Städtereise nach Bonn: Das ist typisch für die Stadt
Für alle Bonner, Neu-Bonner, Exil-Bonner und Bonn-Hasser: Bonn ist die beste Stadt der Welt! Und es gibt einige Dinge, die typisch dort sind. reisereporterin Ariane verrät, welche...
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1. Der Alle-mal-malen-Mann
Der Held aller Bonner Nachtschwärmer, Kult und Unikat: Jan Loh a.k.a. der Alle-mal-malen-Mann. Nachts radelt er auf seinem Mini-Fahrrad durch Bonn und fragt in den Kneipen die Gäste „Alle mal malen?“. Über den künstlerischen Gehalt der Werke (sie sehen sich alle recht ähnlich) lässt sich streiten. Aber wer aus Bonn ohne einen Jan Loh wiederkommt, war ganz sicher nicht abends unterwegs. Vielleicht war derjenige auch gar nicht Bonn?
2. „Good Vibrations“ auf der Hofgartenwiese
Der absolut beste Platz im Sommer ist die Hofgartenwiese vor dem Uni-Hauptgebäude in der Innenstadt. Hier haben die Perlen Paulas und BWL VWL-Justusse (es gibt nur einen VWL-Studiengang an der Uni Bonn) aus dem benachbarten Juridicum keine Chance. Der Hofgarten ist für sie Sperrgebiet. Hier treffen und entspannen sich die Normalos, Alternativen und auch der eine oder andere Obdachlose. Kleines Schmankerl obendrauf: Wenn die U-Bahn unterm Hofgarten langfährt, vibriert die Wiese. Es gibt quasi eine Massage gratuit.
3. Romantic Avenue und Kirschblütenfest: Heerstraße
Mit seinen Kirschblüten ist Bonn durch einen Artikel auf der Website „Bored Panda“ international bekannt geworden. Und ja: Kleine und große Prinzessinnen müssen zur Kirschblütenzeit im April in die Heerstraße. Normalerweise zum Gucken und Träumen, aber so manche Prinzessin hat da auch schon einen Heiratsantrag bekommen. Ansonsten finden dort jede Menge Laien-Fotoshootings statt und/oder Asiaten sorgen für Verkehrschaos. Aber: Alles ist so schön rosa!
4. Lärmmotzkis
Der Bonner an sich „isse ne leev Jung“. Aber wehe es wird laut. Dann kann er ein ganz schön fieser Korinthenkacker sein. Die Klangwelle (kurz erklärt: Wasserfontänen hüpfen zu arrangierten, bekannten Melodien) auf dem Münsterplatz musste dank eines sehr streitbaren Anwohners nach Bad Neuenahr ausweichen. Klaro, wer in der Fußgängerzone wohnt, muss auch auf gar keinen Fall mit einem erhöhten Lärmpegel rechnen. Ne, gar nicht. Auf ähnliche Weise wird übrigens auch die Konzertreihe „Kunstrasen“, die im Sommer in der Rheinaue stattfindet, torpediert. Derzeit aber mit mäßigem Erfolg.
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5. Bahnschranken
Gefühlt wird nirgendwo anders länger an Bahnschranken gewartet als in Bonn. Vor allem an der Lessingstraße harren Fußgänger, Rad- und Autofahrer aus. Und es kommt? Nix! Kein IC, kein ICE, kein Güterwaggon und erst recht keine S-Bahn. Bis zu 20 Minuten bleiben die Schranken unten. An den benachbarten Bahnübergängen an der Weber- und Königstraße sieht das Spektakel ähnlich aus (an letzterer gibt es allerdings eine Unterführung, die kaum genutzt wird). Scheinbar lässt es sich nirgends schöner warten als in Bonn vor den Bahnschranken.
6. Lange Grünphase für Fußgänger
Wer aus Bonn wegzieht, hat in anderen Städten und Dörfern erstmal ein Problem. Zumindest als Fußgänger. Denn die Grünphasen für Fußgänger an Ampeln sind in Bonn deutlich länger. Die sogenannte Richtlinie für Signalanlagen legt ein Gehtempo von 1,2 Meter pro Sekunde fest. Tjaha, in Bonn „müssen“ Fußgänger aber nur einen Meter pro Sekunde schaffen. Da wird die Dorfampel im Nirgendwo nahezu zur Sprintstrecke. Wieso, weshalb, weswegen das in Bonn so ist, weiß niemand genau. Vermutlich ein Relikt aus den Zeiten als Hauptstadt.
