Der Tourismus in Äthiopien war vor wenigen Jahren auf einem Hoch, nach Jahren des Bürgerkriegs hatte sich das Land vom Krisen-Image erholt. Die Menschen kamen, um sich die faszinierende Natur sowie die vielen historischen und kulturhistorischen Stätten anzusehen.

Doch dann erreichte zunächst die Corona-Pandemie das Land – und nur kurze Zeit später brach der Bürgerkrieg in der Tigray-Region im November 2020 erneut aus. Tourismusminister Sileshi Girma sagt laut „Voice of America“, dass 2020 bis 2022 drei Millionen Touristinnen und Touristen weggeblieben sind.

Seit November 2022 ist indes ein Waffenstillstand in Äthiopiens Norden vereinbart, und das Land versucht, im Tourismus wieder Fuß zu fassen. Vor einigen Jahren war es noch aufwendig, an ein Visum zu kommen. Inzwischen lässt sich das Visum problemlos online beantragen – ein wichtiger Faktor, um Touristinnen und Touristen ins Land zu holen. 

Die Hoffnung ist groß, immerhin sind in Äthiopien viele Menschen auf den Tourismus als Einnahmequelle angewiesen – und man ist abhängig vor allem von Reisenden aus Europa und Nordamerika. Ein erster Schritt zurück zur Normalität: Da der Waffenstillstand tatsächlich eingehalten wird, wurden nun wieder Flüge in die Tigray-Region aufgenommen. Wir haben neun Highlights für Reisende gesammelt.

1. Äthiopiens Hauptstadt: Addis Abeba

Die Hauptstadt Addis Abeba ist trubelig, laut und anstrengend – hat aber auch einige Highlights. 1974 fand man in Äthiopien ein fossiles Skelett, das (nach einem Beatles-Song) Lucy genannt wurde. Bis zu 3,2 Millionen Jahre alt soll Lucy sein und zur Art des Vormenschen Australopithecus afarensis gehören. Das Skelett ist im Nationalmuseum von Äthiopien ausgestellt.

Wer gerne Landschaft mit Hauptstadt verbindet, macht sich auf den Weg zum Entoto Mountain, dem Hausberg von Addis Abeba. Dort wurde ein Naturpark mit Aussichtsplattform, Ziplining, Kletterwald, Wander- und Fahrradwegen und anderen Attraktionen errichtet. Wer sich für Geschichte interessiert, besucht die nahe gelegenen Kirchen Entoto Maryam und St. Mary. 

Der Entoto-Berg am Rande von Addis Abeba hat kulturgeschichtliche Highlights wie die Marienkirche, aber auch viel Natur mit Wander- und Radwegen.

Aktuelle Deals

2. Kloster Debre Libanos und Portugiesische Brücke

Das Kloster von Debre Libanos ist ein beliebter Tagesausflug ab der Hauptstadt Addis Abeba. Bei einer Führung im 1284 gegründeten Kloster erfährst du, warum der Gründer auf Bildern nur mit einem Bein abgebildet ist und warum die Gottesdienste hier bis zu zwölf Stunden dauern. 

Noch beeindruckender als das Kloster Debre Libanos Monastry ist die Umgebung. Dort, wo die Abzweigung hoch zum Kloster führt, findet sich der Ethio-German-Park, von dem aus eine kurze Wanderung zur Portugiesischen Brücke führt. Anders, als der Name vermuten lässt, wurde die pittoreske Steinbrücke aber nicht von den Portugiesen gebaut, sondern nur nach deren Vorbild.

Unweit des Klosters Debre Libanos finden sich herrliche Ausblicke in das sattgrüne Jemma-Tal.

Von den Felsen rund um die Brücke gibt es einen herrlichen Blick hinunter in die Tiefe des Jemma-Tals, benannt nach dem Hauptfluss, der durch die Schlucht fließt: Jemma River. Ein Wasserfall plätschert vor sich hin, und die saftig grüne Landschaft bildet einen großen Kontrast zu dem oft vorherrschenden Dürre-Bild, das viele zu Äthiopien haben.

3. Die Berglandschaft des Simien-Nationalpark

Das Dach von Äthiopien ist der Simien-Nationalpark im Norden des Landes, immerhin findet sich hier der Ras Daschän, mit 4533 Metern der höchste Berg Äthiopiens. Insgesamt ist der Simien-Nationalpark, der seit 1978 erstes Unesco-Weltnaturerbe Äthiopiens ist, für seine beeindruckende Berglandschaft bekannt, die Teil eines riesigen Vulkandoms ist. Schon vor 75 Millionen Jahren soll dieses Basalt-Vulkan-System entstanden sein. 

Aber auch Flora und Fauna gibt es im Simien-Nationalpark. Der Park ist von einigen Wasserfällen durchzogen, zu denen man wandern kann. Mit Glück entdeckst du dabei Blutbrustpaviane (auch Dscheladas genannt), den Äthiopischen Wolf, den Äthiopischen Steinbock oder den Erzraben. 

