüdie van der Bijl, einer von ihnen, sagt: „Vielleicht können wir auch Workshops für Touristen anbieten.“ Das könnte funktionieren, denn die Touristen auf der Insel sind meist besonders an der Natur interessiert.

Schiermonnikoog wird immer nachhaltiger

Der Inselkäse ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zur nachhaltig bewirtschafteten Insel. Die Insel bewegt sich langsam Richtung Nachhaltigkeit. Das soll natürlich auch ein ökologisch interessiertes Publikum anziehen.

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Einige Schritte hat es schon gegeben, weitere sollen folgen. „Schritt für Schritt gibt es kleine Veränderungen Richtung Nachhaltigkeit“, sagt Ineke van Gent, die Bürgermeisterin der Inselgemeinde, zu der knapp 950 Personen gehören.

Bürgermeisterin Ineke van Gent lenkt die Inselgemeinde von Schiermonnikoog sacht Richtung Nachhaltigkeit.

Bürgermeisterin Ineke van Gent lenkt die Inselgemeinde von Schiermonnikoog sacht Richtung Nachhaltigkeit.


Ein wichtiger Schritt wurde vor sechs Jahren unternommen, als man sich von den alten Dieselbussen trennte und sechs neue Elektrobusse (aus chinesischer Produktion) anschaffte. Seitdem kurven die E-Busse zuverlässig zwischen Dorf und Fährhafen, der etwa drei Kilometer entfernt liegt.

Autofrei ist Schiermonnikoog nur für die Touristen, die Einheimischen dürfen mit  fahren, ab und zu sind auch mal Lastwagen unterwegs und beliefern die Restaurants und Hotels. So genau wie auf Juist, wo fast alles mit Pferdefuhrwerken erledigt werden muss, ist man auf Schiermonnikoog nicht.

Die Busse (4 Euro von der Fähre ins Dorf und zurück) sind ein gutes Beispiel dafür, wie man Nachhaltigkeit entwickeln kann, ohne am Komfort zu sparen.

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Seit drei Jahren gibt es auch einen kleinen Bio-Hof auf der Insel. Im Grunde ist es kein richtiger Hof, sondern nur ein Stück Weideland eines anderen Hofes, auf dem jetzt ein kleines Gewächshaus mit einigen Gemüsebeeten drumherum steht.

Das Besondere: Es ist ein Selbstpflückerhof. Wer will, nimmt sich, was er braucht, und zahlt nach Ermessen – jedenfalls so ungefähr. Janneke van der Velde, die Initiatorin des Gartenprojekts, hat eine Preisliste mit Richtwerten angefertigt. Besserverdienende sollten ein bisschen mehr zahlen, wer wenig hat, darf auch wenig zahlen.

Bio-Bäuerin Janneke van der Velde freut sich über Besucher auf ihrem Selbstpflückerhof auf Schiermonnikoog.

Bio-Bäuerin Janneke van der Velde freut sich über Besucher auf ihrem Selbstpflückerhof auf Schiermonnikoog.

Janneke arbeitet immer noch zeitweilig als Psychologin im benachbarten Groningen. „Meinen Klienten sage ich immer: ,Folge deinem Traum‘ – mit dem Garten auf der Insel habe ich meinen eigenen Traum verwirklicht“, sagt sie und lacht. Lothar, der aus Deutschland gekommen ist und jetzt auf der Insel lebt, hilft ihr ab und zu im Garten. Er schaut in den strahlend blauen Himmel und sagt: „Es gibt keine schönere Insel als Schiermonnikoog.“

Insel wurde zum schönsten Ort der Niederlande gewählt

Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein. 2006 hat die Nederlandse Christelijke Radio-Vereniging, die älteste der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaften der Niederlande, die Insel sogar zum schönsten Ort der Niederlande auserkoren. Das finden auch die meisten Urlauber, die hierherkommen. Viele von ihnen schätzen die Ruhe, die Abgeschiedenheit und die Vielfalt der Natur. Von allem bietet Schiermonnikoog reichlich.

