Ägypten: Zwischen zwei Welten im Wadi el-Gemal
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Die Wüste lebt: Wenn es mal ausgiebig regnet, können die Pflanzen im Nationalpark Wadi el-Gemal das Wasser monatelang speichern – jede auf ihre Art.
© Quelle: Manfred Bortoli
Wer sagt, dass Wüstennächte immer kalt sind? Noch um Mitternacht umschmeichelt uns Himmelserkunder im Wadi el-Gemal ein laues Lüftchen. Rücklings liegen wir auf weichen Beduinenteppichen im Sand und blicken hoch zum Sternbild Kassiopeia, in dem die Beduinen nicht ein großes W, sondern ein Kamel mit zwei Höckern erkennen.
Nirgends sieht man die Sterne so hell leuchten wie in der Wüste. Keine Straßenlampe, kein beleuchtetes Haus nimmt ihnen hier etwas von ihrer Strahlkraft.
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Abends erklären die Beduinen ihren Besuchern die Sterne, die hier besonders hell strahlen.
© Quelle: Manfred Bortoli
Von der schmalen Küstenstraße am Roten Meer führen Schotterwege über geröllige Hügel und steinige Schluchten in Schattierungen von Gelb, Braun, Grau und Rot ins Wadi el-Gemal – das Tal der Kamele.
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Ab und zu sehen wir kleine Gruppen der Tiere. Sie gehören den Ababda-Beduinen, die in verstreuten kleinen Siedlungen leben und außer den Dromedaren auch Ziegen und Schafe in weitem Umkreis weiden lassen.
Wüstenpflanzen speichern jeden Tropfen Wasser
Hier eine Tamariske, dort ein von Kamelen an der unteren Krone kahl gefressener Akazienbaum – immer wieder blitzt Grün hervor in der nur auf den ersten Blick kargen Landschaft. „Man sieht, dass es viel geregnet hat“, sagt Mohammed Gad, früher Leiter des Nationalparks und äußerst ortskundig, der uns den Weg durch das schier endlos erscheinende Wadi weist.
Die drei Regentage liegen mehr als ein halbes Jahr zurück. Doch der tonhaltige Boden lässt wenig Feuchtigkeit abfließen, und die Pflanzen in der Wüste wissen das wertvolle Gut bestens zu speichern, jede auf ihre Art.
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Die Kamele lassen sich am liebsten die jungen Blätter der Akazienbäume schmecken.
© Quelle: Manfred Bortoli
Wüstenbewohner kennen die Heilkraft der Natur
Die Beduinen wiederum wissen die Pflanzen zu nutzen. Mohammed Gad, mit kariertem Tuch um den Kopf und bodenlangem weißem Umhang, bricht einen Zweig von einem Strauch und reibt mit der Spitze über seine nicht mehr ganz intakten Schneidezähne. „Die Zahnbürste der Beduinen“, erläutert er. Der Strauch, der sogar Zahnbürstenbaum genannt wird, enthält viel Fluorid.
Die Wüstenbewohner haben noch viele andere heilende und pflegende Pflanzen über die Jahrhunderte zu nutzen gelernt. Ob Diabetes oder Bluthochdruck, Halsschmerzen oder Rheuma – gegen alles ist ihnen ein Kraut gewachsen. Beim Finden haben die Kamele geholfen: „Die suchen sich ihre Medizin bei Bedarf selbst“, erzählt Gad, „die Menschen haben sich viel davon abgeguckt.“
Bei einer Wüstenexkursion mit einem erfahrenen Führer lässt sich das Wadi el-Gemal auf ganz unterschiedliche Weise erkunden. Eine Wanderung bei Sonnenaufgang etwa lässt die mystisch anmutende Umgebung in mildem Morgenlicht strahlen und bietet weite Blicke bis zum Roten Meer. Bei einer Tour mit dem E-Mountainbike wiederum geht es auf festen Sand- und Kieswegen hügelauf, hügelab unerwartet sportlich zu.
„Hier waren schon zur Zeit der Römer die Karawanen mit Waren auf dem Weg vom Indischen Ozean zum Nil und weiter nach Europa unterwegs“, sagt Gianni Bodini.
Der von der Stille, der Vielfalt und den archäologischen Schätzen der Landschaft gleichermaßen begeisterte Südtiroler hat vom Hotel Gorgonia Beach aus, das am Rand des Nationalparks zwischen Rotem Meer und Wüste liegt, verschiedene Wanderstrecken ausgearbeitet. „Hier liegen noch tonnenweise 2.000 Jahre alte Scherben herum“, erzählt der drahtige Wanderführer. Auch Smaragd – der funkelnd grüne Edelstein – wurde zu Kleopatras Zeiten im Wadi abgebaut.
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Überhaupt die Farben! Zum Nationalpark gehört auch ein Teil des Roten Meeres, das sich gleich hinter der Wüste in vielfältigen Blau- und Grünstufen ausbreitet, am Ufer zeigt es sich zumeist durchscheinend türkis.
Unter der Oberfläche tummeln sich in spektakulären Korallenriffen Fische in allen Regenbogenfarben. Wer sich mit Schnorchel- oder Tauchausrüstung in diese ganz eigene Welt unter Wasser begibt, kann außerdem die vom Aussterben bedrohten Grünen Meeresschildkröten beobachten, wie sie behäbig durchs Seegras paddeln und zwischendurch auftauchen. Manchmal zeigen sich sogar Delfine und Dugongs, sehr scheue Seekühe.
