Bunt bemalte Häuser, Männer mit traditionellen Sombreros der Paisas, der Kaffeebauern Kolumbiens, und ortseigene kulinarische Spezialitäten: Jericó im kolumbianischen Bundesstaat Antioquia wirkt so, als hätte es sich herausgeputzt für die Touristen – das hat das Dorf aber nicht.
In der 12.000-Einwohner-Stadt im Südwesten von Medellín fließt das Leben gemütlich vor sich hin. Von den wenigen Besuchern, die den Ort entdecken, zeigen sich die Einwohner unbeeindruckt. Man wird gegrüßt, als gehöre man dazu.
In kaum einem Reiseführer: Die kolumbianische Stadt Jericó
Dass es der Ort noch nicht in den über 380 Seiten starken deutschen Lonely-Planet-Reiseführer über Kolumbien geschafft hat, liegt wahrscheinlich daran, dass der 50 Kilometer entfernte Nachbarort Jardín sich selbst schon vor längerer Zeit zum „schönsten Dorf Kolumbiens“ ernannt hat und die Touristenmassen anzieht.
In Jericó hat man solche Angebereien nicht nötig und trinkt stattdessen lieber eine Tasse Tinto, schwarz aufgebrühten Kaffee, auf dem Marktplatz und lässt die Besucher die Schönheit der Kleinstadt ganz in Ruhe selbst erkunden.
Die Erkundungstour beginnt mit einem Spaziergang durch die Gassen Jericós. Die Einwohner haben ihre Häuserfassaden akribisch bemalt, einige sind blau-pink, andere grün-gelb. Die Paisas, Einwohner der Region Kolumbiens, zu der Jericó gehört, mögen es offenbar gleichzeitig bunt und ordentlich.
An den botanischen Gärten der Kleinstadt endet der Spaziergang, durch die man zum Cristo-Redentor-Aussichtspunkt gelangt. Der Hügel mit dem christlichen Kreuz ist Treffpunkt für Paare und Jugendliche. Von hier hat man einen Blick auf die Stadt und die umliegenden Berge, die zu weiteren Wanderung einladen.
Cerro las Nubes: Zwischen grünen Bergen über den Wolken wandern
Wem der etwa 20-minütige Aufstieg auf den Stadthügel zu wenig war, der kann den Cerro las Nubes, den Hügel der Wolken, besteigen.
Aber Vorsicht: Der Name Hügel ist eine Untertreibung. Auf der etwa vierstündigen Wanderung legst du rund 600 Höhenmeter zurück und bist irgendwann so weit oben, auf 2.400 Metern, dass du inmitten der Wolken auf der Bergspitze wanderst – daher der Name des Berges.
Am schönsten soll es auf dem Cerro während des Sonnenuntergangs sein, doch auch vormittags ist die mittelschwierige Wanderung zu empfehlen.
Ein Muss: Guter kolumbianischer Kaffee
Auch für diejenigen, die keine Lust auf Sport haben, bietet Jericó Alternativen. Das El Carriel Café auf dem Martkplatz, das nach intensiver Beobachtung der Hotspot für die Einwohner zu sein scheint, eignet sich sehr gut zum Menschenbeobachten.
Wer ein oder zwei Tinto oder Café con leche getrunken und den Alltag in der kolumbianischen Kleinstadt zu Genüge beobachtet hat, kann zu einer kulinarischen Stadttour aufbrechen. Im Restaurant La Gruta gibt es jeden Mittag ein anderes Menú del día, ein Tagesmenü, für umgerechnet unter vier Euro.
Danach geht es zum Nachtisch weiter: Das stadteigene Dessert „el postre jeriocoano“ bereitet die Familie von Roberto Ojalvo schon seit über einem Jahrhundert zu. Es wird in der Pizzeria de José verkauft und schmeckt wie ein saftiger, tropischer Weihnachtsstollen.
„El postre jeriocoano“ besteht aus sieben verschiedenen Kuchen-Lagen, in denen unter anderem Papaya, Kokosnuss, Arequipe, eine Creme aus karamelisierter Milch, und Ananas vertreten sind. Außerdem ist es in Wein und Rum eingelegt.