Während die Premierenfahrt eines neuen Kreuzfahrtschiffes meist ordentlich gefeiert wird, verläuft seine letzte Reise eher still und unbemerkt. Einige Reedereien organisieren für ihre besonders beliebten Schiffe noch eine Abschiedstour, doch dann verschwinden auch sie aus der Flotte. Werden sie nicht von anderen Schiffseignern übernommen, geht es für die ausgemusterten Ozeanriesen auf direktem Kurs zu einem der riesigen schwimmenden Schiffsfriedhöfe. 

Gekommen zum Abwracken: In Alang in Indien befindet sich einer der größten Schrottplätze für Schiffe.

Nach Schätzungen des „Business Insiders“ werden jährlich über 700 größere Schiffe außer Dienst gestellt, seit der Corona-Pandemie sind darunter auch vermehrt Kreuzfahrtschiffe zu finden. Die Pandemie hatte die milliardenschwere Kreuzfahrtindustrie in die Krise gestürzt. Um Kosten zu vermeiden, waren Reedereien gezwungen, sich gänzlich aus der Branche zurückzuziehen oder Schiffe früher als geplant auszumustern. Seitdem herrscht Hochbetrieb auf den Abwrackwerften.

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Abwrackhafen in Aliaga erlebt Aufschwung

Einer der größten und bekanntesten ist der Abwrackhafen in Aliaga knapp 50 Kilometer nördlich von Izmir. Durch die Corona-Pandemie hat er einen regelrechten Aufschwung erlebt: Füllten bis dahin nur die Verschrottung von Fracht- und Containerschiffen die Auftragsbücher, kommen seit 2020 auch immer wieder ausgemusterte Kreuzfahrtschiffe hinzu.

Die Ozeanriesen werden innerhalb von sechs bis neun Monaten zerlegt und Einbauten, Elektrik sowie das gewonnene Altmetall werden zu Geld gemacht.

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Zahl der verschrotteten Kreuzfahrtschiffe steigt

Laut eines Berichts des Branchenportals „Cruise Industry News“ hat zuletzt Mitte November 2022 die „Carnival Ecstasy“ der US-amerikanischen Reederei Carnival Cruise Line Kurs auf Aliaga genommen und befindet sich seither auf dem riesigen Schrottplatz. 31 Jahre reiste sie über die Weltmeere, bevor sie vor wenigen Wochen ihr letztes Ziel erreichte. Seit Beginn der Corona-Pandemie wurden von Carnival damit sechs Schiffe der Fantasy-Reihe ausgemustert.

Die „Carnival Ecstasy“ ist laut „Cruise Industry News“ bereits das 16. Kreuzfahrtschiff, das 2022 an einen Abwrackhafen verkauft wurde. Damit stellt das vergangene Jahr einen neuen Rekord auf. Seit Beginn der Pandemie steigen die Zahlen der zur Verschrottung freigegeben Kreuzfahrtschiffe von Jahr zu Jahr.

Laut dem Bericht wurden bereits wenige Monate nach Beginn der Pandemie die ersten Kreuzfahrtriesen zu den Recyclinghöfen geschickt, neun Schiffe waren es 2020. 2021 stieg die Zahl auf elf. Zum Vergleich: 2019, also vor der Pandemie, war es nur ein einziges Kreuzfahrtschiff, das zum Abwracken verkauft wurde.

Küste an Abwrackhäfen ist verseucht

Auch ins indische Alang schicken die Reedereien ihre Kreuzfahrtschiffe zum Verschrotten. Hier, nördlich von Mumbai, werden seit Jahrzehnten jährlich Hunderte Schiffe von Arbeiterinnen und Arbeitern zerlegt. Die Arbeitsbedingungen sind umstritten, wie der „Business Insider“ berichtet. Immer wieder komme es zu Zwischenfällen. Die einst saubere Meeresküste sei dort inzwischen von Asbest, Schwermetallen und Ölen kontaminiert.

Die Arbeitsbedingungen auf dem Schiffsfriedhof von Chittagong in Bangladesh sind zum Teil lebensgefährlich.


Wenig anders sieht es in Chittagong in Bangladesch aus: Auch hierhin werden die Ozeanriesen zum Sterben geschickt. Und auch hier sind die Umweltbelastungen hoch. Während das Geschäft mit den ausrangierten Schiffen für die Werftbesitzer lukrativ ist, ist es für die Arbeiter oftmals lebensgefährlich: Laut der Nichtregierungsorganisation (NGO) Shipbreaking Platform sind allein 2021 14 Menschen auf dem Gelände gestorben, 34 wurden schwer verletzt.