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Die Korallenriffe sind Teil einer spektakulären Unterwasserwelt.
© Quelle: Manfred Bortoli
„Wir haben hier am Hausriff mehr als 200 Korallenarten und 104 Fischarten“, schwärmt Meeresbiologin Miriam Tercon vom Gorgonia Beach Resort. Da die italienische Betreiberfamilie auf den Ökotourismus setze, werde alles sehr sauber gehalten. Plastikmüll aus dem Meer wird hier gleich weggesammelt, im Gegensatz zu manch anderer Region in Nordafrika. „Wir finden zum Glück schon jedes Mal weniger“, sagt die Biologin. Alle Projekte am Riff werden wissenschaftlich begleitet.
Auch die Beduinen profitieren vom Ökotourismus
Auch die Beduinen lernen, dass es keine gute Idee ist, leere Wasserflaschen aus Kunststoff einfach in die Wüste zu werfen. Vom Ökotourismus profitieren auch sie, wie Johannes Girardi, Vertreter der Hotelbetreiber, erläutert: „Auf diese Weise können sie ihre Traditionen erhalten und damit Geld verdienen.“
Das Hotel investiert viel in diesem Bereich, arbeitet intensiv mit lokalen Hilfsorganisationen und den Ababda zusammen. So lernen etwa Beduinenfrauen gerade zu imkern, um die Blüten der Akazien in der Wüste und der Mangroven an der Küste für Honig zu nutzen. So können sie den Touristen bald noch mehr anbieten als handgefertigten Schmuck.
Schon jetzt führen die Beduinen gern ihre Kaffeezeremonie vor. Die noch grünen Kaffeebohnen werden dabei über einem Akazienholzfeuer geröstet, mit Ingwerstücken vermischt und im Mörser zerstoßen. Nach und nach werden kleine Tassen mit dem Aufguss gefüllt und herumgereicht.
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Die Ababda-Beduinen führen Gästen gern ihre traditionelle Kaffeezeremonie vor und laden zum Probieren ein.
© Quelle: Manfred Bortoli
Wenn sich Beduinen, einst Nomaden, in der Wüste begegnen und wie immer viel zu erzählen haben, setzen sie sich zum Kaffeeplausch oft lange zusammen – nicht selten sogar nachts unter dem hell leuchtenden Sternenhimmel. Aus den Sternbildern sind zahllose Geschichten entstanden, die wiederum gern beim Kaffeetrinken erzählt werden. Und Kassiopeia mit ihren Kamelhöckern und all die anderen Sternbilder weisen den Beduinen seit Jahrtausenden den Weg durch die Wüste.
Tipps für deine Reise nach Ägypten
Anreise: Verschiedene Fluglinien haben Direktflüge von Deutschland nach Marsa Alam im Programm, etwa von Hannover, Bremen, Hamburg, Berlin und Leipzig aus. Die Flugdauer beträgt um die fünf Stunden. Die Kleinstadt Marsa Alam liegt rund 280 Kilometer südlich von Hurghada. Vom Flughafen geht es mit einem Hotelshuttle weiter. Zum Wadi el-Gemal sind es noch 115 Kilometer, die Fahrt dauert etwa eineinhalb Stunden.
Unterkunft: Am Rand des Nationalparks Wadi el-Gemal und direkt am Roten Meer befindet sich das nach Landeskategorie mit fünf Sternen klassifizierte Hotel Gorgonia Beach. Pauschalreisen dorthin bieten etwa FTI und Tui an. Eine Woche im Doppelzimmer inklusive Flug kostet mit Mahlzeiten ab 500 Euro pro Person. Über ein eigenes Korallenriff verfügen auch andere Hotels in der Region, allerdings sind diese häufig kleiner. Wer auf mehr Trubel aus ist, sollte sich eine Unterkunft in Stadtnähe suchen.
Reisezeit:Ägypten ist ein Ganzjahresreiseziel. Im Winter sind die Tage allerdings kurz, und insbesondere im Januar kann es an der Küste häufiger als sonst ziemlich windig sein. Bei Schnorchlern und Tauchern beliebt sind die Sommermonate. Dann lässt es sich im etwa 28 Grad warmen Meer sehr gut lange ohne Neoprenanzug aushalten. Das geht auch noch im Frühherbst, wenn es draußen nicht mehr so heiß ist.
Sicherheit: Nach drastischen Besucherrückgängen wegen Terroranschlägen in den Vorjahren zählte Ägypten 2018 sogar zu den zehn beliebtesten Auslandsreisezielen der Deutschen. Die von großen Städten, dem Nil und den Pyramiden weit entfernte Region um Marsa Alam war nie Ziel von Anschlägen. Die Polizei- und Militärpräsenz in Ägypten ist aufgrund der Herrschaft eines autoritären, menschenrechtsverletzenden Regimes überall hoch, die allgemeine Kriminalität ist dementsprechend auch vergleichsweise gering.
Die Reise wurde unterstützt vom Gorgonia Beach Resort. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.
Reisereporter