Das Thermometer zeigt minus 20 Grad Celsius an. Die Luft ist klar und dank des angrenzenden Waldes wirkt die Nacht noch dunkler. Schemenhaft sind die Huskys zu erkennen, die im Schnee liegen. Nur der Mond wirft ein leicht milchiges Bild auf uns.

Hundeführer Greg tritt an den ersten Schlitten heran. In der Hand trägt er ein Hundegeschirr. Den Hunden bleibt das nicht lang verborgen. Sie springen auf und zerren euphorisch an ihren Leinen. Gleich werden sie vor die Schlitten gespannt. Sie können es gar nicht mehr erwarten, in die Nacht hinauszurennen.

Husky-Tour durch das nächtliche Finnland

Ich auch nicht. Unter dem Schneeanzug trage ich meine dicke Winterjacke, dazu zwei Paar Handschuhe und eine Uschanka, eine Pelzmütze mit Ohrenklappen, auf dem Kopf. Es ist angenehm warm. Dennoch schlüpfe ich vorn im Schlitten unter ein Rentierfell und ziehe es bis zu meinen Schultern hoch, denn der Fahrtwind hat es in sich. Unsere sechs Hunde sind mittlerweile vor den Schlitten gespannt und ziehen kräftig an ihm.

Hinter mir steht Kalle Virtanen auf der Bremse. Der Finne wird den Schlitten lenken. Noch schnell die Stirnleuchte eingeschaltet und dann kann es losgehen. Wir machen eine Fahrt im Hundeschlitten. Kann es noch finnischer werden?

Der Husky ist der klassische Schneehund. Sechs der Tiere können problemlos einen Zwei-Personen-Schlitten ziehen


Kalle nimmt den Fuß von der Bremse und die Hunde preschen los, durch den Wald, immer geradeaus und auf einen zugefrorenen See.

Finnland: Der erste Schnee fällt im November

Die Winter in Finnland sind lang und hart. Der erste Schnee fällt im November und auch am Tag steigen die Temperaturen kaum über null Grad. Die Finnen kennen es nicht anders. Die Seen werden mit provisorischen Holzschildern zu Wegen umfunktioniert und die eigentlichen Straßen werden teilweise nicht mehr geräumt.

„Wir wissen nicht, wohin mit dem ganzen Schnee“, sagt Minna Hirvonen entschuldigend. Minna ist Fremdenführerin in Vuokatti, genauso wie Kalle Virtanen.

Der lehnt sich jetzt zur Seite, um die Kurve zu nehmen. Während Kalle dem Pulk folgt, schaue ich nach rechts und links. Nur Schnee. So weit das Auge reicht. Der Mond wirft ein seltsames Licht auf diese Landschaft. Es ist ganz still. Auch die Hunde haben aufgehört zu bellen, sie sind ganz in ihrem Element. Nur der Schnee unter den Kufen knirscht.

Zur Stärkung gibt es Blaubeertee und Rentierbratwurst

Nach einer halben Stunde steuern wir auf ein kleines Wäldchen zu. Fackeln weisen den Weg zu einem kleinen, runden Lagerfeuer. Auf Fellen gebettet trinken wir süßen Blaubeertee und essen Rentierbratwurst. Ein bisschen finnischer geht immer.

Auf einem Berg bei Vuokatti liegt mitten in einem kleinen Wäldchen das Café Ripa’s Kuppila. Hier lässt es sich wunderbar aufwärmen.

Auf dem Rückweg darf ich lenken. Es ist nicht so schwer, wie ich dachte, aber die Hunde kennen auch den Heimweg. Nur den Schlitten in der Spur zu halten erfordert dann doch meinen ganzen Körpereinsatz. Gegen Mitternacht kommen wir an der Basis an, trotz der Anstrengung ist mir nicht warm. Die Luft ist einfach zu kalt.

In Schneeschuhen durch den Wald

Auch am nächsten Tag zeigt das Thermometer draußen eisige minus 18 Grad an. Wir stapfen durch die Wälder – mit Schneeschuhen. Haben die Schneeschuhe früher noch wie Tennisschläger ausgesehen, ähneln sie heutzutage eher der Form eines kleinen Bootes. Vorn mit Haken versehen, soll man mit ihnen ganz normal laufen können, nur ist man nicht ganz so schnell und wendig, erklärt Taina Junttila.

Sie führt uns durch den Schnee. Seit 15 Jahren lebt Taina in Vuokatti. Helsinki hat ihr einfach nicht gefallen. „Die Natur hier ist wunderbar“, sagt sie. Recht hat sie. Wir sind auf einen kleinen Hügel gestiegen. „Wenn der Nebel nicht wäre, könnte man noch weiter schauen“, sagt Taina.

