Auf Trüffeljagd in Istrien
Auf der kroatischen Halbinsel Istrien wachsen die leckersten weißen und schwarzen Trüffeln. Wer mit einem erfahrenen Trüffeljäger auf die Suche nach den Edelpilzen geht, kann viel erleben.
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Am liebsten zieht Anita Kvinto nach Mitternacht los – Stirnlampe am Kopf, schmaler Spaten in der Hand und ihre zwei Hündinnen Biba und Mojica an der Leine. Nachts ist es im Eichenwald am ruhigsten und die Konzentration am größten, auch die ihrer vierbeinigen Begleiterinnen. Und ohne die beiden geht es nicht.
Die Trüffeljagd – wie es in Istrien heißt – ist schließlich Teamarbeit. Seit mehr als einem halben Jahrhundert ist Anita im Mirnatal rund um das Bergstädtchen Motovun unterwegs, besonders im Herbst, wenn die kostbaren weißen Trüffeln locken, die es sonst in dieser Qualität nur noch im italienischen Piemont gibt. Ein Kilogramm davon kann schon mal 6.000 Euro und mehr kosten, je nach Angebot und Nachfrage.
Die edle Knolle wird bis in die USA exportiert
Aber darum geht es der 62-Jährigen nicht – jedenfalls nicht an erster Stelle. Schon ihre Eltern und auch ihre Großeltern begaben sich auf die Jagd nach den Edelpilzen. Als Kind bezahlte Anita mit dem Verdienst ihre Schulbücher und -hefte.
Inzwischen haben ihre Tochter Daniela Puh und deren Mann Marko ein modernes Unternehmen mit Verkostungsraum und Trüffelgeschäft aufgebaut. Lizenzierte Sucher – Pardon: Jäger – aus der Gegend arbeiten für Natura Tartufi. Exportiert wird die Kostbarkeit bis in die USA.
Anita Kvinto zieht seit mehr als einem halben Jahrhundert mit ihren Hunden los, um Trüffel in den Wäldern von Motovun zu suchen.
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Aufgeregt wuseln Biba und Mojica um Anitas Beine herum. Die Hündinnen haben den Trüffelgeruch schon mit der Muttermilch eingesogen. Und das ist wörtlich zu verstehen: „Die Zitzen der Muttertiere werden mit Trüffelöl eingerieben, so lernen die Welpen den Geschmack zu schätzen“, sagt Daniela. Drei Jahre dauert die Ausbildung eines Profitrüffelhundes, die Rasse ist Nebensache. Weibchen sind besser für den Job geeignet als Männchen.
Die Zitzen der Muttertiere werden mit Trüffelöl eingerieben, so lernen die Welpen den Geschmack zu schätzen.
Auch über der Erde wachsen in dem fetten, grauen Boden reichlich Pilze, aber die interessieren hier niemanden, auch nicht die Touristen, die Anita tagsüber begleiten dürfen. Plötzlich verharrt Biba. Vorsichtig gräbt Anita mit dem Spaten dort nach, wo ihre Hündin eben noch gekratzt hat. Und tatsächlich: Sie hält eine hühnereigroße Knolle in Händen. Sofort verbreitet sich ein intensiver Duft nach Nüssen, Pilzen, Oliven und Laub.
Die Saison für weiße Trüffeln ist kurz
Für die geduldig wartende Biba gibt es Lob und Leckerli, die Beute verschwindet in Anitas Tasche, und schon geht die Suche weiter im Mirnatal. Die Saison für weiße Trüffeln ist kurz, schwarze sind das ganze Jahr über zu finden. „In manchen Nächten bringt meine Mutter gar keine weißen Trüffel nach Hause“, sagt Daniela. Bis zu einen halben Meter tief sind die Pilze im Boden verborgen.
Und was ist mit den berühmten Trüffelschweinen? Um die Jahrtausendwende gab es in der Gegend eine Sau namens Jacqueline. Von ihr wird allenthalben schmunzelnd erzählt: Jacqueline hatte zwar einen brillanten Geruchssinn, aber leider auch die Eigenschaft, die Trüffeln am liebsten selbst zu fressen. „Je größer und schwerer die Sau wurde, desto unwilliger ließ sie sich zur Seite schieben“, sagt Daniela.
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Heute kann man im Herbst beinahe sicher sein: Wenn Hundegebell in den istrischen Wäldern erschallt, sind Trüffeljäger unterwegs. 2500 haben eine Lizenz und dürfen in den dichten Eichen- und Birkenwäldern losziehen – und dann sind nach Danielas Schätzung noch einmal ebenso viele auf der Jagd, die keine Erlaubnis haben.
Viele Trüffeln werden nach Italien geschmuggelt
Zehn bis zwölf Tonnen Trüffeln werden angeblich in Istrien pro Jahr ausgegraben. Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen: So manches Trüffelkilo wird wohl über die Grenzen nach Italien geschmuggelt, weil dort noch bessere Preise zu erzielen sind. Unterscheidbar sind die Pilze nicht: DNA-Proben haben ergeben, dass die Trüffeln aus Alba so gut wie identisch mit jenen aus Istrien sind.
