São Tomé: Das Naturparadies vor Afrikas Küste
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Der Pico Príncipe ist ein Monument aus Basalt mitten im Unesco-Biosphärenreservat auf Príncipe.
© Quelle: Dieter Wonka
Am Rand des etwa 300 Meter langen, sich aber unendlich anfühlenden Sandstrandes sitzt Edenilson, der Fischer, auf seinem riesigen Einbaum. Seit 15 Jahren fährt er tagtäglich zusammen mit fünf oder sechs anderen Fischern auf dem 15 Meter langen Boot hinaus. Praia Nou, „unser Strand“, heißt der Streifen goldgelben Sandes im nordöstlichen Winkel von São Tomé.
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Praia Nou – „unser Strand“ ist Heimat und Lebensmittelpunkt des Fischers Edenilson.
© Quelle: Dieter Wonka
Die Menschen hier haben nicht viel, aber sie sind immer und überall fröhlich und haben stets ein „Olá, Olá“ auf den Lippen. Sicher, auch Edenilson hat Träume – ein paar Tintenfische mehr im Netz, eine Schramme weniger am Boot, höhere Preise für seinen Fang vielleicht.
Aber von hier weggehen, das Leben hier eintauschen gegen die Welt des rastlosen Wettbewerbs? „Nein, nie, niemals“, meint Edenilson. Der Fischer freut sich aber über neugierige Besucher aus der Ferne. Davon gibt es allerdings noch nicht allzu viele. Nur rund 20.000 Touristen finden jährlich den Weg nach São Tomé und Príncipe (STP).
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Weniger als 1.000 Deutsche kommen pro Jahr
Nicht einmal 1.000 deutschsprachige Reisende kommen pro Jahr in die nach den Seychellen zweitkleinste afrikanische Republik vor der afrikanischen Westküste. 48 Kilometer lang und 32 Kilometer breit ist São Tomé. Sie ist, bei aller Natürlichkeit, die etwas geschäftigere Insel als Príncipe. Nur rund 200.000 Einwohner leben auf den beiden Hauptinseln.
Vollkommen zu Recht zählt die Doppelinselrepublik derzeit beim weltweit bekannten Lonely-Planet-Reiseführer zu den zehn spannendsten Urlaubszielen. Stress ist hier ein Fremdwort.
Dank des gestifteten Millioneninvestments des südafrikanischen Internetmilliardärs Mark Shuttleworth ist insbesondere Príncipe auf dem besten Weg zum grünen Paradies. Bilderbuchstrände und der marode Charme überwundener Kolonialzeiten sind eingebettet in die herrlichsten Grünvariationen auf Erden.
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Das heute idyllisch wirkende Erbe eines Kolonial- und Sklavenzeitalters begegnet den Touristen auf São Tomé und Príncipe in jeder Ansiedelung. Die Menschen von heute haben ihren Frieden mit der früheren Zeit gemacht.
© Quelle: Dieter Wonka
Insel São Tomé gehörte einst zu Portugal
1471 wurde der nördliche Zipfel São Tomés vom Seefahrer João de Santarém entdeckt. Irgendwann zur selben Zeit könnten die afrikanischen Angolares im südlichen Eck des Vulkaneilands gelandet sein. Das verdeutlicht, wem die einstige Kolonie Portugals immer schon gehörte.
Für den Anbau von Zuckerrohr, Kaffee und Kakao wurden Sklaven von den Kapverden, aus Angola und Mosambik herangeschafft. Inzwischen entsteht hier, auch mit viel Unterstützung aus „der ersten Welt“, ein neues Modell. Entschleunigung am Äquator, in aller Natürlichkeit. Fernab von Terror und Angst.
Meeresschildkröten bei der Ei-Ablage beobachten
Wer auf São Tomé in der Öko-Lodge Praia Inhame übernachtet, der kann schon von der Terrasse der Tartaruga-Bar aus bei Saft, Bier und frischem Fisch in der Dämmerung den Sieg der Zukunft über die Gegenwart erleben. Die Ei-Ablage der großen, zentnerschweren Meeresschildkröten im sanften Rotlicht zu beobachten bleibt unvergesslich.
Ökoranger wachen darüber, dass alles möglichst störungsfrei abläuft. Espirito, der Guide, führt die Besucher über ein, zwei Kilometer zu einer blau-weißen Holzhütte der Stiftung des Öko-Investors Mark Shuttleworth. Sie ist gleichermaßen Schulhütte für Kinder – und Schutzhütte für die Schildkröten.
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Praktischer Öko-Unterricht: Am Strand erleben die Schulkinder, wie sich die frisch geschlüpften Meeresschildkröten vom Strand auf den Weg in die Fluten machen.
