Sri Lanka: Im Paradies ist noch ein Tisch frei ...
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Der Lieblingsplatz von Uwe Dulias auf Sri Lanka.
© Quelle: Uwe Dulias
Nichts, einfach gar nichts kann mich dazu bringen, jetzt von dem klapprigen Plastikstuhl aufzustehen und diesen Platz zu verlassen. Mein Blick klebt am dunkelblauen Himmel (Digga, ist das schön!) und den meterhohen Wellen, die auf den Strand zu rollen, sich überschlagen, kräuseln und letztlich im Sand versickern. Hier am Thiranagama-Strand sind die Wellen besonders heftig – kurz und hoch, weil der Strand rasch abfällt. Warum rollen Wellen eigentlich immer zum Strand?
Monotonie, dumpfe Monotonie des Wellenschlags. Sound of Sea. Er kriecht in meine Ohren, schlingert ins Gehirn und betäubt die Unruhe. Unruhe, eines Menschentages: SMS, E-Mail, Festnetz, Mobil, Radio, Fernsehen, Straßenlärm, Türenschlagen, Meetinggeplapper. Weg. Einfach weg. Nur noch Wellen. Und Wind. Kühlender Wind, der über die Haut streicht. Angenehm frisch. Klar, bei 28 Grad im Schatten.
„Uuuwääää,“ Nilanthas Stimme reißt mich aus der Träumerei. „Tea?“„Yes. Mit Schuss.“
Nilantha. Vor 23 Jahren saß ich das erste Mal hier. Im Sand neben der Bambushütte auf einem farbenfroh bestickten Tuch. Nilantha spielte am Strand. Jagen, fangen, gejagt werden. Ich döste im Schatten der Palmenreihen. Douglas hatte alle Kokosnüsse runter geholt. Sicher ist sicher. Douglas? Der Vater von Nilantha. Groß. Und breit. Pirat, Dorf-Mafioso, Meisterkoch. Dass sein Essen auch ihm schmeckte, war nicht zu übersehen.
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Gastgeber Nilantha Patternott.
© Quelle: Julia Henke
Mit Douglas habe ich die schönsten Wochen meines Lebens verbracht. Er hat mir den Scheißfelsen gezeigt, der überlebenswichtig war, als es noch keine Toiletten gab. Und mir erzählt, dass Elefantenscheiße Glück bringt (Drei Hucks auf Douglas).
Mit ihm war ich bei den Mönchen, wir sind übers Land gefahren, durch die Sümpfe (Sch...Moskitos) gerudert, haben Fisch im Sand gebacken (lecker!), eine Feuerwerksfabrik leergekauft (mit meinen Dollars) und Silvester drei Stunden rumgeballert. Wir haben gelacht, gelacht und noch mal gelacht. Und getrunken. Viel getrunken. Arak, weil der den Magen reinigt. Von Würmern und von allem, was sonst noch schlecht ist. Selbst von schlechten Gedanken. Arak-eda statt Ayurveda
Nilantha, der kleine Junge, hat damals nicht viel davon mitbekommen. Douglas hat ihn dann Jahre später nach Deutschland geschickt. In die Lehre. Zu deutschen Gästen aus dem Schwabenland, die regelmäßig nach Hikkaduwa kamen. Sie haben Nilantha wie einen Sohn aufgenommen und Nilantha hat von ihnen gelernt. Deutsche Gründlichkeit, Sauberkeit, Geschäfte machen. Und natürlich kochen.
Nilantha Patternott ist nach der Ausbildung wieder zurück in seine Heimat, zurück zur Mutter und natürlich zu Douglas. Vater und Sohn haben ihr Gespartes zusammengeschmissen, in die Hände gespuckt und direkt am Beach das kleine, runde weiße Restaurant abgerissen und ein schmuckes Guesthouse aufgebaut. Das hat viele Monate Kraft und Energie gekostet. Weihnachten 2004 ging der Traum in Erfüllung: 20 Zimmer mit Bad, ein Restaurant, eine Bar direkt am Beach, nagelneue Liegen im Sand. Douglas und Nilantha schlossen die Tür. Eröffnung morgen, am zweiten Weihnachtsfeiertag.
Wie immer in den letzten Wochen schlendern sie über die Straße, über den Bahndamm, etwas den Berg hoch, zur Mutter.
Der 26. Dezember 2004: Gegen 9 Uhr rollt die erste Welle auf Hikkaduwa zu. Ohne Vorwarnung trifft sie den Strand, zermalmt die Häuser, verschlingt die Menschen, reißt Bäume aus, schleudert Autos und alles was nicht niet- und nagelfest ist bis hinter den Bahndamm. 30 Minuten später erledigt die zweite Welle alles, was die erste übrig gelassen hat.
Die Eröffnungsparty. Schweigend räumen Douglas und Nilantha in den Trümmern, in dem Modder, in dem Schrott rum. Sri Lanka beklagt 38.000 Tote, davon allein 3.500 in Hikkaduwa.