Die Berglandschaft des Simien-Mountain-Nationalparks gehört zu den Highlights einer Reise nach Äthiopien.

Weiterlesen nach der Anzeige

Anzeige

4. Die heiligen Felsenkirchen von Lalibela

Kommen wir vom ersten Unesco-Weltnaturerbe zum ersten Unesco-Weltkulturerbe. Das sind seit 1978 die Felsenkirchen von Lalibela. Im zwölften und 13. Jahrhundert soll König Lalibela in Auftrag gegeben haben, die Tuffstein-Kirchen zu errichten. Die wurden aus monolithischen Felsblöcken gehauen. Seine Intention war damals, das neue Jerusalem zu errichten und die heutige Stadt Lalibela, die auch Neu-Jerusalem genannt wird, zum christlichen Pilgerort zu machen. 

Das ist Lalibela auch heute noch. Das Labyrinth aus Steinen und Höhlen mit den beeindruckenden natürlichen Lichtspielen ist bei Touristinnen und Touristen aus aller Welt beliebt. Jedes Bauwerk ist einzigartig, Türen, Säulen und Fenster entstanden durch Ausmeißelungen und im Inneren der insgesamt elf Kirchen finden sich oft historische Wandmalereien. Drum herum finden sich Zeremoniegänge, Entwässerungsgräben und Einsiedlerhöhlen.

Die Kirchen von Lalibela sind einzigartig.

Lalibela liegt im zentralen Hochland von Äthiopien, in den Lastas-Bergen. Deshalb eignet sich der Ort nicht nur für einen Besuch in den heiligen Felsenkirchen, sondern auch für Erkundungen in der Natur. In Lalibela starten ein- bis mehrtägige Trekking-Touren in die Umgebung. Auch Reiterlebnisse sind möglich.

5. Danakil-Wüste mit Vulkanen und heißen Quellen

Eines der spannendsten Gebiete in Äthiopien ist die Wüste Danakil, auch Danakil-Depression genannt, im Dreiländereck mit Eritrea und Dschibuti, die aufgrund tektonischer Vorgänge immer weiter sinkt. Hier finden sich rund 30 aktive Vulkane, insgesamt zählt das Gebiet zu den geologisch aktivsten weltweit. Besonders der basaltische Schildvulkan Erta Ale ist bei Reisenden als Fotomotiv beliebt. 

Wer gerne außergewöhnliche, aber abgelegene Orte mag, sollte einen Besuch in Dallol anstreben, das für seine Thermalquellen bekannt ist. Das 108 Grad heiße Salzwasser tritt hier in kleinen Seen an die Oberfläche. Unterwegs werden Mineralien freigesetzt, die sich dann an der Oberfläche ablegen und beeindruckende Salz-Formationen formen. Durch die verschiedenen Stoffe sind diese Formationen weiß, gelb und rot gefärbt, während das Wasser in den Seen grün schimmert. Was für ein Farbenspiel!

Die heißen Quellen in Dallol in der Wüste Danakil sorgen für ein Farbenspiel.

Wenn du bisher noch nicht überzeugt sein solltest, gibt es noch etwas kulturgeschichtlichen Input. Dass Äthiopien als die Wiege der Menschheit gilt, hast du sicher schon einmal gehört. Diese wird in der Danakil, die deshalb auch „Höllenloch der Schöpfung“ genannt wird, vermutet. In der Danakil wurden Überreste von zwei Millionen Jahre alten Menschenaffen, den Hominiden, gefunden. 

6. Bahir Dar, Tanasee und Tisissat-Wasserfälle

Am Ufer des Tanasee, der auch als Dembasee oder Tsanasee auf Landkarten und in Reiseführern auftaucht, liegt die Stadt Bahir Dar. Bahir Dar verfügt über 20 christlich-orthodoxe Kirchen und Klöster, von denen sich einige zu besichtigen lohnen. Noch beeindruckender ist der Palast Haile Selassies etwas außerhalb der Stadtgrenzen. 

Doch hauptsächlich kommen die Menschen für die Umgebung nach Bahir Dar. Da wäre besagter Tanasee, der höchstgelegene See Afrikas, der größte See Äthiopiens, der seit 2015 Zentrum eines Unesco-Biosphärenreservats ist. Hier entspringt die Quelle des Blauen Nils, eines der Zuflüsse zum Hauptstrom Nil. 

Die Tisissat-Wasserfälle sind in der Regenzeit die zweitgrößten Wasserfälle Afrikas.

Zudem ist Bahir Dar Ausgangspunkt für eine Erkundung der Tisissat-Wasserfälle, nach den weltbekannten Victoriafällen in Sambia und Simbabwe die zweitgrößten Afrikas. 42 Meter stürzt das Wasser hier in die Tiefe, auf einer Breite von 400 Metern. Rund einen Kilometer flussabwärts findet sich zudem die älteste Steinbrücke des Landes. Sie datiert auf das Jahr 1626. 