© Quelle: Dieter Wonka
Während der Rückfahrt wird es – wie immer in den Tropen – schlagartig dunkel. Dutzende von Schulkindern stört das nicht. Im Zweischichtsystem wird vormittags und nachmittags unterrichtet. Um zur Klasse und wieder zurück zu kommen, müssen sie teilweise mehr als zehn Kilometer hin und wieder zurück zu Fuß laufen.
Wenn Regen die Lehmpiste aufgeweicht hat, wenn die Regierung gewechselt hat und die Benzinversorgung ungeregelt ist, oder wenn sie einfach Pech haben, verkehrt nicht einmal einer der Geländewagen, die als Schulbusse dienen. Bildung ist ein hartes Stück Arbeit.
Kooperative erntet Kakaobohnen
Cuco Monforte, der eigentlich Jao Damicio heißt, ist 56 Jahre alt. Der Hüne, der stolz das zerschlissene rote Hemd des verblichenen DDR-„Oktoberclubs“ aus Ostdeutschland trägt, ist die linke Hand des Managers der Plantage Monteforte. Barfüßig durchwandert er die Welt der alten Kakaopflanzen.
Früher machte der portugiesische Boss seinen Reibach damit, heute behauptet sich eine einheimische Kooperative am Markt. 2 Euro pro Kilogramm bringt der Verkauf von getrockneten Kakaobohnen den Familien.
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Handarbeit wie früher: Kakao-Ernte bei der Kooperative von Monteforte, die Basis für die weltberühmte Schokolade von Kakao-Künstler Claudio Corallo.
© Quelle: Dieter Wonka
Auf der Plantage kann man naturnah, einfach und sauber übernachten, frische tropische Früchte und knackiges Gemüse genießen, Eier von frei laufenden Hühnern essen, den vor zwei, drei Stunden aus dem Meer geholten Oktopus frisch gegrillt verspeisen und beim gut trinkbaren lokalen Bier den prächtigen Ausblick auf die Kakao- und Kaffeehänge sowie zum nahe gelegenen Atlantik bestaunen. Urlaub ohne Schnickschnack.
Im Santola schmecken die Seespinnen am besten
In Neves, einem schlichten Holzhüttendörfchen an der saotomensischen Nordwestküste, gibt es im Restaurant Santola die besten Seespinnen weit und breit. Fangfrisch serviert an den kleinen Holztischchen. Die frische Brise auf der Dachterrasse und von überall her das zur Freundlichkeit ansteckende „Olá, Olá“ gibt es gratis dazu.
Und immer wieder klingt aus kleinen Lautsprechern die Musik von Cesária Évora, der wunderbaren Sängerin von den Kapverden. Sie ist auch auf São Tomé und auf Príncipe ein Nationalstar, zuständig für Gefühl, Rhythmus und Sehnsucht.
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Fangfrisch: Im Restaurant Santola in Neves werden hervorragende Seespinnen serviert.
© Quelle: Dieter Wonka
Mitten im tropischen Naturwald befindet sich die Eco-Lodge Mucumbli. An ausgewählten Freiflächen wurden Gästebungalows platziert. Wohnlichkeit und Privatheit auf der Terrasse lassen den Gast Teil eines beeindruckenden Naturspektakels werden: Es riecht, zwitschert und braust von überall her. Die frische Brise vom Atlantik und der Schatten eines soliden Bambusdachs sorgen für freundliche Kühle.
Catarina Sousa, die Ressortmanagerin, ist bemüht, ihren Gästen die Schönheit einer intakten Umwelt nahezubringen. Ihr ist nicht ganz wohl bei dem Regierungsplan, auf STP eine Tourismusentwicklung zu starten, die den überbordenden Gästezulauf wie auf den Seychellen zum Ziel hat. Seit drei Jahren hat sich die Touristenzahl schon verdoppelt. 1.500 Touristenbetten stehen den Besuchern auf STP zur Verfügung. „Unser Schatz ist die Natur“, wirbt Sousa. In Portugal wird der Trip zur einstigen Kolonie mittlerweile als Strandurlaub angeboten.
Auch bei Jalé, im Süden von São Tomé, ist der Besucher am Strand allein mit sich, der Welt und den fast immer idealen Temperaturen von Luft und Wasser. Eine gut 50 Zentimeter breite Schleifspur im Sand zeugt vom abendlichen Besuch einer Meeresschildkröte. Der Palmwald reicht bis 15 Meter zur Wasserlinie, dann breitet sich ein goldgelber Sandstrand aus. Ein leichter Gischtschleier liegt über dem Wasserparadies. Der mild temperierte Atlantik lockt zum Baden.