7. Von Sub- bis Hochkultur
Dedededöööö, dedededöööö, Beethovens Fünfte rockt. Das hat auch Skate-Pionier Titus Dittmann schon erkannt. Er schwebte zu der Musik von Bonns bekanntestem Musikerkind (Beethovens Geburtshaus steht in der Bonngasse 20) zum Auftakt der Skateboard-Weltmeisterschaft 2004 von der Decke der Westfalenhalle …„Und dann haben wir mit 40.0000 Watt Dedededöööö in die Halle geballert“, erinnert er sich bis heute gut. Auch Robin Thickes (der Typ von „Blurred Lines“) erster Hit „When I Get You Alone“ basiert auf Beethovens Fünfter.
In die Kategorie Subkultur bis „wahnsinnig mies“ fällt Xatar. Auf den ersten Blick. Aufgewachsen ist er in dem Stadtteil „Brüser Berg“ und zu fragwürdigem Fame gekommen dank eines spektakulären Goldraubs. Unter seinem bürgerlichen Namen Giwar Hajabi hat er studiert und spricht außerdem sechs Sprachen. Er ist der Babo aus Bonn. Zwischen Beethoven und Xatar reihen sich aber auch Namen wie Simon Grohé (Reggae), Cynthia Nikschas (Liedermacherin) und Eurodance-Queen Cascada (immerhin Eurovision-Song-Contest-Teilnehmerin 2013) sowie die Band „Steal a Taxi“ (Frontfrau Makeda steht aktuell auch als „Whitney Houston“ im Musical „Bodyguard“ auf der Bühne).
8. Street Art und Expressionismus
Dropix und 1zwo3 sind Bonns prominenteste Street-Art-Künstler. Mit ihren Paste-Ups, also Zeichnungen, die auf Papier aufgemalt und auf unterschiedliche Flächen gekleistert werden, verschönern sie seit einigen Jahren die Innenstadt und hier vornehmlich die Altstadt.
Zur Kunst-Szene am Rhein gehört aber auch August Macke. Drei Jahre lebte und arbeitete er in Bonn in der Bornheimer Straße 96 und prägte von dort den Rheinischen Expressionismus.
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9. Nostalgie
Die Bonner können’s echt nicht mehr hören: Bonn soll die Abkürzung für „Bundesstadt ohne nennenswertes Nachtleben“ sein. Allein dieser Spruch ist sowas von lame. So ein bisschen retro kann Bonn allerdings nicht leugnen. Ziemlich offensichtlich ist das in der Stockenstraße: In einem Schaufenster werden Schreibmaschinen für um die 150 Euro (okay, der Euro ist angekommen) verkauft, gegenüber Briefmarken von anno dazumal. Und diese Läden halten sich seit Jahren, ach was, Jahrhunderten.
10. Rooftop-Bar und Kellerspelunken
Kellerspelunken gibt es einige in Bonn: Die N8schicht, das Carpe Noctem, das Untergrund, das Sofa und das Kreuzberg sind allesamt Tanzkaschemmen im Keller. Gemessen an der Einwohnerzahl gibt es gefühlt kaum eine Stadt, die mehr Kellerdiscos hat.
Nüchtern, naja zumindest so halb, kommste die Treppen noch gut runter. Später am Abend wird das mindestens in der N8schicht schwieriger. Den Laden gibt es mindestens seit immer. Und auch seit immer ist ein Studi in Bonn nur ein richtiger Studi, wenn er mindestens einmal in dem Laden böse, böse, böse abgestürzt ist. Für den Laden musst du dich übrigens nicht schick machen. Sieht eh keiner. Is‘ dunkel.
Für die wohlhabenderen oder auch älteren Damen und Herren ist die neue Rooftop-BarSkybar auf dem WCCB-Hotel das richtige Etablissement. Vor allem für Wooooo-Girls der „Place to be“. Früher trafen die sich übrigens gerne in der ehemaligen Hausbar (heute: Panoramabar) in der Bonner Oper direkt am Rhein. Da schoben die Herren auch schon mal den Porsche-Autoschlüssel über den Tresen, um die Frau daneben von den männlichen Qualitäten zu überzeugen …
11. Lakritzgeruch
Spätesten 2017 müsste Haribo in Harigra umbenannt werden. Denn dann soll die neue Firmenzentrale im rheinland-pfälzischen Grafschaft fertig sein. Was aber bleibt, ist der typische Lakritzgeruch. Denn der Produktionsstandort in Bonn soll erhalten bleiben. Pro-Tipp: Fahrradtour zum Fabrikverkauf (Friesdorferstraße 121, 53175 Bonn).
