Knasthotels in Deutschland: Übernachten hinter Gittern
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Im oberpfälzischen Amberg heißt im einstigen Gefängnis heute das Hotel Fronfeste Besucherinnen und Besucher willkommen.
© Quelle: Gerald Stelzer/Hotel Fronfeste
Logieren statt absitzen: In so manche ehemalige Haftanstalt in Deutschland sind mittlerweile Lebenslust und Luxus eingezogen. Hier werden Reisende gern zu Wiederholungstäterinnen und ‑tätern.
Offenburg: Mehr als Wasser und Brot
Die dicken Mauern, die Zellentüren sowie die Gitter vor einzelnen Fenstern erinnern noch daran, dass der Aufenthalt in dem rund 200 Jahre alten Backsteingebäude einst mit Erholung so rein gar nichts zu tun hatte. Von 1845 bis 2009 wurden im Offenburger Gefängnis vor allem Widerstandskämpfer und politisch Verfolgte eingesperrt. Heute empfängt in den historischen Mauern das zuvorkommende Servicepersonal des Hotels Liberty Gästinnen und Gäste.
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Aus dem ehemaligen Gefängnis in Offenburg ist das Hotel Liberty geworden.
© Quelle: Hotel Liberty
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Dank hochwertiger Ausstattung und einem modernen Glaskubus wurde aus der bedrückenden Haftatmosphäre ein Rückzugsort für Genießerinnen und Genießer. Das Luxushaus verfügt über 38 Zimmer und Suiten, in denen sich die „Insassinnen“ und „Insassen“ vor allem wohlfühlen sollen. Im Restaurant sorgt das Küchenteam dafür, dass nicht nur Wasser und Brot, sondern regionale und saisonale Spezialitäten direkt vom Grill auf den Tisch kommen.
Hotel Liberty, Grabenallee 8, 77652 Offenburg, Preis pro Zimmer ab 180 Euro
Amberg: 267 Jahre Strafvollzugsgeschichte
„Herzlich willkommen zur Rast im Knast“, so wird man auf der Website des Hotels Fronfeste begrüßt. Das einstige Gefängnis im oberpfälzischen Amberg, das malerisch in die alte Stadtmauer integriert ist, quartiert heute seine Gästinnen und Gäste in verschiedene Themenzimmer ein. Wer mag, kann hier in der früheren Kapelle, im ehemaligen Wächterraum oder im Arztzimmer 267 Jahren Strafvollzugsgeschichte nachspüren – natürlich mit eigener Schlüsselgewalt.
Ein Blick in eine Dunkelzelle, die man relativ originalgetreu erhalten hat, verrät einiges über die Haftbedingungen: kein Licht, kein Fenster, alle drei Tage nur Wasser und Brot.
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Schick: Die Einzelzellen des Hotels Fronfeste sind mit einem gläsernen Bad ausgestattet.
© Quelle: Hannelore Zapf/Hotel Fronfeste
Die anderen Zellen, die immer noch mit schweren Holztüren ausgestattet sind, werden gern gebucht – auch, wenn es nicht viel Beinfreiheit gibt. Eine Einzelzelle zum Beispiel ist zehn Quadratmeter groß, schick eingerichtet und mit einem gläsernen Bad versehen. Es gibt allerdings auch größere Zimmer mit richtigen Fenstern.
Hotel Fronfeste, Fronfestgasse 8, 92224 Amberg, Zelle ab 73 Euro
Berlin: Prämierter Umbau
Vor manchen Fenstern sind noch Eisenstäbe, und auch die Flure erinnern noch an die Knastzeit. Ansonsten hat das ehemalige Frauengefängnis und Gerichtsgebäude in Berlin-Charlottenburg eine Radikalkur bekommen: Die spartanischen Zellen wurden in 44 stylishe Zimmer und Suiten verwandelt, die Höfe zu lauschigen Gärten umgestaltet. Statt Disziplin heißt es nun relaxen im Hotel Wilmina.
Hier übernachten übrigens nicht nur Städtereisende aus aller Welt, auch wer sich für Architektur interessiert, checkt hier gern ein. Schließlich hat das Hotel für seine gelungene Transformation 2021 den Preis des Bundes Deutscher Architekten erhalten.
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Das Hotel Wilmina im ehemaligen Frauengefängnis in Berlin-Charlottenburg wurde vom Bund Deutscher Architekten ausgezeichnet.
