Kamikaze-Selbstversuch: Rollerfahren in Thailand
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reisereporterin Christin mit ihrem Roller in Thailand.
© Quelle: Christin Köppen
200 Baht, etwa fünf Euro, legen wir unserem Hotelbesitzer auf den Tresen und meinen Reisepass als Pfand. Meinen Führerschein? Den will keiner sehen. Er drückt uns die Schlüssel für zwei Motorroller in die Hand und will von dannen ziehen. Etwas panisch bitten wir um eine Einweisung. Jetzt wird er skeptisch: „Ihr seid noch nie gefahren?“ Das sei gefährlich hier auf der Straße, meint er.
Dabei haben meine beiden Freundinnen und ich für unser erstes Scooter-Abenteuer doch extra bis Ko Lanta gewartet, die entspannte Insel in der Andamanensee, westlich vom thailändischen Festland. Hier, wo es nur ein paar Straßen gibt, nicht mal eine Ampel und kein Verkehrschaos wie in Bangkok oder Chiang Mai.
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Nichts am Roller vergessen, denn im Nationalpark finden auch die Affen dran gefallen.
© Quelle: Christin Köppen
Der große Urlaubstraum: einmal Roller fahren
Schließlich fordert unser Hotelier einen deutschen Vater, der mit seinem Motorroller und den Kids neben uns steht, zur Einweisung auf. Und wir kriegen die Kurzfassung: Immer beide Handbremsen benutzen, Benzin kann man unterwegs in der Flasche kaufen, auf Schlaglöcher aufpassen und sich nicht hetzen lassen, die Einheimischen überholen einen sowieso.
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Und wie startet das Ding jetzt? Ständer hoch, Schlüssel umgedreht, Startknopf gedrückt und dann tut sich... nichts. Handgriff nach vorne drehen? Nichts. Nach hinten? Huch – plötzlich hopsen wir los.
Zur Sicherheit drehen wir ein paar Proberunden vor unseren Bungalows. Ich frage den Hotelier, ab welchem Alter man hier eigentlich den Scooter-Führerschein machen könne. Ab 16? Er nickt und winkt dann grinsend ab. In Thailand fährt man einfach. Und wie! Eltern mit zwei Kindern auf dem Sitz, drei Teenies mit Shake und Handy in der Hand, mit Hund, mit Wocheneinkauf, mit Zementsack, mit Teppich... Durch den Stadtverkehr, zwischen den Autos entlang geschlängelt und in zweiter Reihe überholt. An die traurige Statistik möchte man dabei nicht denken: Laut Weltgesundheitsorganisation war Thailand 2015 auf Platz zwei der Verkehrstoten weltweit. Täglich sterben hier 66 Menschen im Straßenverkehr, der größte Teil Motorradfahrer.
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Mädels, zwei Hondas und ein rasanter Urlaubstag
© Quelle: Christin Köppen
Wir machen noch schnell Fotos um vorhandene Schrammen festzuhalten. Und wir drei versprechen einander, rechtzeitig zurück zu sein, um bloß nicht im Dunkeln fahren zu müssen. Mein Helm trägt einen „Lucky“-Sticker, ich nehme es als gutes Zeichen.
Bevor wir auf die Straße fahren, kratzen meine zwei Freundinnen mal eben mit dem Rückspiegel an einem Betonpfeiler. Dann geht es los.
Mit Rückenwind über die Insel
Und schon sind wir auf dem Asphalt. Natürlich links, denn in Thailand herrscht Linksverkehr. Ich vorneweg, die beiden anderen hinterher. Wie schnell wir fahren, kann ich nicht sagen, denn mein Geschwindigkeitsanzeiger rührt sich nicht. Wie viel Benzin ich noch habe, verrät die Anzeige auch nicht. Das finde ich schließlich heraus, indem ich in einer Pause den Sitz hochklappe und in den Tank schaue.
Die ersten Hügel und die ersten Kurven überstehe ich. Der Wind braust um die Ohren und ich muss mich anspornen, mehr Gas zu geben, um nicht das weltgrößte Verkehrshindernis zu werden. Die nächste Herausforderung: Vor mir schleicht ein Motorrad mit Sitzbank-Konstruktion, auf die bis zu fünf Touristen passen. Muss ich das jetzt überholen?! ICH bin doch die Langsame hier!
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Da war mal Rum drin: Tanken auf Ko Lanta
© Quelle: Christin Köppen
Der Wind ist warm, neben uns huscht die grüne Inselwelt hinweg und auf einmal fahren wir parallel zum Strand. Ich merke, wie meine Gedanken abdrifften und hole mich schnell zurück auf die Straße. Nur als es einmal steil bergab geht, kommt etwas Panik auf. Aber gut, ich überstehe es. Und dann sind wir auch schon in Old Town, der Altstadt von Ko Lanta, angekommen. High Five und darauf ein Eis!
Das Schönste kommt zum Schluss
Weiter geht es zum Nationalpark am südlichen Zipfel der Insel. Zwischendurch kaufen wir Benzin in recycelten Rumflaschen für umgerechnet einen Euro. Und immer wieder zeigt sich der große Vorteil eines Rollers gegenüber einem Fahrrad: Bergauf muss man nämlich nicht strampeln! Sanft am Handgriff gedreht und schon saust man jede Ansteigung hinauf.
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Geschafft und Glück gehabt, am Strand lassen wir den Tag ausklingen.
© Quelle: Christin Köppen
Auf dem Heimweg sehen wir in einer Haltebucht eine Reihe Scooter stehen und stoppen hoffnungsvoll. Versteckt hinter Bäumen liegt sie – die perfekte Strandbucht. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und baden im goldenen Licht der untergehenden Sonne. Dass wir am Ende doch im Dunkeln zurück fahren müssen, ist da auf einmal völlig vergessen.
Reisereporter