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Hier gibt es Moor und Strand, Wiese und Wald, Dünen und Wildnis. Und das Inselleben ist meist sehr entspannt. Thijs, der Strandpirat, sagt, dass er sein Fahrrad nie anschließen würde. Hier wird nichts geklaut. „Wer eine ruhige Stelle als Polizist haben will, sollte auf Schiermonnikoog anfangen“, sagt er.

Der Leuchtturm Noordertoren ist das Wahrzeichen der niederländischen Nordseeinsel Schiermonnikoog.

Der Leuchtturm Noordertoren ist das Wahrzeichen der niederländischen Nordseeinsel Schiermonnikoog.

Etwa 300.000 Besucher kommen jährlich nach Schiermonnikoog

Etwa 300.000 Besucher kommen jedes Jahr, dazu gehören viele Tagesgäste, denn die Fahrt mit der Fähre dauert nur eine gute Stunde und ist tidenunabhängig mehrmals am Tag möglich. Aber trotzdem ist Schiermonnikoog ein Eiland der Ruhe. Wer will, kann hier ganz einsam sein. Das haben auch die Mönche entdeckt. Vier Mönche sind vor drei Jahren auf die Insel zurückgekehrt. Wahrscheinlich schätzen auch sie die Ruhe und Abgeschiedenheit, die die Insel bietet. Die Einsamkeit kann man auch am Strand spüren, der zu den breitesten Badestränden Europas gehört.

Wer sich nur ein wenig vom Dorfstrand entfernt, fühlt sich wie in der Wüste: kein Mensch weit und breit. Und wenn einem auf dem Weg Richtung Ostteil der Insel doch mal jemand begegnet, wird man gleich freundlich begrüßt: „Dag“ sagt der Holländer, oder auch „Hoi“. Man grüßt einander, weil es so ungewöhnlich ist, hier jemanden zu treffen. Und vergnügt winkt man zurück.

Tipps für deine Reise in die Niederlande

Anreise: Die Anreise mit dem Zug (eigentlich empfehlenswert, wenn man im Urlaub auf Nachhaltigkeit achten will) ist nicht ganz einfach. Der Fährhafen Lauwersoog hat keinen Bahnanschluss. Von Groningen aus kann man Lauwersoog mit dem Bus (etwa eine Stunde Fahrtzeit) erreichen. Dann geht es weiter mit der Fähre (45 Minuten Fahrzeit).

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Schneller geht es mit dem Wassertaxi, das man auch bestellen kann, wenn man die Fähre verpasst hat: In einer Viertelstunde ist man auf der Insel. Vom Hafen geht es mit dem Elektrobus (fünf Minuten) ins Dorf. Die Anreise mit dem Auto ist über Groningen möglich. Ein Stellplatz im Parkhaus direkt am Fährhafen kostet 6 Euro pro Tag.

Die Überfahrt mit der Fähre nach Schiermonnikoog dauert eine Dreiviertelstunde.

Die Überfahrt mit der Fähre nach Schiermonnikoog dauert eine Dreiviertelstunde.

Beste Reisezeit: Die Insel ist ein Ganzjahresreiseziel. Besonders lohnt es sich von April bis Oktober. Juli und August lohnen sich wegen der sommerlichen Temperaturen für Strandurlauber. Die Nebensaison eignet sich für Ruhesuchende.

Übernachtung: Klein, aber gemütlich sind die Zimmer im Hotel Om de Noord. Das Hotel wurde 2014 neu eröffnet. Eine Übernachtung im Doppelzimmer ist ab 90 Euro buchbar. Wer will, kann auf der Insel auch zelten. In den Dünen gibt es einen idyllischen Zeltplatz (ab 4 Euro). Wohnwagen und Wohnmobile gibt es hier nicht.

Muschelmuseum | Adresse: Paal 14, Martjeland 14, 9166 LR Schiermonnikoog | Telefon: (00 31) 5 19 53 16 63 | Öffnungszeiten: täglich von 20 bis 22 Uhr |  E-Mail: tw.deboer@knid.nl

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Biohof Nar de Branding | Adresse: Heereweg 2 H, Schiermonnikoog

  

Die Reise wurde unterstützt von Merk Fryslân. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.

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