Sie sind dankbar. Dankbar, dass sie noch keinen Gast ins Haus gelassen hatten. Dankbar, dass sie am Vorabend zur Mutter gegangen sind.
Sie sind traurig. Unfassbar traurig, weil die Welle so unzählig viele gute Freunde in den Tod gerissen hat. Weil ihr Lebenstraum hier vor ihren Füssen liegt.
All ihr gespartes Geld - ein Haufen Schrott.
Das Ende? Nach so vielen Kämpfen. Gegen Gauner und Terroristen, die unverhofft auftauchten. Gegen die Mafia, die immer wieder versuchte sich sein gutes Stück Strand unter den Nagel zu reißen. Gegen die vielen Krankheiten, die an seinem Körper zerrten. Gegen die Unwetter, die zweimal im Jahr über den Strand fegen.
Nein. Aufgeben geht nicht? Gib her. Sie haben nochmal die Schaufeln in die Hände genommen. Alle in der Familie haben mitgeschleppt, geschuftet, geschwitzt. Freunde haben mit angepackt. Auch Urlauber. So wurden aus Urlaubern Freunde. Für viele ist so Hikkaduwa mit den Jahren wie ein zweites Zuhause geworden. Wenn auch nur für ein paar Wochen im Jahr. Vor allem im deutschen Winter, zwischen Dezember und April, wenn die Luft am Tage noch nicht zu heiß und der Abend einfach atemberaubend schön wird.
Ich habe Douglas nie wieder gesehen. Als ich 2014 nach Hikkaduwa zurückkehrte, war dieser wunderbare Mann bereits tot. Diabetes. Nilantha bringt den Tee: „Mit Schuss!“ Ich schmunzele über sein perfektes deutsch, das so gar nicht zu seiner tiefdunklen Bräune passt und antworte: „Du wirst deinem Vater immer ähnlicher“.
„Ja, der Alte. Er wäre noch hier, wenn er doch mehr auf den Arzt gehört hätte.“ Ich nicke, schlürfe den Tee und denke: „Und er wäre stolz auf dich gewesen.“
Alles ist heute so wie Douglas sich das gewünscht hätte. Der Tomatensalat – der Beste auf der Welt. Das Frühstück – nirgends schmeckt es so gut wie hier am Ozean. Der Fisch – keiner findet das beste Stück auf dem Markt so treffsicher wie Nilantha. Die Abenteuerlust – keiner kennt besser die Stellen im Meer, wo garantiert antike Münzen liegen. Die Gastfreundschaft, jeder Gast gehört sofort zur Familie. Und natürlich das Essen! „Ihr könnt gern mal woanders hingehen. Aber das macht ihr nur ein einziges Mal“, schmunzelt Nilantha und gibt uns eine Empfehlung.
Wir haben einmal „auswärts“ gegessen: Heiligabend 2014. Es war das letzte Mal.
Zu Nilantha dagegen, in sein wunderschönes Guesthouse, wo ich jeden Abend, mit jedem Schuß Arak, den Geist seines Vater Douglas spüre, dorthin werde ich immer wieder zurückkehren. Schöne Tage machen halt süchtig. Und die am Strand von Thiranagama sind besonders schön.
Ich sehe mich schon wieder auf meinem Plastikstuhl, vor dem blauen Tisch sitzen. Am schönsten Tisch im Paradies. Die Sonne sinkt am Horizont glutrot auf das Meer zu, das Rollen der Wellen wiegt mich ganz langsam in eine Welt, die mir ganz allein gehört.
„Uuuwäää“. Nilhantha? Nee, Carolin, meine über alles geliebte Ehefrau: „Was mit duschen? Könntest wenigstens mal ein frisches T-Shirt anziehen!“ Wer will hier schon duschen? Wer braucht hier schon ein frisches Hemd? Warum rollen Wellen noch mal an den Strand?
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Sonnenuntergang am Palm Beach.
© Quelle: Uwe Dulias
Infos Palm Beach:
Das Palm Beach hat nur 10 Doppelzimmer und ein Appartement, Preise pro Zimmer zwischen 35 (Doppelzimmer) und 45 Euro (Appartement) mit Frühstück.
Die Zimmer sind mit Doppelbett, Moskitonetz, Ventilator, Warmwasser und gefliesten Bädern ausgestattet.
Vier weitere Doppelzimmer zwischen 30 und 40 Euro und zwei Appartements für zwei Personen (45 Euro/Tag) sowie ein großes Appartement für vier Personen (80 Euro/Tag) bietet Nilantha im Samanala Guesthaus, knapp 250 Meter vom Strand entfernt, an. WLAN ist kostenlos.
Bewertungen 5,5 von 6 Punkte bei Holidaycheck (2015):
Infos gibt es bei Nilantha Patternott oder auf der Internetseite von Sri Lanka Reise.
Telefon +94 (0) 777696572,
Fax +94914383206
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