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Zum exklusiven Gutschein12. Schäl Sick oder Beverly Beuel
Schäl Sick (falsche Seite) oder Beverly Beuel? Kommt auf die Perspektive an. Der Bonner nennt den Stadtteil Schäl Sick, für den Beueler heißt er Beverly Beuel. Fakt ist: Hier wohnen die Sonnenhungrigen. Nirgendwo ist es näher zum Strand als dort. Denn unterhalb der Gaststätte „Bahnhöfchen“ treffen sich Beachfanatiker und bleiben mindestens bis zum Sonnenuntergang.
13. Rolexbeach und Affenhügel
Wer als Student keine Dauerkarte im Melbbad hat, hat in Bonn nicht studiert. Das Freibad an sich ist weit entfernt von sämtlichem Schnickschnack und eher retro. Die Umkleiden sind mehr als marode. Rutsche? Wenn du mit deinem Hintern noch auf die Kinderrutsche passt … Aber Affenhügel (das Bad liegt an einem Hang) und Rolexbeach (sehen und gesehen werden zwischen Plansch- und Schwimmerbecken) sind die Hotspots im Sommer. Von dort wird in alle Richtungen abgecheckt. Das kann der Bonner gut.
14. Bönnsch
Bier von hier: Bönnsch. Ein bisschen verschnupft guckt der Bonner immer in Richtung Köln. Also arbeitet er hart daran, dass Bonn nicht im Schatten des Doms übersehen wird. Da ergibt es nur Sinn, dass Bonn sein eigenes Bier hat. Damit das Bier nicht in Kölschstangen (0,2-Gläser) serviert werden muss, designte die Brauerei auch gleich ein eigenes Bierglas: ein wenig schepp (schief) und mit Rillen für den besseren Halt. Der Bonner hält sich schließlich gern am Glas fest. Kleiner Insider-Tipp: Schmeckt wirklich besser als Kölsch.
15. Eine sehr lange Tempo-30-Zone
Oder auch Adenaueralle genannt. Ursprünglich rasten die hohen Tiere Politiker der Bonner Republik über die heutige Bundestraße 9 zwischen Bad Godesberg und Bonn. Dank zahlreicher Baustellen und mehr als marodem Asphalt ist die B9 heute eher eine sehr lange Tempo-30-Zone.
Aber mit Geschichte: John F. Kennedy wurde bei seinem Bonn-Besuch zum Beispiel über die Diplomatenrennbahn in die Innenstadt eskortiert. Später Tour-de-France-Gewinner Jan Ullrich. Für das üppige Gefolge diverser Staatsbesuche waren mindestens zwei extra-breite Fahrspuren pro Fahrtrichtung schließlich mehr als notwendig. Und heute? Beziehungsstatus Stadt-B9: Wird instand gesetzt.
16. Schiff Moby Dick
Das Wahrzeichen Bonns auf dem Rhein: Das Schiff Moby Dick. In einem großen Walgehäuse aus Stahl mit Zähnen als Panoramafenster steuert der Koloss über den Rhein gen Linz und wieder zurück.
17. Humor, Kabarett und Comedy
Ja, wie hätten’s denn gerne? Zu bieten hätte Bonn die Mockridge-Kinsky-Truppe mit Margie, Bill und Luke, außerdem: Stefan Raab, Bernhard Hoëcker, Konrad Beikircher, Sebastian Puffpaff, Dave Davis und Eckart von Hirschhausen … Sonst ist der Bonner selbst eher der nordische Typ: hält sich bedeckt und haut von Zeit zu Zeit einen raus.
18. „Pützchens Maat is anjesaat“
Für die Anwohner ist Pützchens Markt der Horror, für alle anderen Nervenkitzel, Mordsgaudi, Sauferei und Schlemmerei. Und das ganze fünf Tage lang im September. Hier trifft sich High Society und Pöbel zum Bierchen an irgendeiner der zahlreichen Theken, aber am ehesten im Bayernzelt. Und natürlich erfüllt auch Pützchens Markt diverse Klischees zu hundert Prozent: Es gibt die Gewinne-Gewinne-Gewinne-Frau, die Wilde Maus ist wilder als alle Achterbahnen zusammen und am Autoscooter stehen die Vorstadt-Pseudo-Gang-Bubis sowie Chantal, Shania und Mandy.
