Hamburg: Die eigene Stadt als Tourist erleben – geht das?
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Palmen sind überbewertet: Hamburger Sommer am Elbstrand.
© Quelle: Christina Mänz
Manchmal braucht es nur ein paar auswärtige Freunde und tiefe Seufzer: „Aaach, du weißt ja gar nicht, wie schön du es in Hamburg hast.“ Nein, weiß man zum Beispiel während der elenden Parkplatzsuche um kurz vor 18 Uhr nicht.
Manchmal übersieht man zwischen Alltag und Fernweh aber eben einfach nur das Leben vor der eigenen Haustür. Scha(n)de!
Wie verklärt schnuppern wir an getrockneten Lavendel-Büscheln auf Wochenmärkten in Südfrankreich. Wie von Sinnen begeistern uns üppige Blumenstände in Trendvierteln der Metropolen. Und natürlich fotografieren wir akkurat abgezirkelte Erdbeertörtchen in den Cafés dieser Welt. Aber daheim?
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Paris Saint-Germain? Nö! Paul-Roosen-Straße auf St. Pauli.
© Quelle: Christina Mänz
Aktuelle Deals
Es bedarf doch nur eines Perspektivwechsels, um die eigene Stadt mit neuen Augen zu sehen. Und eines aktuellen Reiseführers aus dem Ausland. Zum Beispiel den neuen Hamburg-Guide des britischen Medienhauses Moncole. Eine Aufforderung zum Perspektivwechsel.
Die Mission: Fremdsein in der Heimat. Die Fragen: Sind die Tipps wirklich eine Empfehlung wert? Wie sehen Fremde meine Stadt? Und warum sind plötzlich so viele ausländische Touristen in dieser kleinen Bar auf St. Pauli?
Einen Tag lang klapperte ich einige der Adressen von Läden, Restaurants und Bars ab, die ich noch nicht kannte, entdeckte ich Altvertrautes neu und schaute einfach anders auf Liebgewordenes und Abgelehntes.
Ich verliebte mich neu in meine alte Hansestadt. (Ähnlich muss es verheirateten Paaren gehen, die zum zehnten Hochzeitstag unter anderen Namen getrennt im selben Hotel einchecken und an der Bar ganz verballert tun. Ihr wisst schon…)
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Blumenladen in der Wexstraße (Neustadt).
© Quelle: Christina Mänz
Ich fotografierte sogar Erdbeertörtchen in der Erste-Liebe-Bar (weil sie so akkurat abgezirkelt waren) – und auch den Blumenstand in der Wexstraße, an dem ich sonst eher ignorant vorbeischlurfe. Ich stellte mir obendrein vor, wie es wohl sein müsste, in einem der Häuser mit der Gründerzeitfassade zu wohnen. Es war wie Kurzurlaub!
Aber: Was taugt nun dieser Travel-Guide in englischer Sprache? Kurz gesagt: Ziemlich viel.
Weil Design, Hochwertiges und Individuelles praktisch Bestandteile der Monocle-DNA sind, wird das konservative Hamburg von seiner modernen, kosmopolitischen Seite gezeigt.
Selbst eher verschrammelte Läden wirken in der Style-Fibel wie Sternelokale in Kopenhagen, kleine Herrenausstatter in Altona wie Trend-Tempel in Ost-London, und sogar der traditionelle Fischmarkt erscheint wie die Neuerfindung aus einem Ideen-Lab. Donnerwetter! Hier also ein paar der durchgewinkten Stichproben:
Mein Fazit zum Monocle Guide:
- Mehr als nur die x-te Hafenrundfahrt- und Musical-Empfehlung: Die meisten Tipps sind ungewöhnlich gut und sehr passend ausgesucht für einen gedruckten Reiseführer. Bis auf wenige Ausnahmen nicht der übliche Einheitsbrei. Zum Teil echte Insider-Tipps. Dieser Hamburg-Reiseführer lohnt sich selbst für Hamburger.
- Gute Mischung aus Traditionellem und Neuem.
- Interessante Vorschläge für Museen und Galerien. Treffsichere Auswahl beim Thema Konzerte/Clubs/Kinos. Gutes Auge bei Design und Architektur.
- Viele liebenswerte und überraschende Tipps für Geschäfte und Restaurants.
- Übernachten: Neben den Traditionshäusern haben es vor allem neue Luxus- und Designhäuser ins Buch geschafft. Sehr gut und teuer.
- Hamburg hört praktisch in Altona auf: Das Buch begrenzt sich auf einige Viertel.
- Die Beschreibungen sind treffend und gut beobachtet, die Angaben verlässlich.
- Zielgruppe: Für Leute, die schon viel, aber noch nicht alles gesehen haben, up to date, aber nicht hip sein wollen und für Qualität auch gern Geld ausgeben.
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Wie sehen die Briten eigentlich Hamburg?
© Quelle: Christina Mänz
Mein Fazit zu Hamburg:
Würde ich nicht hier leben – Hamburg stünde definitive auf meiner Liste für einen Wochenendtrip!
Reisereporter