7. Gonder und die Festungsstadt Fasil Ghebbi

Nach den aktiken Stätten Aksum und Lalibela und vor Addis Abeba war Gonder (auch Gondar) mehr als 200 Jahre lang die Hauptstadt von Äthiopien. Bekanntheit erlangte die Stadt 1941, als Italien in der Schlacht von Gonder verloren hat (trotz britischer Unterstützung) und Äthiopien in der Folge seine Unabhängigkeit erreichte. 

Heute ist die Stadt in den Bergen für ihre zahlreichen Schlösser und Kirchen bekannt, die trotz der Bombardierung 1941 weitestgehend erhalten geblieben sind. Zum Unesco-Weltkulturerbe gehört die ehemalige Festungsstadt Fasil Ghebbi, die im 16. und 17. Jahrhundert Residenz des äthiopischen Kaisers war. 

Die einstige Festungsstadt Fasil Ghebbi gehört zum Unesco-Weltkulturerbe.

Dazu gehört Debre Berham Selassie, die als eine der schönsten Kirchen des Landes gilt. Hier warten Steinwände, Malereien und Fresken. Zudem sollten ein Besuch im Palast von Fasiladas, dem ältesten und beeindruckendsten Gebäude Gonder, sowie die Kirche Kuskuam (auch Kusquam) auf deiner To-do-Liste stehen. 

8. Safari im Awash-Nationalpark

Eine Safari ist nicht nur im Nachbarland Kenia möglich, auch Äthiopien hat noch einige Gebiete mit Wildtieren. Da wäre beispielsweise der Awah-Nationalpark rund 220 Kilometer von Addis Abeba entfernt. Zwischen Akazien, Palmenhainen und Grasland finden sich hier beispielsweise Gazellen, Antilopen, Affen, Krokodile, Wasserschweine und Zebras sowie Löwen, Geparde, Leoparden, Servale und Karakel – für Raubkatzen benötigst du aber etwas mehr als ein wenig Glück.

Aber auch landschaftlich hat der Awash-Nationalpark einiges zu bieten. Da wären etwa die Awash-Wasserfälle sowie die Lavawelt des Fantale-Vulkans, eines inaktiven Vulkans im Zentrum des Parks. Wer mit Allradantrieb unterwegs ist, kann bis hinauf zum Kraterrand fahren. Der Basaka-See mit seinem hohen Salzgehalt ist ebenfalls ein Spektakel: Der Wasserspiegel steigt jedes Jahr um etwa 20 Zentimeter. 

Wer gerne in heißen Quellen baden möchte, kann dies im Awash-Nationalpark ebenfalls tun. Im Norden finden sich die Thermalquellen Filwoha, die man für einen Wellness-Aufenthalt besuchen kann. Vor allem morgens und abends ist ein Bad beliebt, denn tagsüber ist nicht nur das Wasser heiß, auch die Außentemperatur kann die 40-Grad-Marke knacken. 

9. Kulturelle Vielfalt im unteren Omo-Tal

Das Omo Valley, zu Deutsch Omo-Tal (oft: Unteres Omo-Tal), ist als Ausflugsziel nicht unumstritten. In dem Gebiet leben acht verschiedene ethnische Gruppen, die davon leben, ihren Lebensstil Touristinnen und Touristen vorzuführen. Fotos von halb nackten, angemalten Menschen sind typische Bebilderungen für einen Besuch im Omo Valley, was nicht von allen als ethisch empfunden wird. 

Dennoch leben die Menschen im Omo Valley vom Tourismus, weshalb es auch schwierig ist, von einem Besuch abzuraten. Reisende, die einen Stopp in diesem Schmelztiegel der Kulturen einlegen, sollten sich deshalb besonders respektvoll verhalten. Einen Guide zum verantwortungsvollen Reisen im Omo-Tal hat die Agentur „Brillant Ethiopia“ zusammengestellt.

Im Omo-Tal leben verschiedene ethnische Gruppen, die Touristinnen und Touristen ihren traditionellen Lebensstil nahebringen wollen.

Übrigens: Im Omo Valley wurden menschliche Überreste von vor mehr als zwei Millionen Jahre gefunden. Aufgrund dessen ist das untere Omo-Tal auch als Unesco-Weltkulturerbe gelistet.

Nebst der kulturellen Vielfalt bezaubert das Omo-Tal auch mit seinen Landschaften. Da wäre etwa der Nech-Sar-Nationalpark mit den Bergen, Seen und Wäldern. Mehr als 70 Säugetierarten haben in dem Nationalpark ihre Heimat gefunden. Auch Krokodile kannst du bei einer Tour entdecken.