Ayurveda im Selbstversuch: Reisen, die gesund machen
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Im Ayurvedazentrum vom Natitika Resort
© Quelle: Christina Mänz
Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin nicht krank. Ich bin auch nicht der Typ für Stuhlkreise oder Kalendersprüche. Worte wie Entschleunigung und Achtsamkeit machen mich aggressiv. Und ich trinke gern Kaffee, viel und schwarz. Und trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – bin ich begeistert von Ayurveda. Das nehme ich gleich vorweg.
„Wirklich? Kein Alkohol, keine Zigaretten, nur vegetarisches Essen, noch nicht einmal Lakritzschnecken? Du? Und was? Zurückschalten, keine großen Exkursionen? Ausgerechnet du?“ Mein Umfeld reagierte belustigt bis mitleidig irritiert, als ich vor zwei Jahren meine erste Ayurveda-Panchakarma-Reinigungskur in einem Resort im feuchtheißen Kerala (Südindien) buchte.
Die Vorstellungen lagen irgendwo zwischen Entzug und Langeweile. Als ich 16 Tage später sechs Kilo und zahllose unnütze Gedanken leichter, mit engelsgleich geklärten Gesichtszügen – also rundum erleichtert und im Gleichgewicht – zurückkehrte, da war sämtliche Skepsis verflogen.
Ich hatte zum ersten Mal auf Reisen nicht nur meinen Horizont erweitert, sondern auch in mein Innerstes geschaut. Andere fasten, umarmen Bäume, gehen ins Kloster oder wandern sich auf dem Jakobsweg die Füße wund. Ich hatte mich auf die jahrtausendealte indische Medizinwissenschaft und Lebensphilosophie Ayurveda eingelassen. Aus purer Neugierde.
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Pulsdiagnose zur Ermittlung der Gesamtkörperkonstitution
© Quelle: Christina Mänz
Eine komplexe und doch individuelle Angelegenheit: Indische Ayurveda-Ärzte informierten sich und mich per Pulsdiagnose über meine Gesamtkonstitution und Tagesform. Zwei Therapeutinnen behandelten mich täglich über Stunden mit unterschiedlichsten Ölmassagen, Peelings und anderen Reinigungsanwendungen.
Ich ging zum Morgenyoga und zur noch früheren Meditation. Alles anstrengend, manchmal nervig – aber wohltuend zugleich. Ich aß regelmäßig und nichts zwischendurch und in der Tat nur vegetarisch, nur Gekochtes, fein Gewürztes.
Ich trank Tees und warmes Korianderwasser und nahm begleitend die verabreichte ayurvedische Medizin. Ich rannte den halben Tag lang ungeschminkt und ölverschmiert im unkleidsamen Behandlungskittel übers Gelände. Alles ungewohnt, ziemlich befremdlich – und doch angenehm.
Ich atmete tief und schlief durch. Ich hielt die Füße still und die Gedanken an – und verabschiedete mich von Plänen, unbedingt sofort auf Entdeckungstour außerhalb der Resortmauern gehen zu müssen. Ich schaute also ins Buch oder dem manikürten Gras beim Wachsen zu. Ich lag auf dem Daybed und in der Hängematte. Ich saß im Schatten und dann auch einen halben Tag lang auf dem Klo.
Nicht leicht. Aber ebenso wirksam wie heilsam. Ohne Neben-, nur mit angenehmen Nachwirkungen.
Ayurveda, die zweite: Auszeit in Sri Lanka
Deshalb war 2018 die Zeit reif für eine neue Ayurveda-Erfahrung. Diesmal auf Sri Lanka, wo die traditionelle Heilkunst ebenfalls beheimatet ist. Diesmal war keine Zeit für eine ernsthafte Panchakarma-Kur, für die man mindestens zwei Wochen einplanen muss.
Sechs Tage Ayurveda mussten reichen. Sechs Tage Gutes tun – nur für mich. Sechs Tage mit Synchronmassagen und Milchreisstempeln. Mit Stirngüssen und Dampfbädern. Mit regelmäßigen vegetarischen Mahlzeiten und Kräutertee. Mit viel Ruhe und wilden Träumen. Mit ölverschmierten Haaren und weicher Babyhaut.
Ohne Kopfschmerzen, ohne Hungergefühl, letztlich ohne Zipperlein. Und mit guter Laune und der Erkenntnis, dass ich es beim Yoga ohne zu maulen oder umzufallen in den Kopfstand schaffen könnte, wenn ich denn nur etwas trainieren würde…
Mein Fazit: Ayurveda hat diesmal anders, aber trotzdem Wirkung gezeigt. Wieder bin ich – auf allen Ebenen – erleichtert zurückgekehrt. Wieder hallt die Reise nach. Kurzfristig trinke ich noch warmes Wasser, mittelfristig habe ich aber schon längst die nächste Ayurveda-Kur angepeilt.
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Gesund und lecker: Klassisches Ayurveda-Mittagessen auf Sri Lanka
© Quelle: Christina Mänz
Tipps für die Ayurveda-Reise
• Du solltest dich, wenn du Ayurveda machen möchtest, unbedingt vorher mit dem Thema auseinandersetzen, zumindest in Grundzügen. Es gibt sehr viel Literatur (ist ja eine Wissenschaft) – auch recht verständliche.
• Das Angebot von Ayurveda-Reisen wird immer größer, aber nicht jedes Resort ist zu empfehlen. Gleichzeitig ist Ayurveda eine sehr individuelle Angelegenheit. Was für deine Freundin toll ist, muss nicht unbedingt das Richtige für dich sein. Deshalb ist es wichtig, dass du dich persönlich von Spezialisten auf diesem Gebiet beraten lässt. Habe ich auch gemacht bei Enjoy Ayurveda.
• Ich habe mich für Ayurveda in Indien und Sri Lanka entschieden, weil Ayurveda dort am authentischsten angewandt wird. Außerdem ist das feucht-heiße Klima dienlich. Zudem bist du weit ab vom Schuss, in einer anderen, zauberhaften Welt und viel zugänglicher für Fremdes und Neues. Und: Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bedeutend besser als bei Behandlungen in Europa.
• Ayurveda ist zur Vorbeugung, zum Wohlfühlen, auch zum Behandeln von Krankheiten: Wer mit einem bestimmten medizinischen Anliegen kommt, sollte ruhig Unterlagen wie Blutwerte mitnehmen. Ansonsten reicht es schon, für sich bei Beginn ein klares Ziel wie „Ich möchte mich bei der Abreise besser als bei der Ankunft fühlen“ zu definieren.
• Ayurveda ist eine sehr sinnliche Angelegenheit. Deshalb ist es für Bedenkenträger wie mich essenziell, sich einfach mal einzulassen und die berüchtigten fünfe gerade sein zu lassen.
• Trotzdem muss man nicht alles mitmachen, darf auch „Stopp“ rufen und sollte bei Unklarheiten lieber einmal mehr nachfragen.
• Ayurveda-Ernährung ist sehr lecker: Das frische Obst und Gemüse, die Vielzahl von unbekannten Kräutern und Gewürzen… Meist gibt es in den Resorts auch Kochvorführungen und Rezepte fürs Nachkochen daheim. Unbedingt anschauen, mitmachen, mitnehmen.
• Wer sich auf den Weg macht: Alle Alltagsthemen (wie die Steuererklärung) für eine Zeit lang ausblenden.
• Was unbedingt ins Reisegepäck gehört: Wenig, dafür leichte Kleidung (die auch mal einen Ölfleck aushält), viel Lesestoff, Conditioner und eine Hornhautraspel. Believe me…
Reisereporter