„Probier‘ etwas Neues, ändere deine Vorstellung davon, was gut schmeckt". Luciano Mazzetti sitzt vor einer Lammkopf-Suppe, ein typisches Andengericht. Sein Weg hat den aufstrebenden, peruanischen Koch raus aus seiner edlen Küche in der Hauptstadt, rauf auf eine der abgelegensten Regionen der Anden geführt. Für seine Sendung "Viaja y Prueba"– reise und probiere – bereist er das Land auf der Suche nach der traditionellen, der echten peruanischen Küche.

 Das Gute liegt doch so nah. Noch bevor Luciano Mazzetti diesen Satz zu seinem Mantra machte, verbrachte er Jahre im Ausland. Er arbeitete beim berühmten spanischen Sternekoch Martin Berasategui und in dem 2013 zum besten Restaurant der Welt gekürten "El Celler de Can Roca". Zurück in der Heimat leitete er sein eigenes Restaurant, moderierte mehrere Fernsehsendungen und gründete eine Bierbrauerei.

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Heute kocht der 31-Jährige mit Einheimischen, an kleinen Holzöfen oder unter freiem Himmel – und nur peruanisch. Einschränken muss sich Mazzetti deshalb nicht: Die Vielfalt der natürlichen Ressourcen Perus ist ungeheuer. Im kalten Wasser des Humboldtstroms vor der 2.500 Kilometer langen Küste schwimmen Hunderte Fischarten, Tintenfische, Garnelen, Hummer, Jakobsmuscheln und Austern. Im Andenhochland wachsen unzählige Mais- und Getreidearten, Gemüse, Kräuter, Wurzeln und natürlich Kartoffeln – mehr als 3.000 Sorten sind bekannt; dazu kommen Lamas, Alpakas und Meerschweinchen.

Hinter den Anden, im Amazonastiefland, tummeln sich Süßwasserfische und allerlei Wildtiere. Im Regenwald gibt es Maniok, Palmherzen und Kochbananen; Obstbananen, Papayas, Ananas und Früchte mit Namen Camu Camu, Cocona oder Chirimoya. Überall im Land wachsen Ajís, Chilischoten von hellgelb bis schwarz, von süß bis feuerscharf.

 "Die echte peruanische Küche ist ein Spiegel der peruanischen Seele und unserer Geschichte", erzählt Mazzetti. Die Ajís waren schon zu Zeiten der Inkas Grundlage vieler Gerichte. Vom 16. Jahrhundert an brachten die Spanier Rezepte für Käse, Fleisch und Eintöpfe mit, afrikanische Sklaven die Begeisterung für Gewürze. Später folgten die Einwanderer aus China mit ihrem Reis und schließlich die Japaner mit ihrer Liebe zum rohen Fisch.

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Peru – ein Schmelztiegel – hatte lange Zeit damit zu kämpfen, diese Vielfalt zu einen und eine eigene Identität zu finden. Doch seit etwa einem Jahrzehnt findet im Land eine Revolution statt, die in einer Küche ihren Anfang nahm: Gastón Acurio, ein renommierter Chef, war der erste, der einheimische Zutaten für seine raffinierten Gerichte verwendete. Die "Fusión Andina" wurde geboren und feierte einen Erfolg nach dem anderen. Ihm ist das gelungen, was Herrscher und Politiker zuvor nicht geschafft hatten: das Bewusstsein einer Nation zu wecken.

"Wenn ich eins auf meinen Reisen gelernt habe, ist das uns Peruaner der Stolz auf unser Essen verbindet, am Tisch sind wir alle gleich und sicherlich hat das auch mit Gastón Acurio zu tun, aber auch damit, dass unser Essen einfach lecker ist", sagt Mazzetti. Neben den Ruinen von Machu Picchu und Cuzco, der einstigen Hauptstadt des Inkareiches, gehört die Gastronomie inzwischen zu den wichtigsten Touristenattraktionen und zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor.

Die Hauptstadt Lima hat sich so zur kulinarisch aufregendsten Stadt Amerikas entwickelt. Das "Central" von Virgilio Martínez, ein Jünger Acurios, wurde schon zum zweiten Mal in Folge zum viertbesten Restaurant der Welt erkoren. Das „Astrid y Gastón“, vom Maestro Gastón Acurio, bewegt sich seit Jahren unter den besten 50.

Luciano Mazzetti führt die Revolution weiter, nicht in der Küche der Spitzenrestaurants des Landes wie Acurio oder Martínez, sondern draußen, da wo gutes Essen immer allgegenwärtig war, aber nie geschätzt wurde: in die abgelegenen Regionen an der Küste, in den Bergen oder tief in den Amazonasregenwald.

"Es ist wichtig, dass es Projekte gibt, die den Wert unserer Kultur vermitteln, damit die jungen Menschen nicht mehr mit Sehnsucht ins Ausland blicken, sondern stolz sind auf ihr eigenes Land, und alles, was es ihnen bietet". Seine Sendung läuft und vermarktet er bewusst nur in den sozialen Medien. "So können wir einfach viel mehr Leute erreichen und müssen uns nicht einschränken in unseren Ideen und wie wir sie umsetzen".

Mazzetti macht sein Ding: Er flucht vor der Kamera, lässt das Auto am Straßenrand stehen, klopft einfach an Türen und lässt sich von den Bauern die Ernte zeigen. "Guckt euch diese Kartoffeln an, warum importieren wir welche überhaupt aus dem Ausland?", schimpft er. Das Gute ist doch gleich hier.