Äquator verläuft auf Ilhéu das Rolas
Auf das klitzekleine Äquatorinselchen Ilhéu das Rolas kommt man nach einer etwas abenteuerlichen Tour mit einem der kleinen Fischerboote in einer halben Stunde. Hier, auf dem nördlichsten Flecken von STP, arbeitet der 42-jährige Ilidio José. Seine Frau und die vier Kinder leben in einem Hüttendörfchen fünf Kilometer gegenüber, auf São Tomé.
Seit 18 Jahren betreut Illidio Gäste auf der etwas in die Jahre gekommenen Hotelanlage Pestana Equador. Seinen Gästen empfiehlt er nach einem kurzen, aber schweißtreibenden Aufstieg durch den urigen Wald zum Äquatordenkmal: „Umarmt euch hier, wir sind alle eine Familie.“ Nördliche und südliche Erdhalbkugel können nur einen kleinen Schritt auseinanderliegen.
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Direkt am Äquator: Auf dem Inselchen Ilhéu das Rolas kann man von der Nordhalbkugel dem Süden die Hand reichen.
© Quelle: Dieter Wonka
Auf Príncipe, der kleineren, aber noch feiner gestalteten Öko-Wunderwelt von STP, tut Mr. John seinen Dienst. Der 64-jährige Guide heißt eigentlich Lucia Giovanni, hat sechs Kinder und neun Enkel. Er behauptet, „ich kenne mindestens 80 Prozent der Einwohner von Príncipe.“ Gut möglich bei nur rund 7.400 Insulanern. Mr. John grüßt jeden und alle: „Das gehört sich doch so!“
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Beeindruckende Natur: Die Ilhéu Bom Bom liegt vor der Nordküste von Príncipe. Das Inselchen ist größtenteils bewaldet. Gerade einmal 15 Menschen leben hier.
© Quelle: Dieter Wonka
Oberhalb des Luxushotels Bom Bom gibt es die vielleicht schönste Anhöhe auf Príncipe: Oqué Daniel. Schwalben fliegen beinahe auf Kopfhöhe aufgeregt durch die Luft. In mittlerer Höhe tummeln sich Dutzende Papageien.
Der Blick auf die blitzsauberen Strände ist frei. Am Horizont stürzt im roten Abendlicht die Sonne ins Meer. Príncipe zeigt auf kleinstem Raum, wozu die Natur hier fähig ist. Limonen, Kakao, Kaffee, Orangen, Mango, Guave, Maniok, Bananen, Ananas, Pfeffer, Chili – alles gedeiht in greifbarer Nähe.
30 Prozent von São Tomé stehen unter Naturschutz, auf Príncipe sind es sogar 50 Prozent. 120 der heimischen 700 Pflanzenarten gibt es nur auf diesen Inseln. Wer hier war, reist mit dem Gefühl ab, das Unerwartete erlebt haben zu dürfen.
Tipps für deine Reise nach São Tomé und Príncipe
Anreise: Die portugiesische TAP fliegt von Deutschland aus über Lissabon mit Zwischenstopp in Accra nach São-Tomé-Stadt. Zwischen São Tomé und Príncipe verrichtet ein altes Saab-Turboprop-Flugzeug (STP Airways) seinen Dienst.
Einreise: Deutsche können mit einem noch mindestens sechs Monate gültigen Pass bis zu 15 Tage visafrei Urlaub machen.
Beste Reisezeit: Die Temperaturen schwanken ganzjährig zwischen 22 und 30 Grad Celsius (Wasser zwischen 23 und 26 Grad). Als angenehmste Reisemonate gelten Dezember bis April, dann ist es auf den Inseln besonders warm. Bei anhaltend hoher Luftfeuchtigkeit regnet es häufiger, meist aber nur kurz und heftig.
Essen: Gut und sauber essen kann man überall. Es gibt reichlich Frischwasser und auf jedem Grill frischen Fisch, viel Obst und dazu leckeres Tropenobst. Das lokale Bier braucht keinen Vergleich zu scheuen. Ein besonderer Hochgenuss: Die Schokolade pur von Kakao-Künstler Claudio Corallo. Sein Shop in der Hauptstadt ist ein Hort der Geschmacksexplosion.
Attraktionen: In São-Tomé-Stadt gibt es noch einen der ursprünglichsten afrikanischen Straßenmärkte. Eine kleine Kooperative betreibt im Zentrum einen Kunsthandwerksladen. Wer möchte, kann sich schnell, gut und aus afrikanischer Sicht als Teil eines lärmigen Spektakels von Kunstmalern porträtieren lassen.
Gesundheit: Besondere Impfungen sind nicht erforderlich, ausreichend Mückenspray ist sehr hilfreich.
Die Reise wurde unterstützt von Turismo de São Tomé e Príncipe. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
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