Frankreich: Stadt der Liebe? Paris ist ein Moloch!
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In einer Straße, die zum Arc de Triomphe führt, hat ein Obdachloser sein Quartier aufgeschlagen.
© Quelle: Weiß
Um es vorwegzunehmen, ich liebe Paris und bin in meinem Leben recht häufig dort gewesen. Alle zwei, drei Jahre zieht es mich einfach hin. Aber dass Paris die Stadt der Liebe sein soll, erschließt sich mir bis heute nicht.
Mehr Menschen auf weniger Platz als in New York
Im Zentrum von Frankreichs Hauptstadt leben mehr als zwei Millionen Menschen auf etwas mehr als 100 Quadratkilometern. Die Region umfasst 17.000 Quadratkilometer mit mehr als zwölf Millionen Menschen. 20.000 Einwohner kommen auf den Quadratkilometer. Zum Vergleich: In New York sind es nur gut 10.000. Grünflächen? Wenige. Mietpreise? Selbst für kleinste Wohnungen hoch, wirklich hoch. Aber gut, da könnte man als Tourist ja drüber hinwegschauen.
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Gedränge auf der Avenue des Champs-Élysées.
© Quelle: Imago/Giovannini
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Paris: Viel Elend auf den Straßen
In Paris fallen reichlich Menschen durchs Raster. Selbst auf den schönsten Straßen liegen und leben Obdachlose. Mehr, als man es aus anderen Metropolen kennt.
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Ein Obdachloser hat sein Quartier vor einem Haus aufgeschlagen, im Hintergrund ist der Arc de Triomphe, eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten von Paris.
© Quelle: Paris
Zu den Obdachlosen gesellen sich leider viele Menschen, die quasi einfach so an der Straßenecke oder in Häusereingängen stehen. Natürlich machen sie das nicht einfach so – sie verkaufen Drogen oder sind Prostituierte. Und das zeigen sie ganz offen.
Während reiche Pariser auf der edlen und trotzdem heruntergekommen ausschauenden Shoppingmeile Rue du Faubourg Saint-Honoré ihr Chanel-Täschchen ausführen, warten in der Nebengasse Frauen auf ihre Freier.
Kommt da wirklich Romantik auf?
Paris: Überall Baustellen und Polizisten
Ein bisschen kitschig wird es sicher am Ufer der Seine, auch die Tuilerien-Gärten mit den grünen Stühlen sind wundervoll zum Durchatmen. Die Place de la Concorde auf der einen Seite war während der Französischen Revolution Standort der Guillotine – wo mehr als 1.000 Menschen hingerichtet wurden, können Schmetterlinge im Bauch kaum auftauchen.
Und am Louvre drängen sich Touristen aus der ganzen Welt. Dass man auf die „Mona Lisa“ eher nur durch fremde Handys, die hochgehalten werden, schauen kann, ist inzwischen weitläufig bekannt.
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Menschen versuchen im Louvre Fotos von der Mona Lisa zu machen.
© Quelle: imago/Aton Chile
Die Champs-Élysées? Da reihen sich McDonald’s, H&M, Zara und Baustellen aneinander. Gleichzeitig patrouilliert massiv die Polizei auf allen Straßen.
Der Ausnahmezustand nach den Terroranschlägen ist zwar beendet worden, allerdings, indem die Regelungen in nationales Recht umgewandelt wurden.
Laut dem neuen Sicherheitsgesetzt dürfen Personen jederzeit und überall kontrolliert werden. An Eingängen, selbst zu Shoppingmalls, stehen Sicherheitskräfte. Maschinenpistolen gehören leider ins Stadtbild. Ist das romantisch?
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Ein Polizist mit Maschinenpistole steht in Paris auf der Straße. Ein leider recht häufiger Anblick.
© Quelle: imago/Xinhua
Gedränge und Anstehen im Marais
Wer jetzt glaubt, er könnte im jüdischen Viertel zwischen kleinen Boutiquen durch die engen Gassen schlendern und ein ganz intimes Paris erleben, der irrt leider zumeist auch. Der Marais ist teilweise so überlaufen, dass man kaum vorwärts kommt.
Um in den hippen Restaurants etwas zu essen, muss man in der Regel anstehen. Und weil die Inhaber wissen, dass sich geradezu ein Kult aufbaut, je länger die Schlange vor der Tür ist, nehmen sie oftmals keine Reservierungen entgegen.
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Vor dem Imbiss „Miznon“ im Marais stehen Menschen an, um einen Tisch zu bekommen.
© Quelle: Weiß
Solide Küche oder sauteuer
Bleibt die Haute Cuisine für ein romantisches Dinner. Aber nur, wenn man Bock hat, richtig Geld auszugeben: In den Brasserien ist die Küche eher schlicht und solide. Die Preise: oft happig.
Und da ist diese Eigenart der preislichen Abstufung in Paris – Bar, Innenraum und Terrasse. Aber wer will im Liebesurlaub an der Bar stehen, um etwas weniger für Kaffee oder Wein zu zahlen?
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Ein Croque Monsieur ist typisch französisch – aber halt auch nur Toastbrot mit Kochschinken und Käse überbacken.
© Quelle: Weiß
Lasst den Eyeliner und Streifenshirts daheim
Zahlt man halt den ein oder anderen Euro mehr und geht richtig chic gemacht aus. Gestreiftes Langarmshirt mit Eiffelturm, Kussmund oder Schleifenaufnäher drauf, dazu eine rote Baskenmütze? Definitiv eine deutsche Touristin.
Die Pariserin entspricht ziemlich genau gar nicht diesem Klischee. Man erkennt sie eher an den super ausgelatschten Turnschuhen zum wehenden Rock und zu großem Mantel. Bloß keine zu hohen Schuhe, möglichst wenig Make-up, auf keinen Fall Glitzer – sagt auch die Autorin Caroline De Maigret, die das Buch „How to be Parisian“ geschrieben hat.
Irgendwie passt das doch auch schon wieder nicht zur Vorstellung vieler von einem Pärchenurlaub.
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Eine Frau steht mit roter Baskenmütze vor dem Eiffelturm.
© Quelle: imago/Westend61
Ehrlich: Mein Herz schlägt für Paris
Weshalb ich Paris dann also trotzdem liebe? Ich gebe den Euro tatsächlich gern aus, wie wohl auch die Pariser. Denn das Leben findet so wunderbar in den Cafés statt. Franzosen sind gern laut, reden mit Händen und Füßen – das mag ich.
Der Chic der Frauen – oder eben genau der wenige Chic – trifft meinen Geschmack ziemlich gut. Es gibt zahlreiche große Flohmärkte, weil dort zu stöbern normal für die Pariser ist.
So marode viele Häuser von außen erscheinen, die Architektur der Stadt kann ich immer und immer wieder anschauen und mich über kleine Giebel, Fensterläden, Verzierungen, Geschäftsfassaden und Ornamente freuen.
Es gibt kleine und ruhigere Straßen. Für mich ist die Lautstärke und der miese Großstadtgeruch aber tatsächlich so was wie Erholung.
Mir ist noch nie ein Franzose krumm oder unfreundlich gekommen.
Und der Eiffelturm beeindruckt mich jedes Mal, wenn ich näher rankomme. Allerdings nur, solange ich den Glasschutz und die Sicherheitskräfte nicht sehe.
Reisereporter