Walking-Tour durch Leipzigs Innenstadt und ihre Geschichte
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Der Leipziger Augustusplatz, Blick auf das Paulinum.
© Quelle: pixabay.com
Der Ausgangspunkt für diese Walking-Tour durch die drei geschichtsträchtigen Kirchen im Innenstadtring Leipzigs ist der Augustusplatz zwischen Oper und Gewandhaus. Dein Auto findet direkt darunter im Stadtparkhaus einen Platz, mit Trams und Bussen steigst du an der Haltestelle „Augustusplatz“ aus. Kommst du vom Bus- und Hauptbahnhof, führt dich ein etwa zehnminütiger Spaziergang die Goethestraße entlang direkt auf den Platz.
Leipzig: Universitätskirche verbindet Geschichte und Moderne
Wir fangen mit unserer Zeitreise im Heute an. Denn das auffällige, moderne Gebäude mit Glas- und Metallfassade vor dir wurde erst 2017 eröffnet als Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli. Und trotzdem stehst du hier vor einer der ältesten Kirchen in der Leipziger City. Seit ihrer Sprengung zu DDR-Zeiten wurde sie von den Einheimischen nie ganz vergessen – seit 2017 erinnert dieser Neubau an die alte Kirche.
St. Pauli, auch Pauliner genannt, wurde 1240 als Gotteshaus des Dominikanerklosters geweiht. 1543 wurde die evangelische Kirche im Zuge der Säkularisierung an die Universität übereignet und überdauerte hier Leipzigs aufregende Geschichte. Wie sie aussah, siehst du in dem Modell vor der Fassade. Während der Völkerschlacht bei Leipzig (1813) wurde die Pauliner zum Lazarett umfunktioniert. Immer wieder wurde sie umgebaut, 1897 durch Arwed Roßbach im Stil der Neorenaissance umgestaltet.
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Das MDR-Hochhaus und die Fassade der Universität mit Paulinum prägen den Augustusplatz.
© Quelle: pixybay.com
St. Pauli-Kirche übersteht Zweiten Weltkrieg, aber nicht die DDR
Sogar den Zweiten Weltkrieg überstand sie unbeschadet. Aber nicht die DDR. Gemeinsam ließen die Universität und die SED-geführte Stadtverwaltung die Kirche 1968 sprengen – das haben die Leipziger ihrer Stadtführung lange übel genommen. Ganz vergessen haben sie ihre Unikirche nicht – und so wurde im Gedenken an die alte Kirche im Jahr 2017 das Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli geweiht, das in seiner Architektur Elemente der ehemaligen Kirche aufgreift.
Am 18. August 2018 fand dort nach 50 Jahren Pause die erste kirchliche Trauung statt und die Leipziger hatten ihre Pauliner endlich wieder. Wenn du die Möglichkeit hast, wirf mal einen Blick hinein in die helle, hochmoderne Unikirche.
Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli | Adresse: Augustusplatz 10, 04109 Leipzig
Tour durch Leipzig: Drei spannende Skulpturen auf dem Weg
Stehst du wieder am Modell der Kirche, siehst du auf der anderen Seite der Straße eine Art goldenes Ei. So nennt der Volksmund zumindest die Skulptur „Demokratieglocke“, die am 20. Jahrestag der Montagsdemonstration des 9. Oktober 1989 eingeweiht wurde und an die Friedliche Revolution erinnert.
Montags schlägt die Glocke um 18.35 Uhr zwölfmal – zur Gedenken an den Beginn der Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989. An allen anderen Tagen kannst du sie nur zufällig hören, zwischen 8 und 20 Uhr innerhalb jeder vollen Stunde – wann genau, weiß niemand so genau.
Kroch-Hochhaus in Leipzig: Glockenmänner läuten stündlich
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Das Kroch-Hochhaus mit seiner bemerkenswerten Turmuhr.