© Quelle: Mo Wüstenhagen/visit Berlin
Nicht zuletzt ist das denkmalgeschützte Ensemble aus der wilhelminischen Zeit beim heimischen Publikum ein beliebter Treffpunkt: Denn im dazugehörigen Restaurant Lovis verwöhnt die Berliner Köchin Sophia Rudolph die Gästinnen und Gäste mit zeitgemäßer deutscher Küche.
Hotel Wilmina, Kantstraße 79, 10627 Berlin, Preis pro Zimmer ab 180 Euro
Petershagen: Frühstück in Zur freien Zelle
Wie wär’s mit einer stilechten Freizeitberaubung in Petershagen im äußersten Nordosten Nordrhein-Westfalens? Der alte Knast im Alten Amtsgericht sorgt für jede Menge Bunkergefühl. Das Gebäude ist mehr als 100 Jahre alt und hat schon zahlreiche aufsässige und kriminelle Häftlinge beherbergt. 1978 wurde das Gefängnis geschlossen, diente dann lange Zeit als Lagerplatz für Grundbücher.
Jetzt stehen die Türen in dem traditionsreichen Haus Besucherinnen und Besuchern offen – sie können sich sogar Sträflingsmontur ausleihen (6 Euro). Da kommt echtes Bunkergefühl auf. Die Unterbringung ist eher schlicht: Es gibt vier Zweierzellen sowie eine Sechserzelle. Auch die Einrichtung erinnert noch stark an alte Zeiten: unbehandelte Betonböden, dicke Türen, Etagenbetten und quietschende Metallschränke. Fernseher und Mobilfunknetz? Fehlanzeige!
Dafür kann, wer möchte, im Gefängnishof eine Knastprüfung abgelegen. Dazu müssen folgende Disziplinen bewältigt werden: Freigang, Essensausgabe, Wasser und Brot, Ausbruch und Flucht. Frühstück gibt’s für die „Insassinnen“ und „Insassen“ nebenan im Kittchen Zur freien Zelle.
Altes Amtsgericht Petershagen, Mindener Straße 16, 23469 Petershagen, Zweierzelle 69,80 Euro, Sechserzelle 209,40 Euro pro Nacht
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Wer will, kann sich im Knast im Alten Amtsgericht von Petershagen für seinen Aufenthalt sogar Gefängniskleidung ausleihen.
© Quelle: Kulturzentrum Altes Amtsgericht
Kaiserslautern: Gefangenenbus auf dem Hof
Die Gitter vor den Fenstern sind sicher nichts für Gästinnen und Gäste, die unter Klaustrophobie leiden – aber in der Regel gefällt es allen in Kaiserslauterns Alcatraz so gut, dass sie gar nicht ausbrechen möchten. Auch dieses Gebäude hat eine wechselvolle Geschichte: Bevor es 2008 zum Hotel umgebaut wurde, war es eine Justizvollzugsanstalt.
Heute gibt es 57 Zimmer in der Herberge, dazu gehören 36 Zellen mit schweren Eisentüren, Gittern vor den Fenstern und Waschbecken und Toilette im Zelleneck – ohne Abtrennung. Ein Zugeständnis an die touristische Nutzung sind die elektronischen Türschlösser. Und die Klappen an den Zellentüren, die früher von außen geöffnet werden konnten: Sie sind mittlerweile von innen verschließbar. Es geht aber auch gemütlicher: 20 Räume sind als Komfortzimmer oder als Suite eingerichtet.
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Das Hotel Alcatraz in Kaiserslautern war noch bis 2008 eine Justizvollzugsanstalt.
© Quelle: Alcatraz Hotel
Wer wissen möchte, wie einst die Häftlinge transportiert wurden, kann gedanklich mal im Gefangenenbus auf Transport gehen. Das grün-weiße Original, das auf dem Hof steht, ist ein beliebtes Fotomotiv. Das Innere ist in einzelne vergitterte Abteile unterteilt, statt Doppelsitzbänken gibt es nur Einzelplätze. Tageslicht dringt nur durch einen schmalen Schlitz herein.
Hotel Alcatraz, Morlauterer Straße 1, 67657 Kaiserslautern, Einzellzelle ab 49 Euro, Doppelzelle ab 69 Euro
Reisereporter