Erklärt: Was ist eigentlich gerade bei der Lufthansa los?
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Die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa ist derzeit ein viel diskutiertes Thema. (Symbolbild)
© Quelle: imago images/MiS
Wer aktuell die Zeitung aufschlägt, auf Social Media unterwegs ist oder im Internet surft, der kommt nicht an der Lufthansa vorbei. Beinahe täglich gibt es neue Berichte über die deutsche Fluggesellschaft. Es ist die Rede von Aktien, Stellenabbau und einem Milliarden-Rettungspaket, das zu scheitern droht.
Es wird von einer Rückholgarantie für Urlauber gesprochen, von Corona-Tests am Flughafen und dem Ausbau des Lufthansa-Flugplans. Und weil sich dabei oft Wirtschaft mit Reise-Nachrichten vermischt, kommt man schnell durcheinander. Deshalb bringt der reisereporter Licht ins Dunkel und beantwortet die wichtigsten Fragen von Reisenden im Überblick.
Lufthansa-Streit: Worum geht es eigentlich genau?
Das Coronavirus hat die gesamte Reisebranche hart getroffen. Auch die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa kämpft seit Beginn der Pandemie mit enormen Verlusten. Zeitweise sind die Passagierzahlen der Airline um ganze 99 Prozent eingebrochen, die meisten Flieger blieben über Wochen am Boden.
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Mittlerweile nimmt die Lufthansa zwar viele Linienflüge wieder auf und geht damit die ersten Schritte zurück zur Normalität. Alles gut also? Nein, im Gegenteil: Die Fluggesellschaft steckt in einer historischen Krise.
Und eigentlich bekommt sie dabei Unterstützung von der Bundesregierung in Form eines milliardenschweren Rettungspaketes. Allerdings steht genau das gerade auf der Kippe. Denn Hauptaktionär Heinz Hermann Thiele ist mit den Bedingungen des Staatskredits nicht ganz einverstanden. Unter anderem hat die Airline sich dazu verpflichtet, 24 Start- und Landerrechte an den Airports in München und Frankfurt an die Konkurrenz abzugeben.
Und genau das ist der Knackpunkt, der aktuell vielfach in den Medien aufgegriffen wird: Politiker und Geschäftsleute diskutieren über das Rettungspaket.
Was bedeutet die Lufthansa-Krise für Reisende?
Nun ist die Diskussion um den Staatskredit für Reisende erst mal nicht wirklich spürbar: Die Airline baut den Flugplan aus und bietet Passagieren durch die Rückholgarantie sogar mehr Sicherheit während der Pandemie. Allerdings gibt es auch Nebenwirkungen der Finanznot.
So warten noch etliche Kunden der Lufthansa auf die Rückerstattung von Reisekosten für coronabedingte Stornierungen. Zwar hat Geschäftsführer Carsten Spohr die Verzögerung mit dem erheblichen Mehraufwand und Personalmangel begründet, aber ein Zusammenhang mit den roten Zahlen des Unternehmens ist nicht unwahrscheinlich.
Lufthansa-Tochter SunExpress stellt Flugbetrieb in Deutschland ein
Aber nicht nur die Lufthansa selbst wankt gerade, sondern auch die Tochter-Airlines. So hat der deutsche Ferienflieger SunExpress jüngst verkündet, den Flugbetrieb in Deutschland einzustellen. Der Grund: Wegen der Corona-Krise will die Fluggesellschaft den Betrieb auf die Türkei konzentrieren. Aber auch hier wird versucht, die Passagiere so wenig wie möglich damit zu belasten: Bereits geplante Flüge werden nach Möglichkeit von der Schwester-Airline Eurowings oder der türkischen SunExpress durchgeführt.
Zukunft der Lufthansa: Welche Szenarien sind möglich?
Ob die Schieflage der Lufthansa aber auch weiterhin nicht zum Problem der Passagiere wird, hängt von mehreren Faktoren ab. Wichtigster Ausgangspunkt aktuell ist die Hauptversammlung des Unternehmens am Donnerstag, 25. Juni. Dann sollen die Aktionäre über das Rettungspaket der Bundesregierung abstimmen. Ob dabei am Ende ein positives Signal herauskommt, darüber herrscht große Unsicherheit in der Branche.
Sollten sich die Aktionäre nun endgütig für die Staatsbeteiligung entscheiden, so ändert sich laut Tourismusforscher Jürgen Schmude nicht wirklich viel für Passagiere: „Das wenige, was sich ändern könnte, hängt unter anderem davon ab, wie hoch die Staatsbeteiligung ausfällt, Stichwort: Sperrminorität“, sagt er im Gespräch mit dem reisereporter.
Die sogenannte Sperrminorität bedeutet, dass die Regierung ab einer Beteiligung von 25 Prozent bestimmte strategische Entscheidungen des Unternehmens verhindern kann. Bislang hat die Regierung sich aber bewusst auf eine etwas geringere Beteiligung verständigt.
Wie die Corona-Pandemie sich auf den Flugverkehr auswirkt
Aber selbst wenn die Regierung irgendwann mehr als 25 Prozent der Lufthansa besitzen würde, wären die Auswirkungen auf Passagiere gering. Schmude lenkt die Aufmerksamkeit eher auf ein anderes Thema: „Unabhängig davon haben die aktuellen Corona-Rahmenbedingungen einen wesentlich größeren Einfluss auf Preise, Strecken, Auslastung und Zahl der eingesetzten Flugzeuge.“
Dabei darf das Milliarden-Rettungspaket aber auch nicht als Wunderlösung gesehen werden, denn auch mit der Hilfe der Regierung muss die Airline wieder auf die Beine kommen. Sollte sie das nicht schaffen, droht ihr vielleicht ein ähnliches Schicksal wie der italienischen Fluggesellschaft Alitalia. Sie wird seit Jahren von der Regierung unterstützt und kommt doch nicht aus den roten Zahlen.
Insolvenz als Alternative zum Rettungspaket der Bundesregierung
Ein deutlich dramatischeres Szenario wäre durch die Absegnung des Rettunspaketes allerdings erst mal vom Tisch: das Schutzschirmverfahren. Das ist im Endeffekt nichts Geringeres als eine Insolvenz, bei der die Sanierung des Unternehmens im Mittelpunkt steht. Ein entsprechendes Verfahren bereitet die Lufthansa bereits vor, sollte die Abstimmung negativ ausfallen.
Die Insolvenz von Deutschlands Vorzeige-Airline würde nicht nur dem Image der deutschen Reisebranche weltweit schaden, sondern könnte sich auch auf Passagiere auswirken. In einem Mitarbeiterbrief schrieb Geschäftsführer Spohr dazu, man tue alles, um ein Grounding zu verhindern.
Allerdings ist zu erwarten, dass in dem Fall Kunden noch länger auf ihre Rückerstattung warten müssen und Gutscheine schwieriger eingelöst werden können. Durch den Sparkurs würden auch etliche Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Es wäre also ein ähnliches Szenario denkbar wie bei der Pleite des Ferienfliegers Thomas Cook.
Einen entscheidenden Unterschied gibt es aber: Die Lufthansa will weiterhin abheben, um jeden Preis.
Reisereporter