19. Kennedy-Brücke
Ist das schön!!!
20. Fahrradfreundliche Stadt
Bonn hält sich selbst für fahrradfreundlich. Die Stadt will sogar Fahrradhauptstadt 2020 werden. Bis dahin sollen 107 Fahrradstraßen eingerichtet werden. Aktuell sind es 25. Und seit neuestem: Ein Fahrradbarometer an der Kennedybrücke. Das zählt aber nur die Radler auf der von Beuel aus betrachtet linken Seite der Brücke. Was das soll? Im Beamtendeutsch: Das Bewusstsein für den Radverkehr als Bestandteil des gesamtstädtischen Verkehrsmixes fördern. Kostenpunkt 20.000 Euro. Das sind aber genaugenommen nur Peanuts für das Stadtsäckerl … Siehe Punkt 22.
21. Bundesbüdchen
Es fehlt. Früher DAS Büdchen im ehemaligen Regierungsviertel. Oskar Lafontaine, Klaus Kinkel und Joschka Fischer gehörten zu den regelmäßigen Kunden. Heute fristet der ovale Kiosk sein Dasein auf dem Gelände einer Bornheimer Spedition. Seit Jahren soll es zurück an seinen Stammplatz. Kostet aber. Und typisch Bonn sind eben auch leere Kassen, weil: siehe Punkt 22.
22. Es war einmal: ein Milliardengrab
Ja, die beste Stadt der Welt ist ein Milliardengrab. Dafür, dass Bonn den Titel Hauptstadt sowie einige Ministerien und Behörden gen Berlin ziehen ließ, bekam das Städtchen am Rhein rund 1,47 Milliarden Euro. Bisschen ging in die Bildung, bisschen in die Kultur und noch ein bisschen in den Verkehrsbereich.
Aber: Bonn sollte eine Konferenzstadt werden. Ein Prunkbau musste her. Etwas das Altes und Neues vereint. Ein World Conference Center, das die geschichtsträchtigen Orte Bundestag und Wasserwerk mit in die Zukunft nimmt. Das Prestigeobjekt World Conference Center Bonn (WCCB) wurde in einer Ausgleichsvereinbarung im Bonn/Berlin-Gesetz mit einer Rücklage in Höhe von 43,42 Millionen bedacht. Außerdem bekam die Stadt Grundstücke im Wert von 43,46 Millionen Euro geschenktüberlassen. Und an dieser Stelle beginnt das Märchen um den Investor Man-Ki Kim mit seiner Firma SMI Hyundai. Schließlich reichen knapp 90 Mille nicht für ein Aushängeschild. Spoiler: Aktuell geht es für die Stadt Bonn um Gesamtkosten in Höhe von rund 309.000.000 Euro und die Frage „Wer zahlt das?“.
Das Märchen von dem zahlungskräftigen Koreaner hätte zu schön sein können. ALLES wollte er bezahlen. Die Stadt stellte „nur“ die Grundstücke. Irgendeine Form von Skepsis? Neeeee. Denn der gleichnamige Autobauer Hyundai sponserte 2006 schließlich die Fußball-Weltmeisterschaft, das war auch schon Jahre vorher bekannt. Und wo Hyundai drauf steht, ist auch Hyundai drin. Mit Sicherheit. Etwa 2004 biederte sich Kim also mit seiner SMI Hyundai der Stadt an. 2007 wurde der Grundstein für das WCCB gelegt. Dass SMI Hyundai und der Autobauer Hyundai nichts miteinander zu tun haben könnten, darauf kam niemand. 2009 Baustopp, 2011 Verfahrenseröffnung am Landgericht Bonn, Eröffnung des WCCB 2015. Kosten für die Stadt Bonn von null Euro auf 309 Millionen Euro – im schlimmsten Fall. Aber: Et hät ja noch immer jot jejangen. Vielleicht werden es auch nur 200 Millionen Euro ...
Das World Conference Center Bonn (WCCB) befindet sich im Bundesviertel von Bonn.