Vuokatti ist ein beliebtes Ziel von Top-Athleten

Die Region Kainuu, im Zentrum von Finnland, lebt von der Landschaft. Touristen, die im Winter hierherkommen, sind Naturfreunde und suchen die Ruhe. Der Ort Vuokatti selbst hat nur 30.000 Einwohner. Von Bedeutung sind jedoch ein überdachter Skitunnel und die alpinen Sportanlagen. Viele russische und asiatische Athleten trainieren hier.

Würden wir mit unseren Schneeschuhen weiter geradeaus gehen, würden wir zum olympischen Dorf gelangen, das sagt jedenfalls das Schild. Doch es wird verdeckt von Tykkylumi, von Schnee bedeckten Bäumen. Sogar dafür haben die Finnen ein eigenes Wort. Stattdessen geht es durch knietiefen Schnee zurück.

Für Bäume, die mit Schnee bedeckt sind, haben die Finnen ein eigenes Wort. Sie heißen Tykkylumi.


Etwa sieben Monate liegt in dieser Region Schnee. Die Bevölkerung hat sich in den Jahrhunderten darauf eingestellt. Leicht verschneite Landebahnen sind kein Hindernis, Skier ersetzen hier Fahrräder und zugefrorene Seen werden zu Verkehrsstraßen.

Die Sauna ist in Finnland ein nationales Hobby

Etwas durchgefroren kommen wir nach der Schneeschuhtour zurück. „Wir können jetzt auch noch in die Sauna gehen“, schlägt Minna vor. O ja! Die Finnen und die Sauna. Kein Klischee, mehr ein nationales Hobby. Nahezu jeder Finne habe daheim eine eigene Sauna, berichtet Kalle.

Doch bis er das zweite Wohnzimmer der Finnen betreten darf, dauert es noch einen Moment. Gerade ist Damensauna. Schwitzen ist in öffentlichen Saunen ein getrenntes Vergnügen.

Auch die Saunakultur ist im Vergleich zur deutschen eine andere. In der Sauna geht es laut zu. Man erzählt sich Geschichten, lacht zusammen und verbringt gut und gern einige Stunden in dem Holzkasten. „Ich geh etwa fünfmal in der Woche in die Sauna“, erzählt Minna dann, als sie sich auf ein Papier setzt, das sie vorher auf die Holzbank gelegt hat. Auch das ist anders. Die Handtücher sind lediglich zum Bedecken der nackten Haut da.

Während die Temperaturen draußen sinken, sind es hinter der Glastür locker 80 Grad – es ist eben eine finnische Sauna. Nach einer halben Stunde sind auch wir gar. Ganz nach draußen wollen wir dann aber doch nicht. Der Temperaturunterschied ist einfach zu stark.

Mit etwas Glück Nordlichter sehen

Auf dem Weg zurück ins Haus harren wir dennoch ein wenig in der Eiseskälte aus. „Wenn wir Glück haben“, sagt Minna, „können wir Nordlichter sehen.“ Die Nacht ist sternenklar – versuchen wir es. Auch wenn Vuokatti fast zu südlich für Polarlichter liegt, bestünde eine Chance, sie zu erblicken. Minna Hirvonen hat dieses Jahr schon welche gesehen.

Wir scheinen kein Glück zu haben. Langsam wird es auch zu kalt und wir gehen rein. Ich setze mich ans Fenster und starre in die Dunkelheit. Wer weiß, was da noch wartet.

Im warmen Haus wartet es sich gut auf die Nordlichter, die sich auch in der Region Kainuu jederzeit am Himmel zeigen könnten.

Tipps für deine Reise nach Finnland

Anreise: Von Deutschland geht es mit dem Flugzeug nach Helsinki, der Hauptstadt von Finnland. Von dort bietet Finnair Flüge nach Kajaani an. Mit dem Auto dauert es von dort nach Vuokatti etwa eine Dreiviertelstunde.

Beste Reisezeit: Vuokatti ist schneesicher. Für Reisen empfehlen sich die Wintermonate von November bis April. Minus 20 Grad Celsius sind keine Seltenheit.

Unterkünfte: Das kleine Hotelli Vuokatti bietet 13 Zimmer und drei Suiten sowie eine Panoramasauna. Familienzimmer für vier Personen sind ab 140 Euro buchbar. Es gibt außerdem 29 Appartements in einem separaten Gebäude.

Aktivabenteuer: Auch wenn der Ort Vuokatti eine kleine Gemeinde ist, können Besucher dort jede Menge unternehmen. Vuokatti Safaris bietet außer der Schlittenhundetour oder der Schneeschuhwanderung auch eine Tour mit Schneemobilen an.

Die Reise wurde unterstützt von Visit Vuokatti. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.