Kunst statt Kommerz – das andere Dubai
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Zwischen Tradition und Moderne: Keine andere Stadt weltweit steht in so krassem Gegensatz zu sich selbst wie Dubai.
© Quelle: pixabay/angusfrasermktg
Betonmischer rumpeln, Arbeiter tragen Metallstangen über die staubige Straße. Zwischen Müllcontainern stehen bunte Blumenkübel und Bänke, ein knallbunt besprühter Straßenflitzer gammelt vor sich hin. Ist das Kunst oder soll das weg? Und was macht der rote Teppich vor dem Eingang zu einer alten Lagerhalle? Willkommen im Dubai der anderen Art.
Abseits der „größer, höher, schöner“-Architektur, abseits von Edelshoppingmalls und Luxusresorts haben sich im Industriegebiet Al-Quoz seit zehn Jahren Künstler und Galeristen angesiedelt. Die Mieten sind hier noch günstig, es ist viel Platz für die Kunstszene, und das Industrieflair wirkt als Kontrast zu den Edelfassaden auch irgendwie sexy.
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Also auf den roten Teppich. Er führt ins SPM, das erste private Kunstmuseum der Region. Der deutsch-iranische Geschäftsmann Ramin Salsali hat es 2011 eröffnet und zeigt neben Stücken aus seiner eigenen Sammlung Werke internationaler Künstler. Die ehemalige Lagerhalle bietet den nötigen Raum für die großformatigen, expressiven Bilder von Amir Zanjani.
Al-Quoz ist längst kein Geheimtipp mehr
658 Gesichter blicken dich von einer Wand an. Sechs Monate lang hat der iranische Künstler Soldatenporträts aus aller Welt anhand von Fotos gemalt und zu einer Collage zusammengestellt. „Macht und Unterwerfung“ ist das große Thema von Zanjani.
Draußen in der Mittagshitze schlendern Touristen durchs Industriegebiet – Al-Quoz ist längst kein Geheimtipp mehr. Mehr als 20 Galerien präsentieren hier nicht nur zeitgenössische Künstler des Mittleren Ostens, längst sind etwa die Third Line, Green Art Gallery, Gallery Isabelle Van Den Eynde oder Flying House gute Adressen für Künstler weltweit. Eine Chance, die Kreativen zu treffen, hast du im Begegnungszentrum mit Showroom, Bibliothek und Imbiss.
Blick vom Burj Khalifa
Wie sehr sich dieses Industriegebiet an der Alserkal Avenue von den Glitzerfassaden der City abhebt, siehst du am besten von oben. Von ganz oben. Vom (natürlich) höchsten Hochhaus der Welt: Burj Khalifa mit 828 Metern. Der (natürlich) schnellste Fahrstuhl der Welt schießt einen in 60 Sekunden auf die verglaste Aussichtsplattform in 452 Metern Höhe. Vorbestellung ist ratsam, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden. „At the Top“ kannst du gemütlich einen 360-Grad-Blick genießen. Die Fernrohre zeigen nicht nur das aktuelle Bild. Per Schalter kannst du auf Zeitreise gehen und die Landschaft sehen, wie sie noch vor wenigen Jahrzehnten war – so wird der gigantische Wandel anschaulich.
Gen Norden schweift der Blick auf den Persischen Golf, an dessen Küste sich die Hotels und Ferienresorts wie Perlen aneinanderreihen – familienfreundliche mit Gemüsegarten, Pfauen, Reitstall und Sportmöglichkeiten wie das Palm Tree Court. Oder exklusive wie das Burj Al Arab im Golf. Oder , das Luxus wie in Tausendundeiner Nacht bietet. Downtown spiegeln sich die Wolkenkratzer gegenseitig in ihren Fassaden, und am Fuß des Burj Khalifa leuchtet ein künstlich angelegter See türkisblau. 1.000 Wasserfontänen, 6.600 Lichtquellen und 50 Projektoren zaubern allabendlich eine faszinierende Wasser-Licht-Musik-Show.
Die Wüste: Spielplatz für Architekten
Der Blick in Richtung Hinterland ist geprägt von Baukränen. Die Wüste – unendliche Weiten für weitere Baustellen und ein unerschöpflicher Spielplatz für Architekten. So wie auf der Großbaustelle für den (natürlich) weltgrößten Design-District. Das „d3“ vereint „Fashion und Luxus“ und soll in drei Bauphasen bis 2018 fertiggestellt werden.
Doch auch schon heute tut sich etwas in Sachen Design. In Dubai geht es genereller etwas liberaler zu als in den anderen Staaten der Vereinigten Arabischen Emirate. Frauen dürfen hier immerhin Auto fahren, und in Sachen Styling sind die Damen trotz verhüllender Gewänder up to date: perfekt geschminkt, High Heels, teurer Schmuck, trendige Taschen.
Kreatives Dubai zwischen Tradition und Moderne
Effa Al Dabbagh gehört zu den jungen, gut ausgebildeten Frauen Dubais, die aus der traditionellen Rolle ausbrechen. Die Designerin will den üblichen schwarzen Gewändern – Abayas – etwas mehr Pfiff geben. Sie hat in London studiert, in Paris für große Marken im Marketing gearbeitet und verkauft unter dem Label Effa ihre eigene Kollektion in Dubai. Leichte Stoffe, kräftige Farben dominieren, hier und da sind die Kleider transparent. Dennoch bleibt sie in der Tradition verwurzelt. „Die Frauen sollen feminin wirken, aber keine Sexualobjekte sein“, sagt die Mittdreißigerin.
Dieser Mix aus östlicher Tradition und westlichen Einflüssen prägt das kreative Dubai – auch auf der jährlichen Kunstmesse Art Dubai, die längst den internationalen Kunst-Jetset anzieht. Ob Bilder aus Berlin, Objektkunst aus New York, ein goldener Buddha aus Fernost oder naive Kunst aus den Emiraten – dieser Mix macht jenseits der Hochglanzfassaden den Reiz Dubais aus und bleibt weiterhin spannend.
Reisereporter