In den Abendstunden im Parreirinha de Alfama, einem Restaurant im Lissabonner Stadtteil Alfama, singt Maria Fatima melancholische Melodien in Moll. Schon seit 62 Jahren hat sie sich dem traditionellen Fado-Gesang verschrieben. Die meisten Texte erzählen von der Liebe – es ist vor allem die unerfüllte, oft aber auch die Liebe zu ihrer Heimat: der portugiesischen Hauptstadt an der Tejo-Mündung.

Quasi im Einklang mit den Wellen dieser Wasserverbindung, mit dem Atlantik und der weiten Welt schwingt in den Liedern auch eine besondere Sehnsucht mit: nach fernen Ländern, die schon die großen portugiesischen Entdecker im Blut hatten, deren Andenken in Lissabon besonders gepflegt wird.

Fado soll aus Mouraria stammen

Im benachbarten Stadtteil Mouraria soll der Fado der Erzählung nach erfunden worden sein. Hier, auf einem der sieben Hügel der Stadt, steht auch das Castello de Sao Jorge oberhalb der Altstadt und blickt auf den Teil Lissabons herab, in dem wohl die meisten touristischen Ziele der Stadt liegen.

Immer präsent: Auch vom Castello de Sao Jorge ist der Tejo gut zu sehen.

Lissabon lässt sich gut zu Fuß erkunden

Alles ist hier fußläufig, mit der historischen Tram oder der unterirdischen Metro zu erreichen. Wie sehr die Stadt und ihre Bewohnerinnen und Bewohner aber mit dem Tejo verbunden sind, erahnen die Besucherinnen und Besucher schon, wenn sie nach dem Flanieren auf der Einkaufsstraße Rua d’Auguste durch das gleichnamige Tor auf den großen Platz Praca do Comercio direkt am Ufer der breiten Bucht treten. Architektonisch scheint die Stadt hier den Fluss in die ausgebreiteten Arme nehmen zu wollen.

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Salzig ist das Wasser des Tejo bereits in Lissabon, und Ebbe und Flut des nahen Atlantik wirken sich auch am Praca do Comercio deutlich sichtbar auf den Wasserstand aus. Mit den zum Fluss hin ausgerichteten Cafés und Treppen und Terrassen, die dazu einladen, sich bei meist sonnigem Wetter und durchschnittlich fast 20 Grad Celsius für einen Augenblick oder auch länger niederzulassen, drücken die Stadt und ihre Menschen ihre Verbundenheit mit dem Fluss aus.

Und natürlich haben sie auch den ökologischen Aspekt dieser Liebe erkannt. So erstreckt sich jenseits der modernen Brücke Vasco da Gama ein großes Naturschutzgebiet. Birdwatching gehört hier, auf der Route der Zugvögel gen Süden, zu den beliebten Angeboten.

Seefahrer brachten Reichtum 

Wenige Kilometer in Richtung Mündung nahe des weltbekannten Turms von Belem huldigen die Portugiesinnen und Portugiesen ihren historischen Seefahrerhelden. Diese Entdecker um Vasco da Gama und Ferdinand Magellan erschlossen vornehmlich im 15. und 16. Jahrhundert Kolonien, von Brasilien bis Macao, auf der ganzen Welt. Sie begründeten so die wohlhabendste Zeit Portugals.

Der Torre de Belém an der Tejomündung ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Lissabons.

Pasteis de Nata sind ein Muss

Dank vielfältiger Einflüsse aus diesem Riesenreich und aus Zeiten der maurischen Besetzung, die bis ins 12. Jahrhundert andauerte, hat sich im Land und seiner Hauptstadt eine sehr gemischte Kultur entwickelt. „Wir sind sehr tolerant“, stellt Antonio Sousa mit einem erkennbaren Maß an Stolz fest. Er betreibt direkt am Praca do Comercio ein Literaturcafé mit dem Namen Martinho do Arcada.

Der Autor Fernando Pessoa hat hier, wie einige andere nationale Berühmtheiten, auch Jahre nach seinem Tod noch seinen eigenen Tisch. Der Kaffee zwischendurch, oft ein Espresso, zusammen mit einem Pasteis de Nata, einem kleinen Blätterteigküchlein mit herrlicher Cremefüllung, gehören zum allgemeinen Lebensgefühl der Lisabonnerinnen und Lissabonner. Gelegenheit, dies zu genießen, gibt es in der Stadt reichlich.

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Antonio Sousa betreibt ein Literaturcafé am Praca de Comercio.

