Auf den Spuren von Nelson Mandela durch Südafrika
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YSYPQYZH4NJLZKIIEAZATNDX2L.jpg)
Gedenken an Nelson Mandela in Soweto. Der Freiheitsheld wäre in diesem Jahr 100 geworden.
© Quelle: imago/imagebroker
Transkei: Unter dem großen Himmel
Nirgendwo ist Südafrika so afrikanisch wie in den Hügeln der Transkei. Die Dörfer sind bunter als anderswo: Rosa leuchten die Gehöfte der Xhosa und Thembu, türkis die der Pondo und Mpondomise.
Die Farbe auf der Sonnenseite der (Rund-)Häuser soll das Licht reflektieren und die Temperatur im Inneren erträglich halten. Hier wurde Nelson Mandela ins Königshaus der Thembu geboren, hier ist er aufgewachsen und begraben. Auf einem Hügel in Qunu, über seinem letzten Haus, liegt er.
So macht man das hier: Die Toten werden auf dem eigenen Grund und Boden beigesetzt, denn die Ahnen hüten die Zukunft. Wie die archaischen Regeln der Könige im Ostkap ins Heute wirken, erzählt die Religionswissenschaftlerin Nokuzola Mndende in ihrem Rondavel in Dutywa wunderbar spannend.
Aktuelle Deals
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/4FG7636EAQJQU3A6UA3YFG7M5E.jpg)
Nokuzola Mndende informiert in ihrem Rondavel in Dutywa Besucher über ihre Heimat.
© Quelle: Susanne Iden
Noch vor wenigen Jahren galt die Transkei für Touristen als zu gefährlich; heute sind nicht nur die sagenhaften Strände, Wanderwege und Surfreviere der Wild Coast zwischen East London und Durban, sondern auch das Landesinnere unkompliziert zu bereisen.
Viele glauben, dass das Land den Freiheitskämpfer Mandela stark gemacht hat: Es gibt immer noch einen Hügel hinter dem Hügel, den es zu überwinden gilt. Aber nirgendwo ist der Himmel größer als in der Transkei.
Pretoria: Szene und Geschichte
Pretoria ist eine Stadt für Neugierige. Wer sich traut, hinter die Kulissen dieser europäischsten aller afrikanischen Städte zu schauen, sich nicht zufriedengibt mit der Jakarandablüte, die Pretoria in ein Meer von Lila verwandelt, und der kolonialen Pracht, der lernt nicht nur Orte kennen, sondern Menschen.
Die braucht man auch, um die vor Widersprüchen strotzende Stadt zu verstehen und verborgene Schätze zu entdecken. Zum Beispiel 14 graue Stufen tief unter dem Gerichtssaal des pompösen Justizpalastes, in dem Nelson Mandela 1964 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6I2ERR5ECPJRJ2X3LVFMLBHDKH.jpg)
Die afrikanische Freiheitscharta schrieb Nelson Mandela während seiner Haftzeit an die Wand einer Zelle im Justizpalast. Der Raum steht heute unter Denkmalschutz.
© Quelle: Susanne Iden
Dort, im Keller, ist die Zelle, in der die Angeklagten warten mussten – und die Wände vollschrieben mit politischen Botschaften wie der afrikanischen Freiheitscharta. Heute steht diese Zelle unter Denkmalschutz. So wie die Mahnmale der Buren. Pretoria lebt mit der Vergangenheit – und baut darauf eine neue Identität.
Die meisten Pretorianer sind heute nicht Afrikaander, sondern Pedi oder Tswana. Tausende Studenten, junge Politiker, Entrepreneure geben den Ton an mit der Musik, den Drinks, den Pop-up-Restaurants der Townships. Es braucht Neugier und unbedingt einen lokalen Begleiter, um sich in diese kreative Szene zu mischen. Der Spaß kommt dann von allein.
Rivonia: Ein lebendiger Lernort
Rivonia ist ein sehr weißer, sehr wohlhabender Stadtteil von Johannesburg. Mittendrin liegt Liliesleaf Farm. Im Sommer 1961, als die Anti-Apartheid-Bewegung hier ihr Untergrundhauptquartier aufschlug und den bewaffneten Widerstand vorbereitete, war Liliesleaf ein abgelegenes Farmhaus mit ein paar Nebengebäuden im Veld. Heute wirkt es, als hätten sich die Verschwörer direkt vor die Nase ihrer Unterdrücker gesetzt.
