Mal anders reisen in Asien: Auf dem Rad durch Vietnam
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Dank Pedelec lässt es sich auch in tropischer Hitze gut durch vietnamesische Dörfer radeln.
© Quelle: Dennis Schmelz/Belvelo
Bei unserem Anflug liegt Dunst über Hanoi, der einstigen Hauptstadt Nordvietnams. Die ersten Atemzüge beim Verlassen des Flugzeugs verraten: Es dürfte heiß und feucht werden. Kein Wunder – wir sind in einer tropischen Region.
Was sich da auf den Straßen abspielt, verunsichert uns allerdings ziemlich. Schließlich wollen wir das Land auf dem Rad erkunden. Das überleben wir nie und nimmer. Kein Mensch fährt Rad, aber alle Mopeds. Allein, zu zweit, manchmal auch zu viert. Zum Einkaufen, zum Familienbesuch (dann sind auch Hund und Baby auf der Sitzbank) oder zum Möbel-, Tier- oder Warentransport. Die mehr oder minder gut ausgebauten Straßen scheinen allein den Heerscharen von Mopedfahrern zu gehören, die sich wie eine zähflüssige, aber ständig in Bewegung bleibende Masse Tag und Nacht durch die Gegend wälzen.
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Auf ein Moped scheint in Vietnam oft mehr zu passen als in einen europäischen Kleinlaster.
© Quelle: Matthias Wiemer
Routen sind fahrbar und sicher
Natürlich stürzen wir uns nicht in diesen alltäglichen Moloch mit unseren modernen Pedelecs. Unser Reiseveranstalter hat interessante, fahrbare und weitgehend sichere Routen für unsere Gruppe ausgesucht. Spaß, Erlebniswert, aber auch eine gewisse Mindestanstrengung sind garantiert. Das Entscheidende aber: Als Radwanderer ist man, kaum abgestiegen, sofort mitten unter den Einheimischen. Man kann jederzeit anhalten, schauen, eines der vielen Straßenküchenangebote probieren – oder einfach den Moment genießen.
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Improvisation ist hier vielerorts alles, wie dieser Mopedfahrer mit seiner mobilen Garküche zeigt.
© Quelle: Dennis Schmelz/Belvelo
Die Vietnamesen machen es einem einfach. Erstaunlich fast, wie ein so geschundenes, von Fremdherrschaft geknechtetes Volk in einem in Wahrheit immer noch geteilten Land so unkompliziert sein kann. Dass viele Vietnamesen Englisch, manche Französisch, einige sogar aus DDR-Zeiten noch Deutsch sprechen, erleichtert den Kontakt zu ihnen. Sie lassen sich zuschauen, laden Passanten spontan in ihr (nicht selten ohnehin irgendwie offenes) Zuhause ein, posieren für Fotos.
Da Vietnam als schmales, lang gestrecktes Land mit mehr als 1.600 Kilometern Distanz von Norden bis Süden für eine ein- oder zweiwöchige Radreise viel zu groß ist, sind spezielle attraktive Etappen ausgewählt worden: In unserem Fall Hue, Hoi An, Ho-Chi-Minh-Stadt und Can Tho im Mekongdelta.
Überquerung des Wolkenpasses ist eine Herausforderung
Während die meisten Radwanderstrecken durch Naturlandschaft, alte Reisfelder, Palmenplantagen oder dörfliche Siedlungsgebiete auf weitgehend ebener Strecke führen, gibt es auch eine besonders sportliche Herausforderung – auch mit elektrisch unterstützten Fahrrädern: die Überquerung des fast 500 Meter hohen Wolkenpasses zwischen der alten Kaiserstadt Hue und dem Badeparadies Hoi An. Wohl dem, der einen Ersatzakku bei sich hat, denn bei 11 Prozent Anstieg saugt der Hilfsmotor die Batterie schneller leer als kalkuliert. Aber der Servicelastwagen ist stets in Bereitschaft und die Mitarbeiter schaffen schnell Abhilfe.
Die Erfahrbarkeit eines Landes ist auch auf dem Fahrradsattel begrenzt, daher sind Programmpunkte anderer Art eine willkommene Abwechslung. Und das verlängerte Rückgrat verlangt auch mal Erholung. Ho-Chi-Minh-Stadt sollte man auch bei größter Abenteuerlust lieber nicht per Rad erkunden.
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Ho-Chi-Minh-Stadt ist die größte Metropole des Landes und das wirtschaftliche Zentrum von Vietnam.
© Quelle: Dennis Schmelz/Belvelo
Viel besser geht es als Sozius auf einer Vintagevespa. Clubs bieten tolle Touren an, etwa einen Abend durch die Garküchenszene der Zehn-Millionen-Stadt. Vier Stunden lang ist man mittendrin in diesem Bienenschwarm aus rund sieben Millionen Mopeds, im Pulk vor den Kreuzungen wahrhaft auf Tuchfühlung mit den Vietnamesen. Ein unvergleichliches Erlebnis, nicht zuletzt auch wegen der feinen Delikatessen, die am Straßenrand auf wackeligen Grillrosts zubereitet und für ein paar Euro offeriert werden.
