Als dieses Kreuzfahrtschiff das erste Mal in See stach, war der Zweite Weltkrieg erst drei Jahre her – bis heute war das Schiff unter der Flagge etlicher Reedereien unterwegs. Jetzt steht die „Astoria“ vor einer ungewissen Zukunft.

Laut dem Schifffahrtsportal „Tradewinds“ soll das Schiff nach 75 Jahren im Dienst verkauft werden – auf dem International Ships Register von S&P Global sei das Schiff als „to be broken up“ (deutsch: zu zerlegen) gelistet. Das würde bedeuten: Verschrottung. Allerdings bestreitet der Eigentümer des ältesten Hochseekreuzfahrtschiffes der Welt, dass der Verkauf das Ende der Karriere bedeutet.

Fest steht aber: Der bevorstehende Verkauf ist eine weitere Veränderung für das Schiff, das in seinen 75 Jahren eine bewegte Geschichte durchlaufen hat.

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Bewegte Geschichte: Berühmtes Unglück mit „Andrea Doria“

Gebaut wurde das Schiff von der schwedischen Schiffswerft Götaverken. 1948 ging die „Stockholm“, wie das Schiff damals hieß, auf Jungfernfahrt von Göteborg nach New York. Mit einem gegen Eis verstärkten Bug wurde sie danach regelmäßig für transatlantische Kreuzfahrten zwischen Schweden und den USA eingesetzt.

Der wahrscheinlich berühmteste Tag in der langen und ereignisreichen Geschichte der „Stockholm“ war der folgenschwere 25. Juli 1956. Nachdem das Kreuzfahrtschiff aus dem Hafen von New York ausgelaufen war, kollidierte es gegen Mitternacht im Nebel mit dem deutlich größeren italienischen Passagierschiff „Andrea Doria“.

Die „Andrea Doria“ sank nach der Kollision mit der „Stockholm“.

Während an der „Stockholm“ nur der Bug beschädigt wurde, sank die „Andrea Doria“. Das berühmte Schiffsunglück kostete insgesamt 51 Menschen das Leben. Der deutsche Sänger Udo Lindenberg veröffentlichte 1973 sogar ein Lied, das von der „Andrea Doria“ und teilweise von dem Unglück handelt.

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„Stockholm“ wird in die DDR verkauft

Auch danach ging es für das Schiff ereignisreich weiter, denn es war auch für die DDR im Einsatz. Die Reederei Swedish American Line verkaufte es 1960 an die Deutsche Seereederei, die Staatsreederei der DDR. Zu diesem Zeitpunkt änderte sich der Name des Schiffes zum ersten Mal, statt „Stockholm“ hieß es fortan „Völkerfreundschaft“.

Bis 1985 war es unter der Flagge der Deutschen Demokratischen Republik unterwegs und diente als Kreuzfahrtschiff für von der DDR-Regierung genehmigte Urlaubsreisen. Auf einer dieser Reisen durchbrach die „Völkerfreundschaft“ während der Kuba-Krise im Oktober 1962 die amerikanische Blockadelinie rund um Kuba und brachte die Urlauberinnen und Urlauber unversehrt auf die Insel.

Kreuzfahrtschiff ist unter zehn weiteren Namen unterwegs

Die DDR verkaufte das Schiff an das panamaische Unternehmen Neptunus Rex Enterprise, seit diesem Zeitpunkt war seine Geschichte von häufigen Namens- und Besitzerwechseln gekennzeichnet.

Das waren die unterschiedlichen Namen des Passagierkreuzers:

  • Volker (1985–1986)
  • Fridtjof Nansen (1986–1989)
  • Surriento (1989–1992)
  • Italia I (1993)
  • Italia Prima (1993–2000)
  • Valtur Prima (2000–2003)
  • Caribe (2003–2005)
  • Athena (2005–2012)
  • Azores (2013–2016)
  • Astoria (seit 2016)

Seit 2015 gehörte das Schiff zur britischen Reederei Cruise & Maritime Voyages, die das Kreuzfahrtschiff in Nordeuropa und im Mittelmeer einsetzte – 2016 wurde es dann in „Astoria“ umbenannt. 

„Germany’s Next Topmodel“ drehte auf der „Astoria“

In dieser Zeit machte das Schiff noch mal Schlagzeilen, und zwar als Dreh- und Wohnort der Kandidatinnen der Casting-Show „Germany’s Next Topmodel“.

Als Cruise & Maritime Voyages aufgrund des Einbruchs des Kreuzfahrt-Tourismus infolge der Corona-Pandemie im Sommer 2020 Insolvenz anmeldete, war auch dieses Kapitel in der langen Geschichte des Schiffes beendet.

Redaktioneller Hinweis: Wir haben diesen Bericht überarbeitet. Der Eigentümer des Schiffes hat bestritten, dass es zum verschrotten verkauft wird.