Lost Place bei Berlin: Wünsdorf, die „verbotene Stadt“
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Bäume schlagen Wurzeln, der Putz bröckelt von den Fassaden: Die leer stehenden Häuser in der früheren Militärstadt Wünsdorf könnten die Kulisse einer Mystery-Serie sein.
© Quelle: imago images/Jürgen Ritter
Bei der „verbotenen Stadt“ denken viele an Pekings Kaiserpalast. Doch statt nach China führt dieser Lost Place ins Berliner Umland. Der Kontrast könnte kaum stärker sein – nur 40 Kilometer von der lebendigen Hauptstadt entfernt, steht in einem Ortsteil der brandenburgischen Stadt Zossen die Zeit still.
Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen im Jahr 1994 wurden die Gebäude des damaligen Militärstandorts Wünsdorf der Natur überlassen. Verwildert, verwittert und verlassen: ein Paradies für Lost-Places-Jäger.
Wie Wünsdorf bei Berlin zu einem Lost Place wurde
Wer sich mit dem Auto auf den idyllischen Landstraßen in Richtung Wünsdorf aufmacht, wird vor Ort auf Zeitreise in das vergangene Jahrhundert geschickt. Die Geschichte erzählt von Krieg, Leid, dem geteilten Deutschland, aber auch von glorreicheren Tagen – mit Gänsehaut-Garantie.
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Prägnant sind die alten Kasernenanlagen, die dem preußischen Militär als Übungsplatz dienten. Zwischenzeitlich wurden die Gebäude zu einem Lazarett umfunktioniert. Zehntausende Kriegsgefangene wurden hier im Ersten Weltkrieg festgehalten, sogar die Leiche von Rosa Luxemburg wurde 1919 hier obduziert. Die Vertreterin des Marxismus wurde ermordet.
Nur die prunkvolle Architektur und das alte Schwimmbad erinnern an andere Zeiten: Einst trainierten Athleten hier für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin. Zu der Zeit hatte die NSDAP schon längst die Macht ergriffen und Wünsdorf zum Hauptquartier für das Oberkommando des Deutschen Heeres erklärt.
„Verbotene Stadt“: Jahrzehntelang durften Deutsche das Areal nicht betreten
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges marschierten sowjetische Truppen in Wünsdorf ein und nutzten die Anlage als Armeestützpunkt. Für DDR-Bürger war das Gebiet tabu, insofern sie keinen Arbeitsplatz vor Ort hatten. Daher rührt wohl auch der inoffizielle Titel der „verbotenen Stadt Deutschlands“. Teilweise lebten bis zu 75.000 Sowjets in Wünsdorf, der Zossener Stadtteil wurde auch „Klein Moskau“ genannt.
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands endete jedoch auch dieses Kapitel: 1994 zogen die Truppen ab. Einige Kunst- und Kulturprojekte wurden angesiedelt, Häuser zu Mietwohnungen umgebaut, Schulen und Kindergärten sollen neues Leben einhauchen. Inzwischen wohnen etwa 6.200 Menschen hier.
Mehrere Veranstalter bieten geführte Foto-Tourenüber das historische Areal an – auch 25 Jahre später scheinen viele Ecken noch immer im Dornröschenschlaf zu liegen.
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