Dürre in Europa: Was heißt das für den Sommerurlaub?
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Boote liegen im April 2023 im spanischen Sau-Stausee auf dem Trockenen.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
In Italien wurde so mancher Brunnen abgestellt, in Spanien wurde das Trinkwasser rationiert, vielerorts wüteten Waldbrände: 2022 erlebten viele Urlaubsländer an Mittelmeer und Atlantik einen Extremsommer. Dass sich die Lage in diesem Jahr verbessert, ist unwahrscheinlich, ganz im Gegenteil.
Bereits im Frühling sind die Pegelstände von Flüssen und Stauseen vielerorts dramatisch niedrig. Welche Urlaubsländer sind betroffen? Und mit welchen Maßnahmen müssen Reisende dort jetzt und im Sommer rechnen? Ein Überblick.
Spanien
Spanien ächzt unter der ersten Hitzewelle des Jahres. Der Wetterdienst Aemet rechnet mit den heißesten Apriltagen in Spanien seit 1950. Besonders betroffen ist Andalusien an der Südküste, hier zeigte das Thermometer bis zu 36 Grad an. Regen gibt es kaum, das Urlaubsland leidet das dritte Jahr in Folge unter Dürre.
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Das führt auch bereits zu Einschränkungen in puncto Wasserverbrauch, beispielsweise in mehr als 200 Gemeinden Kataloniens. Dort sind die Stauseen durchschnittlich nur noch zu 26 Prozent gefüllt, vor einem Jahr waren es noch 58 Prozent.
Besonders dramatisch ist die Lage an der Talsperre Sau, die den Großraum Barcelona versorgt. Darin steht die Kirche Sant Romà, die mit dem Bau der Talsperre vor rund 50 Jahren überflutet wurde. Bei normalen Pegelständen schaut nur die Sitze des Glockenturms aus dem Wasser. Doch aktuell ist die Talsperre nur noch zu 10 Prozent gefüllt, die Kirche steht komplett auf dem Trockenen.
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Die Kirche Sant Romà de Sau ist komplett trockengelegt. Bei normalem Pegelstand des Sau-Reservoirs schaut nur die Turmspitze aus dem Wasser.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
Eine Folge der Wassersparmaßnahmen, die Urlauberinnen und Urlauber in der Regionshauptstadt Barcelona spüren dürften: Dort ist pro Strand nur eine Dusche in Betrieb. Außerdem ist das Bewässern öffentlicher und privater Grünflächen verboten, ebenso die Straßenreinigung mit Trinkwasser.
Müssen sich Reisende Sorgen machen, dass auch in Hotels bald Duschen aus oder die Pools leer bleiben? Stand jetzt: Nein. Pläne, das Auffüllen von Pools in Hotels und in Schwimmbädern zu verbieten, wurden in Katalonien jüngst ad acta gelegt. Spüren dürften Reisende die Auswirkungen dennoch – so haben beispielsweise einige Unterkünfte mit Sparduschköpfen den Wasserdruck verringert.
Italien
2022 kämpfte Italien mit der schlimmsten Dürre seit 70 Jahren. Dass sich die Situation 2023 verbessert, ist unwahrscheinlich, die Trockenheit macht dem Land noch frühzeitiger Probleme als im vergangenen Jahr. So sind beispielsweise die Pegelstände auf Italiens längstem Fluss Po, der Turin mit Venedig verbindet, bereits jetzt so niedrig wie im Sommer 2022. Und das könnte bald dramatische Folgen haben: Giuliano Landini, Kapitän des Kreuzfahrtschiffes „Stradivari“, rechnet damit, alle Buchungen für die Po-Kreuzfahrten stornieren zu müssen.
Spätestens im Sommer könnten die Auswirkungen in vielen Regionen Italiens deutlich spürbar sein. In der Hauptsaison war in den Regionen Emilia-Romagna, Friaul-Julisch Venetien, Lombardei, Piemont und Venetien der Dürrenotstand ausgerufen worden. Der Zugang zu Trinkwasser wurde beschränkt. Zudem war es verboten, Gärten zu bewässern, Autos zu waschen oder Schwimmbäder und Pools aufzufüllen. Bei Verstößen waren mehrere Hundert Euro fällig.
Wie sieht es aktuell am Gardasee aus? Vor einigen Wochen hatten Bilder für Aufsehen gesorgt, die zeigten, wie Menschen zu Fuß zur Isola dei Conigli bei Sirmione laufen. Seit diesem Vorfall berichten viele Medien über rekordverdächtig niedrige Pegelstände am See. Eine Fehlinterpretation der Daten, sagt Oskar Schwazer, Geschäftsführer der Tourismusorganisation Garda Trentino.
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Im März 2023 konnten Menschen zu Fuß durch einen Teil des Gardasees zur Insel Isola dei Conigli laufen.