© Quelle: André Kempner
Apropos die Stunde schlagen: Mit Blick auf das Opernhaus siehst du auf der linken Seite das Kroch-Hochhaus mit seiner riesigen Turmuhr. Ihr Ziffernblatt hat einen Durchmesser von 4,30 Meter. Die goldfarbene beziehungsweise blaue Kugel oberhalb der Uhr zeigt die Mondphase an. Darüber prangt die Inschrift: „Omnia vincit labor“, das Alles überwindet die Arbeit bedeutet.
Das eigentliche Wahrzeichen des Uhrenturms ist aber das Schlagwerk auf dem Dach: Hier schlagen zwei 3,30 Meter große Glockenmänner die volle Stunde – ein interessantes Schauspiel, wenn du pünktlich bist.
Fünf Bronzefiguren von Bernd Göbel – erkennst du, wer dort wer ist?
Dein Weg führt dich aber nun in die breite Fußgängerzone zwischen Paulinum und Kroch-Hochhaus. Direkt am Eingang zur Grimmaischen Straße versperren dir erstmal fünf Nackte auf einem T-Balken eben diesen Weg. Das sind „Die Unzeitgemäßen Zeitgenossen“, die seit 1990 hier stehen.
Die Bronzeplastik von Bernd Göbel zeigt fünf Figuren auf einem Balken – eine Pädagogikerin, einen Diagnostiker, eine Rationalisatikerin, ein Stadtgestaltiker und ein Kunsttheoretiker – und jeder hält an seinen goldenen Prinzipien fest. Kannst du an eben jenen vergoldeten Details der Skulptur zuordnen, wer dort wer sein könnte?
Wiege der Revolution: Die Nikolaikirche
In der Grimmaischen Straße biegst du in die erste Straße nach rechts ab, die Ritterstraße. Nach wenigen Metern ragt vor dir im Nikolaikirchhof eine weiße Säule mit dem grünen Palmensockel auf – dort, wo im Jahr 1989 die Demonstrationen und mit ihnen die Friedliche Revolution ihren Ausgangspunkt nahmen. Diese Säule siehst du gleich im Inneren der Kirche wieder.
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Im Nikolaikirchhof erinnert die Säule an den Ursprung der Friedlichen Revolution.
© Quelle: Kempner
Einmal um die Kirche herumgelaufen, begrüßt dich das Schild „Nikolaikirche offen für alle“ – tritt also gern ein. Im Eingangsbereich findest du eine Ausstellung über die Kirche, in der die Friedliche Revolution ihren Anfang nahm. Wenn du das helle und freundliche Hauptschiff betrittst, erkennst du die Säule von draußen wieder. Hier war das also, wo sich 1989 Hunderte Menschen drängten, diskutierten und nach den traditionellen Friedensgebeten demonstrierten. In diesem Raum begann die Revolution in der DDR, an deren Ende die Wiedervereinigung Deutschlands stand.
Nimm gern einen Moment auf einer Kirchbank Platz und atme diese besondere Atmosphäre ein. Dabei kannst du nachlesen, wie sich Gemeindemitglied Frank Pörner 30 Jahre später an den Herbst `89, die Friedensgebete und Montagsdemonstrationen zwischen Angst und Aufbruch erinnert.
Nikolaikirche | Adresse: Nikolaikirchhof 3, 04109 Leipzig | Öffnungszeiten: Montag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr, Sonntag von 10 bis 16 Uhr; (zu Gottesdiensten, Andachten, Konzerten und anderen Veranstaltungen sind Besichtigungen nicht möglich)
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Hell und freundlich begrüßt dich die Nikolaikirche im Inneren.
© Quelle: pixybay.com
Bekannte Sehenswürdigkeiten auf dem Weg durch Leipzig
Wieder vor der Tür, trittst du geradeaus ein in die Passage „Specks Hof“. Leipzig ist bekannt für seine zahlreichen Passagen, und das hier ist eine besonders hübsche. Schau nach oben und lass dich beeindrucken von den Wandmalereien. In der Mitte der Passage nimmst du den Weg zu deiner Linken. Hier kannst du versuchen, die Kunstuhr (eine mit Wasser gefüllte metallene Schale) zum Klingen zu bringen. Der Ausgang führt dich zurück auf die Grimmaische Straße, der du Richtung Markt nach rechts folgst.
