Selbstversuch: Erste Kreuzfahrt, letzte Kreuzfahrt?
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reisereporterin Leonie auf ihrer ersten Kreuzfahrt.
© Quelle: Leonie Greife
Wenn mir früher Freunde von ihren Kreuzfahrten vorgeschwärmt haben, habe ich das immer nur mit einem leicht verächtlichen Lächeln zur Kenntnis genommen. Klar, ihr habt tolle Städte gesehen (aber habt ihr sie auch wirklich erlebt?). Hmhm, ihr habt die Seetage genossen (und euch von morgens bis nachts mästen lassen!). „Das ist glaub ich nichts für mich“, war meine Antwort.
Irgendwann wurde es mir aber zu blöd, auf die Rückfrage, ob ich denn überhaupt mal auf einem Kreuzfahrtschiff gereist bin, zähneknirschend mit Nein antworten zu müssen. Denn bis auf eine Fährfahrt über Nacht war ich noch nie mehrere Tage auf einem Schiff unterwegs.
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Ahoi: reisereporterin Leonie Greife meldet sich von der ersten Kreuzfahrt ihres Lebens.
© Quelle: Leonie Greife
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Einchecken ins schwimmende Hotelresort
Damit sich das ändert, gehe ich auf Kreuzfahrt. Nicht auf irgendeine, sondern auf den Rockliner 5 mit Udo Lindenberg.
Schon beim Borden bin ich überwältigt. Allerdings nicht nur von den riesigen Dimensionen des Bootes, sondern auch, weil ich nicht meinen Reisepass, sondern nur den Personalausweis dabei habe. Das scheint ein Problem zu sein, weil ich beim ersten Halt in Dänemark zusteige.
Ein Mitarbeiter der Rezeption wird gerufen, nachdem ich zehnmal erfolglos von dem Sicherheitsmann nach meinem „Passport?“ gefragt wurde. Der Rezeptionist holt mich ab, winkt mich schließlich an Bord („No Passport? Okay...“) und begleitet mich durch die Sicherheitskontrolle. Peinlich.
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In Aarhus (Dänemark) überragt die Mein Schiff 3 locker die Häuser am Pier.
© Quelle: Leonie Greife
Das Einchecken an Bord ist dann wie eine Mischung aus Flughafen- und Hotel-Check-In. Mein Gepäck und mein Körper werden auf verdächtige Gegenstände gescannt, ich erhalte an der Rezeption meine Zimmerkarte und muss dann ein Sicherheitsvideo anschauen. Soweit, so easy.
Natürlich habe ich mir für meine Jungfernfahrt einiges vorgenommen.
Ich will...
- Joggen auf der Laufstrecke
- Jeden Abend von meinem Balkon auf den Mond gucken
- Möglichst viele Restaurants testen und
- Jeden Landgang mitnehmen (ich bin ja schließlich keine von denen, die lieber am Pool chillen, als neue Städte zu erkunden)
Was soll ich sagen? Meine Erfolgsquote liegt bei 50 Prozent. Auf Joggen hatte ich dann doch keinen Bock und bin stattdessen lieber in den Whirlpool gegangen. Auch als das Boot in Kopenhagen vor Anker lag und ich auch hätte an Land gehen können. Zu meiner Verteidigung muss ich aber sagen, dass ich die dänische Hauptstadt schon ganz gut kenne.
Wie eine Stadt auf dem Meer
Statt Sightseeing habe ich also lieber das Schiff erkundet. Das ist auf der Mein Schiff 3, dem ersten Neubau der TUI Cruises, auch ein nachmittagsfüllendes Programm. Nach 555 Tagen in Bau wurde der Koloss 2013 von Helene Fischer getauft. Spektakulär schwebte sie an einem riesigen Ballon außen am Schiff empor. Ich gehe meine Erkundung pragmatischer an: zu Fuß.
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Chillen am Pool statt City-Trip.
© Quelle: Leonie Greife
Auf 14 Decks hat eine Menge Platz: Ein 25 Meter langer Außenpool, ein etwas kleinerer Innenpool, den Whirlpool kenne ich ja bereits. Dann die Laufstrecke, die mich höhnisch blau anzuleuchten scheint. Ein Basketballplatz, auf dem jetzt gerade eine Kochshow stattfindet.
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Wenn die Wahl zwischen Liegestuhl und Laufbahn steht, gewinnt der Liegestuhl.
© Quelle: Leonie Greife
Dahinter die „Außenalster“, die mir als Original in Hamburg besser gefällt, aber auch als Bar mit Lichterketten und Blick vom Heck über das Meer ziemlich schön ist.
Ich entdecke einen Spa-Bereich, sogar einen Friseur, eine Einkaufspassage, eine Galerie (in der während des Rockliners natürlich Werke von Udo Lindenberg verkauft werden). Alles in allem so, wie ich mir ein Kreuzfahrtschiff vorgestellt habe.
Viel faszinierender finde ich aber eigentlich, was sich hinter den Kulissen abspielt: So ein schwimmendes Clubhotel verlangt schließlich einiges an organisatorischem Aufwand, allein für die elf Restaurants und Bistros. Verrückt, in meiner Heimatstadt gibt’s weniger Auswahl...
Bodo Diedrich ist Küchenchef auf der Mein Schiff 3 und arbeitet seit 2013 bei TUI Cruises. Ihm unterstehen 220 Mitarbeiter allein in der Hauptküche, die 10.000 Gerichte am Tag kochen.
