Namibia: Eine Wüstentour durch die endlose Weite
Wie fühlt es sich an, ganz allein in der ältesten Wüste der Welt unterwegs zu sein? reisereporter Johannes weiß es: Er ist fünf Tage, 300 Kilometer durch die Namib gefahren. Mit einem Pick-up.
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Thandi wird sicher sauer sein. Geheimtipps zu verraten mag meine Reiseagentin nicht: Die heißen nicht umsonst so, meint sie bestimmt.
Außerdem hält sie es für abwegig, mit einem Auto durch die Wüste zu heizen: Genauso gut könne man mit einem Mähdrescher durch den Tierpark preschen, sagt sie verdrossen.
Auf meinen Einwand, dass es in Namibia keine Kamele und damit keine Alternative gebe, fällt allerdings auch ihr nichts ein: Wie anders könnte man die wundervollste Wüste dieser Welt durchqueren, die mächtigsten vom Meer entfernten Dünen bezwingen und die schönsten Sandformationen dieser Erde kennenlernen?
Action in der unendlichen Weite: Mit dem Jeep geht's über die Dünen.
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Also wird Armand Basson kontaktiert – einer der wenigen Touristenführer, der über eine Lizenz zum Durchqueren der unter Naturschutz stehenden Namib-Wüste verfügt.
Der burisch-stämmige Namibier – blond, blauäugig und mit Windhoek-Lager-Bauch – wird uns fünf Tage lang mit seinem 4,8-Liter-Pick-up namens „Wax om“ den Weg weisen: Uns beraten, anspornen und höhnisch verlachen, wenn wir unsere allradgetriebenen Karossen einmal mehr im Sand festgefahren haben.
Abenteuer Wüste: Mit Pick-ups durch die Namib
Ohne Armand hätten wir es auf der über 300 Kilometer langen Strecke zwischen dem südnamibischen Städtchen Aus und der Walfischbucht keine 500 Meter weit gebracht: Wer käme schon auf die Idee, den Reifendruck an seinem drei Tonnen schweren Geländewagen auf schlappe 0,3 atü abzulassen?
Zugegeben, manchmal geht petrol head Armand in overdrive. Wenn er mal so nebenbei auf eine Düne brettert, um möglichst im richtigen Tempo auf deren Spitze zu gelangen: Zu langsam, dann würde sein Pick-up am Berg hängen bleiben – zu schnell, dann würde er sich hinter dem Dünenkamm in der Luft überschlagen.
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In einer riesigen Kuhle, die wie ein sandiger Vulkankrater aussieht, beschleunigt Armand sein röhrendes Gefährt auf mindestens 120 Stundenkilometer, um es auf der anderen Seite wieder hoch zum Kraterrand zu schaffen.
Wer das nachmachen will und zu langsam ist, dem droht ein auf Youtube dokumentiertes Schicksal: Der Fahrer drehte auf halber Höhe zur Seite ab, kippte um und kullerte den gesamten Weg zum Kraterboden hinab. Wie durch ein Wunder kamen die beiden Insassen mit dem Schrecken – und einem zermalmten 4×4 – davon.
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Zum exklusiven GutscheinArmands Toleranz geht zumindest so weit, dass er keinen zur Nachahmung seiner Kapriolen zwingt. Wer eher am Natur- als am Hubraum interessiert ist, kann seine eigenen Prioritäten setzten: In den immer neuen Wüstenlandschaftsbildern mit ihren Pastelltönen und den vom Wind ebenmäßig geschliffenen Konturen schwelgen, einen einsamen Schakal vor einem glühenden Sonnenuntergang filmen oder nachts unter einem Sternenhimmel, der selbst bei Neumond noch Schatten wirft, spazieren gehen.
Bringst du ein Sandboard mit, kannst du auch die Dünen hinabbretten, musst dich allerdings auf einen beschwerlichen Wiederaufstieg gefasst machen: Denn noch gibt es in der Namib keine Schlepplifte, wird es hoffentlich auch niemals geben.
Harter Aufstieg auf die Düne ... Für jeden Schritt vor gehe ich (gefühlt) zwei zurück.
Abends lässt Armand an romantischen Plätzen das Lager aufschlagen, sein Gehilfe Nessie macht Feuer und legt Springbocksteaks auf. Dann gibt der blonde Bure Anekdoten aus seinem reichhaltigen Leben als Wüstendurchquerer zum Besten und schenkt, wenn er seine Gäste mag, noch Jägermeister aus. „Ich trinke Jägermeister, weil die nächste Kneipe 300 Kilometer entfernt ist.“
Wie eine Geisterstadt: Die verlassene Diamantenhochburg Kolmannskuppe
Kurz vor dem Meer taucht plötzlich eine verlassene Siedlung aus Blechhäusern auf, die wie das Relikt eines historischen Filmsets oder Dornröschens Wüstenherberge aussieht.
Kolmannskuppe: Früher lebten hier Diamantschürfer, heute ist es eine Geisterstadt.
Hier suchten vor mehr als hundert Jahren deutsche Diamantenschürfer ihr Glück: Ob sie es gefunden haben, ist den grobschlächtigen Möbeln, dem Blechgeschirr und den wenigen vergilbten Büchern nicht anzusehen. Noch heute gehören Teile der Namib-Wüste zum Sperrgebiet des staatlichen Diamantenkonzerns Namdeb.
Am fünften Tag am eiskalten Atlantik angekommen, werden wir an der „Sandwich-Bucht“ mit einem atemberaubenden Blick über eine Kolonie Hunderter von Flamingos und Dutzender von Pelikanen belohnt.
An der „Sandwich-Bucht“ tummeln sich Hunderte Flamingos und Dutzende Pelikane.
Armand erzählt, wie er hier eines Abends vor einem gloriosen Sonnenuntergang einen Strandwolf vorbeimarschieren sah: „Da stand für mich fest: Hier ist das Paradies. Hier will ich mal begraben werden.“
Bis es so weit ist, wird der Bure allerdings noch manchen Besucher durch die Namib-Wüste lotsen – ob das Thandi nun gefällt oder nicht.