Unser Guide Ken Nguyen (40), der in Deutschland Lebensmittelchemie studierte und jetzt in seiner Heimat mangels Beschäftigungsmöglichkeit als Touristenführer arbeitet, versorgt uns locker und gut gelaunt mit praktischen Informationen, aber auch erstaunlich freimütig mit viel Hintergrundwissen. Etwa dass das so quirlig und teils recht fortschrittlich wirkende Land tatsächlich noch tief gespalten ist.
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Ken Nguyen arbeitet als Touristenführer.
© Quelle: Matthias Wiemer
Das milde Lächeln des 1969 gestorbenen kommunistischen Führers Ho Chi Minh, des Siegers über die USA, auf Gemälden in öffentlichen Gebäuden und als Statue auf vielen Plätzen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Vietnamesen unzufrieden mit der sozialistischen Staatsführung sind. Die „Viêt Nam News“ erinnert an eine „Neues Deutschland“-Ausgabe von 1982. Heroische Staatspropaganda ziert Hauswände und wirkt im Umfeld blinkender Werbelichtwände anachronistisch.
Landflucht unter Vietnamesen ist groß
Gute Arbeitsmöglichkeiten sind gering, die Einkommen niedrig, die Landflucht ist so groß wie die Angst vor dem Parteispitzeltum. Um auszuwandern, opfern manche alles, riskieren sogar ihr Leben. Die dramatische Geschichte viele Jahrhunderte langer Fremdherrschaft durch China und zuletzt Frankreich sowie ein Jahrzehnte währender Krieg wirken lange nach.
Südvietnamesen, die einst auf der falschen Seite waren, dürfen über drei Generationen keine Staatsämter ausüben, werden nicht in die kommunistische Partei aufgenommen. Und ohne Parteimitgliedschaft gibt es keine staatliche Rente, geht überhaupt nicht viel. Aber die allermeisten versuchen dennoch unbeirrt, irgendwie über die Runden zu kommen.
Menschen bekommen mehr Freiheiten
Relativ geräuschlos gab die sozialistische Führung mehr und mehr Freiheiten, zog sich der Staat zurück, zeigt immer weniger Berührungsangst mit kapitalistischen Prinzipien. Familienunternehmen sind steuerbefreit. Inoffizielles Motto: Nutze das Bisschen Chancen, nutze sie. „Das Kunststück ist, selbst zu erkennen, wo die Grenzen liegen, sonst werden sie einem aufgezeigt“, sagt unser Guide.
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Bei den schwimmenden Märkten auf dem Mekong bei Can Tho gibt es nahezu alles zu kaufen.
© Quelle: Dennis Schmelz/Belvelo
Abends füllen sich die Straßenecken und Gehsteige mit Frauen, Männern und Kindern, die irgendetwas verkaufen, kochen, Dienstleistungen anbieten. Gebettelt wird wenig, aber viel gelächelt. Kein Unmut, keine schlechte Laune – fernöstliche Gelassenheit.
Fahrradreise ist empfehlenswert
Vietnam per Fahrrad zu erkunden ist eine exotisch anmutende Idee, die aber gut funktioniert. Eine lohnende Reise, für die keine sportliche Kondition nötig ist. Aber ein gesunder Appetit. Denn die Tagesradtouren zwischen 20 und 50 Kilometer machen trotz der feuchten 30 Grad Celsius hungrig. Und die vietnamesische Küche ist allein schon eine Reise wert.
Tipps für deine Reise nach Vietnam
Aktuelle Situation: Das Auswärtige Amt rät aktuell von nicht notwendigen, touristischen Reisen nach Vietnam ab. Für ausländische Reisende gilt ohnehin derzeit eine Einreisesperre. Die Erteilung von Visa ist vorübergehend eingestellt.
Anreise: Direktflüge von Frankfurt am Main nach Hanoi bietet zum Beispiel Vietnam Airlines an. Die Flugzeit beträgt etwa elf Stunden. Weitere Verbindungen gibt es meistens mit Zwischenstopp.
Beste Reisezeit: Im Norden herrscht eher kontinentales, im Süden tropisches Klima. Frühjahr/Herbst sind die besten Reisezeiten fürs Radfahren, wobei man vor allem im Süden immer mit Regenschauern rechnen muss.
Reiseveranstalter: Belvelo aus Berlin ist Spezialveranstalter für geführte E-Bike-Reisen in kleinen Gruppen von sechs bis zwölf Personen und bietet Touren auf allen Kontinenten an. 15 Tage sind ab 2.990 Euro ohne Flüge buchbar. Hotelübernachtungen in Luxusressorts, Hotels und Lodges, zahlreiche Mahlzeiten und Besichtigungen, eine deutschsprachige Reiseleitung sowie die Nutzung eines hochwertigen Marken-E-Bikes sind im Preis eingeschlossen.
Attraktionen: Zu den Höhepunkten gehören die geführte Abendtour durch die Streetfoodszene von Ho-Chi-Minh-Stadt auf Vintage-Vespas, ein Schiffsausflug zu den schwimmenden Märkten im Mekongdelta, der Besuch der Verbotenen Stadt (einstiger Herrschaftssitz) in der Kaiserstadt Hue und eine Rikschatour durch Hue.
Die Reise wurde unterstützt von Belvelo und Vietnam Airlines. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
Reisereporter