Lasset das Mästen beginnen
Jeden Tag präsentieren die Köche die jeweiligen Gerichte aus ihrem Metier. Wenn etwas geschmacklich noch nicht so sitzt wie gedacht, wird nachjustiert.
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Journalisten-Fütterung: Beim Probieren lässt sich reisereporterin Leonie (Mitte) nicht zweimal bitten.
© Quelle: Leonie Greife
Bodo Diedrich probiert jedes Menü in der Regel ein Mal, heute darf auch ich kosten.
„Ist ’ne Menge, was ich am Tag probieren muss“. Deshalb sehe er auch so aus, wie er aussehe, sagt der Küchenchef und lacht.
Sein Lieblingsessen ist allerdings nicht dabei: die Kohlrouladen seiner Oma. Dabei fällt mir auf, wie wenig Frauen in der Küche arbeiten. Gerade mal 20 (bei 200 Männern).
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Herrenparade: Die Köche der Mein Schiff 3 präsentieren die Menüs des Tages.
© Quelle: Leonie Greife
Punkt drei, möglichst viele Restaurants zu testen, setze ich tatsächlich in die Tat um. Einige sind im Premium-Alles-Inklusive-Paket inbegriffen, andere nicht. Meine Höhepunkte sind das Atlantik – Mediterran (inklusive) und das Surf & Turf – Steakhouse (Bezahl-Restaurant).
Ein Besuch bei Letzterem macht bestimmt mehr Sinn, wenn man auch Fleisch isst, was ich nicht tue. Aber die Lage unter der 167 Quadratmeter großen Glasfront in Form eines Diamanten am Heck hat es mir angetan, ebenso die Tatsache, dass wir aus sechs verschiedenen Salzsorten wählen können. Leckere vegetarische und vegane Alternativen gibt‘s auch.
Klar, theoretisch könnte ich mich fast rund um die Uhr durch die Restaurants schnabulieren. Von diesem Image möchte TUI Cruises sich aber lösen, das merke ich an den zahlreichen „Ganz schön gesund“-Optionen in jeder Karte und am Buffet. Und ehrlich gesagt, würde mir mit zum Platzen gefüllten Magen bei Seegang, auch wenn er meistens ganz sanft war, ziemlich schnell übel werden.
Besuch auf der Brücke
Was Bodo Diedrich für die Küche ist, ist Sebastian Nanender fürs gesamte Schiff: Er ist der Kapitän. Mit neun Jahren startete er seine Laufbahn in der Seefahrt, auf dem Segelschiff Optimist. Passender geht’s nicht.
Bis er dann Kapitän wurde, dauerte es eine 16 Jahre lange Profi-Karriere, die mit einer semi-militärischen Ausbildung in Argentinien begann. Er steuerte viele Gas- und Öltanker, auch kleinere Kreuzfahrtschiffe. Nachts habe er öfter so große, leuchtende Schiffe kreuzen sehen, wie das, auf dem er heute arbeitet. Das wäre schön, dachte er dann.
Heute, mit 36 Jahren, lebe er seinen Traum.
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Ahoi Kapitän – Macht man das so?! Leonie mit Kapitän Sebastian Naneder.
© Quelle: Leonie Greife
Mein Lieblingsspruch von ihm fasst ziemlich gut zusammen, worum es bei einer Kreuzfahrt geht: „Auf dem Schiff an Bord zu sein ist die Destination. Es kommt nicht darauf an, wo man ist, sondern mit wem!“
Sebastian Naneder hat übrigens, wie sein Name verrät, deutsche Eltern und Großeltern, sieht aus wie ein nordischer Hüne, wuchs aber in Argentinien auf und spricht Deutsch mit einem deutlichen Akzent.
Das macht ihn zu einem der zahlreichen guten Beispiele für das herrliche Multi-Kulti-Potpourri an Bord.
Bar-Manager Ekkaphon Nanthawong, der so thailändisch aussieht wie sein Name, uns aber mit feinstem Wiener Akzent begrüßt, ist ein weiteres. Es ist genau das, was ich an der Kreuzfahrt mag: Die unterschiedlichsten Menschen, mit denen ich ins Gespräch komme.
Erste Kreuzfahrt – letzte Kreuzfahrt?
Was ich noch mag: Das Einschlafen bei Meeresrauschen. Morgens von der Sonne über dem Meer geweckt zu werden. Den kleinen gläsernen Balkon bei der Außenalster, der in 37 Metern Höhe über dem Meer schwebt und kleiner ist, als erwartet, mir aber genau deshalb gefällt.
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Lieblingsfleck an Bord: Der gläserne Balkon bei der „Außenalster“-Bar.
© Quelle: Leonie Greife
Trotzdem glaube ich nicht, dass aus mir eine regelmäßige Kreuzfahrerin wird. Dafür fühle ich mich zu sehr in einer Blase. Normalerweise liebe ich es, in anderen Städten nach schnuckligen Cafés und Restaurants zu suchen, abends lokales Bier in der Bar zu trinken und in eine nette Ferienwohnung oder Airbnb-Zimmer zurückzukehren.
Bei der Kreuzfahrt schwimmt das alles einfach die ganze Zeit mit, was bequem ist, für mich aber ein bisschen den Charme des Reisens einbüßt.
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Das Beste an einer Kreuzfahrt: Einschlafen und Aufwachen mit dieser Sicht.
© Quelle: Leonie Greife
Aber in Regionen, die mit dem Schiff einfach spektakulärer zu erkunden sind, oder wenn ich mich mal nach All-Inklusive-Komfort sehne? Immer wieder gerne!
Reisereporter