Auerbachs Keller in Leipzig: Skulpuren thematisieren Goethes „Faust“
Auf der linken Seite taucht kurz vor dem Markt die Mädlerpassage auf. Mach einen kleinen Abstecher und sieh dir neben Designergeschäften und Gourmet-Cafés auch Auerbachs Keller an – ein Wirtshaus, das Goethe mit der reichlich ausufernden Studentenszene im Faust unsterblich gemacht hat.
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Skulpturen von Figuren aus Goethes „Faust“ weisen den Eingang zu Auerbachs Keller.
© Quelle: Andre Kempner
Altes Rathaus in Leipzig bietet ein perfektes Fotomotiv
Wenige Schritte weiter auf deinem Kurs erreichst du den Mittelpunkt der Stadt, den Markt (nicht Marktplatz!) mit dem Alten Rathaus, das bis 1905 die Stadtverwaltung beherbergte. Wenn du dich direkt davor stellst, hast du ein perfektes Fotomotiv – denn die bemerkenswerte Front des Alten Rathauses ist annähernd im Goldenen Schnitt aufgebaut.
Große Musik und Tradition in der Thomaskirche in Leipzig
Vom Markt aus, wenn du dem Alten Rathaus den Rücken zuwendest, kannst du den Kirchturm schon sehen: Weiter geht es zur Thomaskirche. Normalerweise pilgert man aus religiösen oder spirituellen Gründen zu berühmten Kirchen, hier ist das anders. Die Thomaskirche als Wirkungsstätte des Komponisten Johann Sebastians Bach und des Thomanerchores zieht vor allem Musikfreunde aus aller Welt nach Leipzig.
Die Kirche wurde im Laufe der Jahrhunderte seit 1212 immer wieder umgebaut – und den historischen Stilmix sieht man ihr an. Zu Pfingsten 1539 predigte hier der Reformator Martin Luther. Im zweiten Weltkrieg, beim Luftangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943, wurde das Bauwerk in Teilen zerstört. Die Thomaner sangen hier aber weiter. Bis heute.
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Letzter Stop auf der Walking-Tour: die Thomaskirche.
© Quelle: André Kempner
Thomanerchor wurde einst von Johann Sebastian Bach geleitet
Der Thomanerchor wurde bereits 1212 gegründet und ist damit einer der ältesten Knabenchöre Deutschlands. Das Amt des Thomaskantors war und ist für jeden Musiker eine Ehre – der wohl berühmteste war Johann Sebastian Bach, der hier von 1723 bis zu seinem Tod 1750 den Knabenchor leitete.
Seit dem Bachjahr 1950 liegen seine Gebeine im Bach-Grab, das du – natürlich – im Chorraum der Thomaskirche findest. Der Thomanerchor singt regelmäßig in Motetten und Gottesdiensten, wann genau erfährst du auf der Website. Seit 1908 wird jährlich das Bachfest Leipzig gefeiert mit international besetzten Konzertveranstaltungen – allein dafür lohnt sich eine Reise schon.
Thomaskirche | Adresse: Thomaskirchhof 18, 04109 Leipzig | Öffnungszeiten: täglich von 11 bis 16 Uhr (kurzfristige Änderungen aufgrund von Proben oder Dreharbeiten möglich)
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Der Thomanerchor singt in der Thomaskirche.
© Quelle: Christian Modla
Thomaskirche ist Ausgangspunkt für viele Sehenswürdigkeiten und zur Kneipenmeile
Von der Kirche aus hast du viele Möglichkeiten, Leipzig weiter zu entdecken. Noch mehr Musik gibt es direkt gegenüber im interaktiven Bach-Museum. Gehst du deinen Weg wieder ein Stück zurück, kannst du im Zeitgeschichtlichen Forum mehr über die DDR und die Friedliche Revolution erfahren. Und wenn du nach deiner Walking-Tour einfach nur ausruhen und gut essen möchtest, hast du es nicht weit zu Leipzigs Kneipenmeilen in der Gottschedstraße und im Barfußgässchen.
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