Kiwi calling: Eine Campingtour durch Neuseeland
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Jane und Julia haben einen Ersatz für Plastikflamingo Heinz gefunden: einen Campingwachhund.
© Quelle: Menzel
Zweieinhalb Stunden bis Mallorca, vier bis Marokko, zwölf bis nach Indien: Je weiter, desto anders – dachten wir. Bis wir nach knapp 24 Flugstunden – Landwege, Umsteige- und Wartezeiten exklusive – in Neuseeland landeten.
Der Campingtrip am anderen Ende der Welt war nach Peru, der Kreuzfahrt nach Sankt Petersburg und Rumänien die vierte von fünf Reisen, die wir beim großen „reisereporter 2018“-Voting gewonnen hatten – und die weiteste.
Der Roadtrip nach Marlborough startet in Christchurch
Wir starten in Christchurch, dem Drehkreuz der Südinsel im mittleren Osten. Von Exotik keine Spur. Auf saftig grünen Weidelandschaften stehen Kühe statt Kiwis, dahinter Alpenpanorama mit Zuckerspitzen – ein Ausblick, den man im Frühling von jedem Münchner Biergarten aus genießt.
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Christchurch Downtown selbst gleicht einer funkelnagelneuen Einkaufspassage, die nicht rechtzeitig fertig und trotzdem eröffnet wurde – was insofern die traurige Wahrheit ist, als dass 2011 ein Erdbeben die einst so zauberhafte Gartenstadt dem Erdboden gleichmachte. Seitdem wird fleißig geräumt und gemauert, geschweißt und gestrichen. Es geht voran – wenn auch langsam.
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Nach einem verheerenden Erdbeben vor sieben Jahren befindet sich Christchurch noch immer im Aufbau.
© Quelle: Maria Menzel
Die wenigsten aber kommen vermutlich wegen Christchurch nach Neuseeland. Die meisten kommen der Natur wegen in das Fünf-Millionen-Einwohner-Land – wie wir. Und obwohl das Campen nicht gerade unsere Lieblingsdisziplin unter den Arten des Reisens ist, ist es eben die beste, um das Naturparadies zu erkunden.
Wir beziehen also unseren TUI-Camper – gut sieben Meter lang, gut drei Meter hoch, Doppelbett, Küchenzeile, Bad mit Dusche und einem Klo, das Segen und Fluch zugleich ist, weil man eben immer eins dabei hat, weil man es aber auch selbst ausleeren muss.
Aber zurück zu den schönen Dingen: der Natur. Wir fahren an den Kühen vorbei gen Norden. Unser Ziel: Marlborough. Und je näher wir dem District kommen, desto bergiger, grüner, desto exotischer wird es.
Im Hafenstädtchen Picton, dem Tor zur Nordinsel, schnüren wir unsere Wandersneakers und lustwandeln auf dem Peninsula Track ein Stückchen in die Marlborough Sounds hinein – ein Geflecht aus vom Pazifik gefluteten Flusstälern, um die sich die wildesten Sagen von besiegten Kraken und ertrunkenen, zu Stein gewordenen Göttern ranken. Gelb blühen die Lupinen, wild blüht die Fantasie. Es ist Frühling in Neuseeland.
Drei Autostunden nordwestlich, im Abel-Tasman-Nationalpark, wird der Wald schließlich zum Dschungel, die Bucht zum Karibikstrand. Wäre es nicht so stürmisch, würde man die knapp 30 Grad Celsius auch spüren, die die Sonne hier durch die glasklare Luft auf die Erde schickt.
Per Wassertaxi lassen wir uns in das Naturschutzgebiet fahren und spätestens, als wir auf der Rücktour im Kajak Seehunde in der zerklüfteten Küstenlandschaft entdecken und unser Guide nicht weiß, wer oder was Abba ist, liegen sowohl Europa als auch die bayerische Weidelandidylle nicht mehr nur geografisch mehr als 18.000 Kilometer entfernt.
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Der Abel-Tasman-Nationalpark in Neuseeland ist für seine zahlreichen kleinen Buchten bekannt. Jane und Julia erkunden sie…
© Quelle: Maria Menzel
Auf die Spitze treibt es die Bilderbuchästhetik schließlich rund um die Golden Bay am nördlichsten Punkt der Südinsel: am Cape Farewell. Hier grast eine Abordnung der knapp 30 Millionen neuseeländischen Schafe und Lämmer in einem saftig grünen Paradies, das das Land sein muss, in dem Milch und Honig fließen – und das von einem Meter auf den anderen ohne Vorwarnung in eine gigantische weiße Sandwüste mit nicht weniger gigantischen vorgelagerten Felsinsel übergeht: Wharariki Beach.
Und am Abend sind wir nicht sicher, ob wir trunken sind von der Schönheit der Landschaft, die wir in uns aufgesogen haben, oder tatsächlich vom herrlich kühlen Weißwein – vom Sauvignon blanc und vom Pinot gris, für die der Norden der Südinsel so bekannt ist.
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Gute Laune bei der Wein-Verkostung auf Neuseeland.
© Quelle: Menzel
Weinstöcke rechts der Straße, Weinstöcke links der Straße, Weinstöcke, so weit das Auge reicht. Eine Region, in der Menschen aus Japan und Deutschland und sogar Frankreich siedeln, um die fruchtigen Perlen anzubauen – „weil das Wetter hier so wunderbar sonnig und trocken ist“, sagt Howard Simmonds.
In Marlborough genießen Jane und Julia Weißwein
Er ist ein echter Kiwi von der Nordinsel, der gemeinsam mit seiner Frau Julie seit 14 Jahren auf seinem „Gibson Bridge Vineyard“ in Renwick Pinot gris anbaut – so liebevoll und pedantisch und auf Linie gezogen, dass es jede deutsche Ordnungsliebe in den hier nicht vorhandenen Schatten stellt.
Zwei Flaschen Weißwein und einen malerischen Sonnenuntergang später stehen wir schlagartig senkrecht in der Multifunktionssofaecke unseres Reisemobils, als ein schriller Ruf über das Weingut hallt: der Ruf des Kiwis – wie ein zu hoch angesetzter Kreischtriller. Exotik pur – darauf hatten wir gewartet. Schade, dass sich dieser schräge Vogel nur in der Dunkelheit zu erkennen gibt.
Neuseeland: Wo sind denn die Kiwis?!
Suchmaschinen und der Tatsache, dass WLAN in Neuseeland nicht nur auf jedem Campingplatz vorhanden, sondern besser als in jedem Kieler Kaffeehaus ist, sei Dank, haben wir schnell ein Bild gefunden. Fakt ist: Eine besondere Schönheit ist der flugunfähige Kiwi nicht, gleicht eher einem humpelnden Huhn.
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Kiwis?! Julia war ganz aufgeregt! Die wollte sie unbedingt sehen. Leider kamen die neuseeländischen Nationalvögel den beiden aber nur als Straßenschilder vor die Linse.
© Quelle: Menzel
Dass die Neuseeländer ihn dennoch nicht nur zu ihrem Wappentier erkoren haben, sondern sich selbst stolz Kiwis nennen, erwärmt unsere Herzen noch ein bisschen mehr in dieser kalten Frühlingsnacht – für all die schrägen Vögel hier, für Neuseeland.
Reisereporter