Danielas Urgroßvater Pietro gehörte Anfang der Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts zu den Ersten, die das Geschäft mit den Trüffeln entdeckten. Bei den Einheimischen standen sie ziemlich weit unten auf der Speisekarte. Wieso sollte man für schrumpelige Knollen schwärmen? Istrien ist schließlich reich an kulinarischen Köstlichkeiten. Auf der Speisekarte stehen fangfrischer Fisch, Malvasia-Wein, aromatisches Olivenöl, Edelschinken und im Frühjahr der wilde Spargel.
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Zum exklusiven GutscheinModell von Trüffelsensationsfund ist heute ausgestellt
Dann kam das Jahr 1999, und ein gewisser Giancarlo Zigante machte den Fund seines Lebens. Seine Hündin erschnüffelte beim Dorf Livade eine 1,31 Kilogramm schwere weiße Trüffelknolle. Zigante begann, ein Imperium mit Trüffelmesse, Trüffelgeschäften und weltweitem Trüffelexport zu errichten. Auch an den istrischen Flughäfen kann man seine Produkte erstehen.
Im Eingang des Restaurants Zigante in dem Ort Livade erinnert eine Plastiknachbildung an den Sensationstrüffelfund in Istrien: 1999 entdeckte Giancarlo Zigante eine 1,31 Kilogramm schwere Knolle.
In Livade gibt es heute ein elegantes Restaurant, das, nun ja, Zigante heißt. Am Eingang thront der Sensationsfund ganz in Plastik auf einem Sockel. Stolz wird auf den Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde verwiesen. Mit weißen Handschuhen eilen im Restaurant die Kellner herbei und hobeln die weißen Pilze über vier bis sechs Gänge. Die schwarzen Trüffeln eignen sich besser zum Kochen. Spezialität im Zigante: Trüffel mit zartem Fleisch vom istrischen Boskarin-Rind, einer Rasse mit riesigen Hörnern.
Aber auch in jedem Landgasthaus, Konoba genannt, das auf sich hält, ist im Herbst Trüffelzeit. Die Trüffelpasta von Mira Zrnic in der Konoba Stari Podrum muss man einfach gekostet haben. In großen Schüsseln fährt Mira die Nudeln auf und löffelt ansehnliche Portionen auf die Teller. Oder soll es doch lieber eines der getrüffelten Steaks sein, die über dem offenen Feuer brutzeln?
Daniela Puh serviert Besuchern im Verkostungsraum ihres Geschäfts Natura Tartufi Köstlichkeiten mit frischen Trüffeln.
„Jedes Gericht wird mit Trüffeln besser“, sagt Daniela Puh von Natura Tartufi – von den Shrimps über Rührei bis zum Vanilleeis. Zum Mitnehmen gibt es bei ihr Steinpilzcreme, Meersalz, Tomatensoße, Ziegen- und Schafskäse, Tagliatelle, Salami und sogar Bier und Schnaps, alles inklusive Trüffeln. Manch Einheimischer schwört allerdings auf Butterbrot mit frischen Trüffeln.
Jedes Gericht wird mit Trüffeln besser.
In Danielas Wäldern wurde sogar schon ein nach Trüffelöl duftender Ehering gefunden: Ein verliebter junger Mann hatte darum gebeten, den so präparierten Ring zu vergraben. Seine Freundin buddelte ihn wunschgemäß mithilfe der Hunde aus, ohne von ihrem Glück zu ahnen. Ein wahrlich standesgemäßer Heiratsantrag im Trüffelreich. Die Frau hat Ja gesagt.
Tipps für deine Reise nach Kroatien
Anreise: Zum Beispiel mit Eurowings nach Pula oder mit Lufthansa nach Triest. Weiter geht’s mit dem Mietwagen.
Einreise: Kroatien gehört zwar zur EU, aber nicht zum Schengen-Raum. Deshalb ist ein Reisepass notwendig.
Trüffeltouren: Bei Natura Tartufi dürfen Touristen im familieneigenen Wald auf die Trüffeljagd gehen. Die Beute müssen sie allerdings bei den Veranstaltern lassen. Dafür wird im Vorführraum Rührei mit ordentlich Trüffeln serviert.
Trüffel satt: Bodenständig aufgekocht wird in der Konoba Stari Podrum im Dorf Momjan – und gleich nebenan sind die passenden Weine im Weingut Kozlovic zu finden. Feiner geht es im Restaurant Zigante in der Ortschaft Livade zu, wo der getrüffelte Ziegenkäse auch schon mal neben der Trüffelsalami an einem Zweig baumelt. Und wer Trüffel zu Fisch mag, dem sei die Konoba Cok in Novigrad empfohlen.
Unterkunft: Im Boutiquehotel Rivalmare in Novigrad hat man das Meer vor Augen und Trüffeln in ein paar Kilometern Entfernung.
Istrien zum Lesen: Das jährlich erscheinende Istrien-Magazin gibt es online. Es kann aber auch als Heft kostenlos bestellt werden.
Die Reise wurde unterstützt vom Tourismusverband Istrien. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.