Ein fantastischer Ort ist aus dem einstigen Versteck von Nelson Mandela und Walter Sisulu geworden. Ähnlich wie das nahe, innovative und bewegende Apartheidsmuseum ist auch Liliesleaf Farm vor allem ein sehr lebendiger Lernort.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/63RNU5XDKCJNSLS2R5HXRA6COM.jpg)
Im Apartheidmuseum in Johannesburg erfahren Besucher alles über die Zeit der Rassentrennung in Südafrika.
© Quelle: Imago/photothek
Sie bietet eine für Außenstehende überraschende Besonderheit: Als offizielle Bewohner fungierten der Maler Arthur Goldreich und seine Familie. Goldreich war Mitglied der Kommunistischen Partei und nicht der einzige Weiße im Kreis der Verschwörer. Der Anwalt Harold Wolpe gehörte dazu, der Architekt Lionel Bernstein, der Ingenieur Denis Goldberg, alles südafrikanische Juden.
In Liliesleaf hat Mandela erfahren, dass Solidarität keine Frage der Hautfarbe ist. 30 Jahre später hat er ein politisches Programm für ein neues Land daraus gemacht.
Soweto: Das Wissen der Kinder
In Soweto kannst du alles in einen Tag packen: die Radtour abseits des Touristentrubels, die fast rührende Heldenverehrung in Winnie und Nelson Mandelas Haus, die afrikanische Kunst im Credo Mutwa Cultural Village.
Man kann sich aber auch einfach mit Antoinette Sithole treffen. Klein, rund, wortgewaltig. Antoinette ist ungefragt mit 15 Jahren zur Ikone des Aufstands der Kinder von Soweto gegen das Apartheidsregime geworden; das Bild des schreienden Mädchens, dessen angeschossener kleiner Bruder in den Armen eines jungen Mannes stirbt, hat 1976 die Welt wach gerüttelt.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/YWWONMRSX4JO6Z4ZRZUYFVU3JA.jpg)
Antoinette Sithole wurde im Alter von 15 Jahren zur Ikone des Aufstands der Kinder von Soweto.
© Quelle: Susanne Iden
Schwarze Schüler wurden niedergeknüppelt, weil sie in ihrer eigenen Sprache unterrichtet werden wollten, nicht in Afrikaans, der Sprache der Unterdrücker. Kein Polizist aber hat es geschafft, aus Antoinette die Wissbegier herauszuprügeln. Mandelas Mantra „Bildung ist die mächtigste Waffe, um die Welt zu verändern“ ist auch ihr Glaubenssatz.
Im Hector-Pieterson-Museum, das ihrem Bruder gewidmet ist, erzählt Antoinette Sithole leidenschaftlich davon, wie hart erkämpfte Bildung Millionen Menschen aus den Elendsquartieren der South Western Townships befreit und Soweto hip gemacht hat – und von ihrer Sorge, dass die verwöhnte junge Generation zu bequem geworden ist, für die Zukunft zu kämpfen.
Westkap: Stätte des Neuanfangs
Es muss nicht immer Robben Island sein. Die Fahrt mit dem Schiff von der Kapstädter Waterfront zur Gefängnisinsel ist gewiss ein Erlebnis. Die Führungen durch ehemalige politische Häftlinge sind bewegend und der Moment, in dem man in der Zelle des Häftlings 46.664 steht, ist ergreifend.
Aber es gibt am Kap noch einen anderen Ort, der untrennbar mit Nelson Mandela verbunden ist. Es ist der Geburtsort des neuen Südafrika, eine knappe Stunde nordöstlich von Kapstadt. Hier, mit dem Blick auf die Gipfel des Drakensteingebirges und auf Tausende Jubelnde, ist Mandela am 11. Februar 1990 aus dem Victor-Verster-Gefängnis in die Freiheit gegangen.
In eine Landschaft, die von den Bedürfnissen, der Kultur und dem Geist der alten Herren, der Siedler, geprägt ist. Sie ist es bis heute. Keiner wurde vertrieben, denn, so sagte es Mandela, „Südafrika gehört allen, die dort leben, Schwarzen und Weißen“.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/ZUERJ7ATA6IMGIHK7VPNMS2ABV.jpg)
Das Babylonstoren in Simondium ist ein typisches "Cape-Dutch"-Landhaus.
© Quelle: Susanne Iden
Viele der „Cape Dutch“-Landhäuser sind jetzt Hotels. Eines der schönsten ist Babylonstoren in Simondium, dank der zauberhaften Gärten auf 3,5 Hektar auch für alle einen Besuch wert, die keine Luxusübernachtung brauchen. Aus dem Eintrittsgeld (2 Euro) wird ein Fonds gespeist, der die Schulbildung der Landarbeiterkinder fördert. Damit eben doch nicht alles beim Alten bleibt.
Reisereporter