© Quelle: imago images/ZUMA Wire
„Aktuell liegt das Volumen des Sees bei 49,5 Milliarden Kubikmetern Wasser, das ist nur knapp ein Prozent an Volumen weniger als im Durchschnitt der Jahre zuvor.“ Grund dafür seien zwei Winter mit relativ wenigen Niederschlägen. Die Situation sei bei Weitem „nicht kritisch“, sagt Cristina Santi, Bürgermeisterin von Riva del Garda. Die Dürre habe derzeit keine Folgen für den Tourismus: Die Fähren des Netzwerkes Navigarda fahren, und es gebe keinerlei Beschränkungen beim Badebetrieb oder beim Wassersport. Auch sind keine Wassersparmaßnahmen für Hotels definiert worden.
Die Isola dei Conigli ist inzwischen auch nicht mehr zu Fuß erreichbar, so Schwazer. Das Phänomen sei bereits häufiger vorgekommen, der See sei an dieser Stelle durchschnittlich einen halben Meter tief. Wenn der Pegelstand des Sees insgesamt etwas niedriger sei, dann ziehe er sich an einigen Ecken zurück. Auf die großen Strände beispielsweise an der nördlichen Seite oder in der Lombardei habe die Situation keine Auswirkungen.
Auf seiner Website informiert Garda Trentino über den aktuellen Zustand des Sees und mögliche Folgen für den Urlaub.
Frankreich
Vor allem der Süden Frankreichs kämpft mit anhaltender Trockenheit. So wenig Regen und Schnee wie in diesem Winter ist in dem Land seit 1959 nicht gefallen, berichtet der französische Wetterdienst Météo France.
Infolge der Wasserknappheit ist in einigen französischen Regionen das Autowaschen, das Befüllen von Swimmingpools oder auch das Wässern von Gärten oder Sportanlagen jetzt schon verboten. So früh wie in diesem Jahr war die Maßnahme noch nie verhängt worden. Präsident Emmanuel Macron hat zum Wassersparen aufgerufen, damit genügend Reserven für den Sommer verblieben.
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Der Lac de Serre-Poncon im französischen Département Haute-Alpes liegt Frankreichs größter Stausee. Im Sommer 2022 kam es zu einem historischen Tiefstand.
© Quelle: imago images/Christian Ditsch
Im vergangenen Jahr litt Frankreich nicht nur unter Dürre. Auch verheerende Waldbrände richteten massiven Schaden an, etliche Orte mussten evakuiert werden. In diesem Sommer veröffentlicht Météo France eine Karte, auf der die Waldbrandgefahr der einzelnen Departements verzeichnet ist. Zwischen Juni und Ende September soll die Karte täglich aktualisiert werden.
Dürre oder Waldbrände: Kann der Urlaub storniert werden?
Grundsätzlich kannst du einen Pauschalurlaub jederzeit stornieren, es fallen dann aber Stornokosten an. Anders kann es aussehen, wenn Naturkatastrophen – wie Erdbeben, Brände oder Dürren – das Reiseziel treffen.
Dann handelt es sich nach dem Reiserecht um außergewöhnliche Umstände. In diesen Fällen kann es möglich sein, den Urlaub kostenlos stornieren zu können. Wichtig ist aber, genau hinzuschauen: „Die Voraussetzung ist, dass die Reise durch außergewöhnliche Umstände tatsächlich konkret beeinträchtigt ist“, so Karolina Wojtal, Juristin und Projektleiterin beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.
Ein Beispiel: Deine Pauschalreise steht kurz bevor, doch am Ziel ist ein Waldbrand ausgebrochen und du kannst deinen Urlaubsort daher gar nicht mehr erreichen. Dann kannst du den Urlaub kostenlos absagen. Wenn sich das Feuer erst entwickelt, wenn du bereits vor Ort bist, kannst du den Reisevertrag kündigen und auf Kosten des Veranstalters umgehend nach Hause reisen. Die nicht genutzten Reiseleistungen werden erstattet.
Wenn du dich aber nur unwohl fühlst in Bezug auf das Reiseziel, hast du schlechte Karten: Die reine Angst vor Naturkatastrophen wie Bränden oder die Sorge, den Urlaub nicht wie geplant genießen zu können, sind keine Stornogründe, sagte Reiserechtsanwalt Paul Degott dem reisereporter.
Wenn du deinen Urlaub individuell gebucht hast, sieht es ein wenig anders aus. Ob du die Kosten für Flug, Mietwagen oder Unterkunft erstattet bekommst, hängt dann von den Regelungen des Reiselandes, der Kulanz des Vermieters oder den AGB der Airline beziehungsweise der Mietwagenfirma ab.
Kein Wasser im Hotelpool: Gibt es Geld zurück?
Ob und welche Einschränkungen aufgrund der Wasserknappheit in den Urlaubsländern im Sommer auftreten werden, steht noch nicht überall fest. Denkbar wäre aber, dass der Hotelpool leer bleibt oder wegen der Dürre verschiedene Aktivitäten ausfallen. Bei einem Pauschalurlaub hast du dann das Recht, eine Reisepreisminderung geltend zu machen.
Am besten wendest du dich direkt im Urlaub an die Reiseleitung und machst eine Mängelanzeige. Dafür solltest du beispielsweise den leeren Pool fotografieren und die Ansprüche nach der Rückkehr beim Reiseveranstalter geltend machen.
Reisereporter