Urlaub auf Norderney: Eine Insel, zwei Meinungen
Für die einen ist die Nordseeinsel ein wahrer Wohlfühlort. Für andere ist sie nur ein grässlicher Fleck, umgeben von braunem Wasser. Ein Schlagabtausch zwischen den reisereportern Leonie und Justus.
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Leonie fährt seit Jahren immer wieder auf die zweitgrößte Ostfriesische Inseln. Egal ob mit Freunden oder der Familie – immer wieder genießt sie die Zeit auf Norderney und möchte am liebsten gar nicht mehr runter von dem… Schandfleck, findet Justus. Für ihn ist die Insel nichts weiter als ein Mittel zum Zweck, denn an manchen Tagen rollen dort wirklich gute Wellen an den Strand, den er als Surfer aus Hannover schnell erreichen kann.
Kontra Norderney: Diese Insel hat nichts, wofür es sich zu bleiben lohnt
Ganz ehrlich, so schlimm ich Norderney auch finde, ich brauche die Insel, um meine Sucht nach Wellen zu stillen. An wenigen Tagen im Winter türmt sich das schlickfarbene Wasser nämlich gekonnt auf und produziert ein paar unerwartet gute Wellen zum Surfen.
Aber das war’s dann auch, ich fahre nachts los, bin vier bis fünf Stunden auf der Insel und fahre so schnell es geht wieder nach Hause. Denn: Selbst diese paar Stunden reichen komplett, um mir den absoluten Abturner auf der „ach so schönen“ Insel abzuholen.
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Die Fährfahrt nach Norderney könnte so schön sein
Das Spektakel oder eher Debakel fängt schon auf der Fähre an. Die rund einstündige Überfahrt von Norddeich zur Südküste Norderneys wäre eigentlich eine super Gelegenheit, noch schnell eine Mütze Schlaf zu kriegen, schließlich fahre ich meist schon gegen 4 Uhr nachts in Hannover los.
Aber leider ist das Publikum, das diese Insel heimsucht, alles andere als entspannt. Etliche Familien mit Kleinkindern, die die komplette Fahrt rumplärren, und Dutzende kläffende Hunde machen die Überfahrt zur Geduldsprobe für meine Nerven.
Apropos Publikum, Norderney-Urlauber sind echt eine Nummer für sich. Peinliche Junggesellenabschiede sind anscheinend ein Klassiker auf der Insel. Und dann gibt’s da noch meine Lieblingsbesucher, die sich ganz offensichtlich mit der Insel vertan haben und mit ihrem Burberry-Schal, dem aufgestellten Kragen und dem „Camp David“-Shirt auf dem Weg nach Sylt anscheinend falsch abgebogen sind.
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Was ist nur los mit dem Personal?
Ich dachte immer, die Ostfriesen seien so gelassen. Auf Norderney ist das nicht gerade zu spüren. Schon der Busfahrer, der mich vom Fähranleger zum Nordstrand bringen soll, verweigert mir jedes Mal die Mitfahrt. Der Grund sei mein Surfbrett. Dass mein Wellenreiter weniger Platz einnimmt als ein Koffer, interessiert ihn nicht die Bohne.
Das gleiche Brett hat das Personal vom Restaurant am Surfstrand vor dem Kopf, hier darf ich mein Surfbrett nicht mal kurz vor das Lokal legen, selbst wenn ich vorhabe, eine der völlig überteuerten Mahlzeiten zu bestellen.
Ein gutes Haar muss ich an Norderney dann aber doch noch lassen: Die kleine Surfszene ist spitze! Die Locals sind immer gut drauf, freuen sich über Gesellschaft im Wasser und leihen dir im Notfall auch mal eben ihr eigenes Equipment aus.
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Zum exklusiven GutscheinPro Norderney: Warum Leonie die Insel liebt
Ach Justus, wo bleibt deine Hang-loose-Attitüde? Wenn du Norderney nicht magst, dann doch nur, weil du ihr, außer für kurze One-Day-Stands, noch keine Chance gegeben hast. Klar, im Frühling kommen die Familien, im Sommer und Frühherbst die Kegelklubs auf die Insel. Zum Glück hast du hier aber genug Platz, beiden Gruppen aus dem Weg zu gehen, wenn du das willst. Oder du kommst, wie unsere Kollegin Christina, einfach im Winter.
Okay, ich muss zugeben: Ich bin natürlich voreingenommen. An meinen ersten Urlaub auf der Insel erinnere ich mich gar nicht mehr, weil ich damals noch so klein war. Und in den bisher zweieinhalb Jahrzehnten meines Lebens war ich bestimmt schon ein Dutzend Mal auf Norderney. Außerdem habe ich, was andere deutsche Nordseeinseln angeht, keinen Vergleich. Norderney reicht mir eben.
Beständig und wechselhaft wie die Gezeiten
Warum? Obwohl ich schon so oft dort war, gibt es bei jedem Besuch etwas Neues zu entdecken. Irgendwo hat nämlich garantiert ein neues Café oder Restaurant eröffnet. Es gibt aber auch vieles, das immer gleich bleibt und den Urlaub so herrlich unaufgeregt macht.
Ich weiß mittlerweile, welche Spazierwege es gibt (einmal um den Ortskern, zur Weißen Düne oder von der Oase zum östlichen Inselende), wo den besten Aperitif (momentan in der Austernbar am Nordstrand) oder die beste Pizza (bei Da Sergio).
Ich liebe es, dass mich das Fährenpersonal daran erinnert, dass der Urlaub schon am Anleger beginnt, wenn ich mal wieder abgehetzt vom verspäteten Zug zur Fähre hechte.
Ich mag die Seeluft, die unendlichen Strände, das Badehaus, das kitschige Kino, den kleinen Kurpark, die Seitengassen abseits der Einkaufsstraßen mit Kopfsteinpflaster und kleinen, weißen Häuschen und, dass man den halben Tag lesen kann, und trotzdem in wenigen Tagen die ganze Insel erkundet hat.
Bin ich deshalb spießig? Vielleicht, aber wenigstens kehre ich immer entspannt aufs Festland zurück.
Letzte Woche haben Justus und ich uns übrigens verpasst: Wir waren beide am Freitag auf der Insel, er im Wasser, ich am Strand. Das nächste Mal bleib doch zumindest bis zum Sonnuntergang – ich geb dir auch ein Bier aus!