Stockfisch gehört zur Stadt

Auf der anderen Straßenseite ehrt die Stadt das sogenannte Brot der Gezeiten. Der Stockfisch, eine getrocknete Variante des Kabeljau, hat hier seit 2020 ein eigenes Museum mit vielen Multimediapräsentationen, das Centro Interpretativo da História do Bacalhau. Schon die portugiesischen Entdecker im 15. Jahrhundert wurden auf diesen Speisefisch aufmerksam und brachten ihn mit in ihre Heimat.

Zu wirtschaftlich schlechteren Zeiten hatte Diktator Antonio de Oliveira Salazar die Idee, den sogenannten Bacalhau als Grundnahrungsmittel für das damals hungernde Volk einzuführen. Der Staat entwickelte dazu 1934 eine beispiellose Stockfischkampagne.

Im Centro Interpretativo da História do Bacalhau kannst du jede Menge über den berühmten Stockfisch lernen.

Besucherinnen und Besucher des Museums können unter anderem in eines der kleinen Fischerboote steigen und dabei eisige Temperaturen und Seegang am eigenen Leib erfahren.

Der Stockfisch fehlt in Lissabon auf keiner Speisekarte. Chefkoch Vitor Sobral gilt als der Experte für Gerichte mit dem getrockneten Kabeljau. Er hat 24 Kochbücher geschrieben, darunter eines mit 500 Stockfischrezepten. Immer wieder musste er auf repräsentativen Reisen mit dem Staatspräsidenten Stockfisch zubereiten und steht deshalb mit dem „guten Freund“ der Einheimischen eigentlich auf Kriegsfuß.

Obwohl er die Küche der armen Leute als die kreativste ansieht, betont er: „Unsere Küche ist so reich an frischen und lokalen Produkten.“ Seine Landsleute äßen pro Kopf doppelt so viel Reis wie die Nachbarn in Spanien – und haben den dritthöchsten Pro-Kopf-Verbrauch an frischem Fisch weltweit.

Cascais: Essen im ehemaligen Fischmarkt

Sein neuestes der inzwischen sieben Restaurants, das Lota da Esquina, hat der Chefkoch erst im September 2022 in einem früheren Fischmarkt im Küstenort Cascais eröffnet. Hier, wie im Nachbarort Estoril, an der Tejo-Mündung tummeln sich die etwas besser betuchten Gäste. Der Jachthafen der Kleinstadt zählt allein 600 Liegeplätze. Die Stadtstrände sind klein, aber fein. Das wahre Strandleben tummelt sich deshalb auf der anderen Seite, dem südlichen Mündungsufer. An der Costa de Caperica erstreckt sich ein 15 Kilometer langer Sandstrand entlang der Atlantikküste.

Im Küstenort Cascais gibt es kleine, aber feine Sandstrände.

Surfschulen zeugen vom Boom der Sportart

25 Surfschulen zeugen von einem Boom dieser Sportart auf diesem Küstenstreifen, der per Fähre in weniger als einer halben Stunde von Lissabon aus zu erreichen ist. Zwar gibt es inzwischen zwei große Brücken, die den Tejo überspannen, „die sind aber meist voll“, wie Carmo Botelho berichtet. Die Reiseführerin stammt wie Chefkoch Vitor Sobral von der anderen Seite des Flusses und pendelt täglich mit der Fähre noch Lissabon. Aufgrund dieser Nähe zur Hauptstadt und der guten Verbindung über den Fluss sind der Strand und das Surfrevier an der Costa de Caperica besonders angesagt, ist sich Rui Oliveira sicher.


Nachdem der Deutsche Sebastian Steudtner im Oktober 2020 in Nazaré, nördlich von Lissabon, mit seinem Board eine mehr als 26 Meter hohe Rekordwelle hinuntergeritten war, erlebt der Surfsport in Portugal einen weiteren Aufwind. Nicht zuletzt für Anfängerinnen und Anfänger ist die Gegend gut geeignet.

Viele Lissabon-Reisende schätzen auch die Nähe zum Meer. An der Costa da Caparica gibt es hier ein besonderes Surfrevier.

Das „Kalifornien Europas“

Für Rui Oliveira ist das Revier vor den Toren der portugiesischen Hauptstadt bereits so etwas wie das „Kalifornien Europas“. Auch die im Vergleich deutlich günstigeren Preise sprächen für die Costa de Caperica – und der täglich faszinierende Sonnenuntergang. Die beste Zeit für Surfschülerinnen und Surfschüler – 90 Prozent sind inzwischen weiblich – sei im Oktober und November, verrät er.

Viele Highlights in der Nähe

Der ehemalige Autoverkäufer besitzt eine eigene Surfschule und hat ein verändertes Verhalten der Gäste beobachtet: „Die jungen Menschen wollen heute in drei Tagen möglichst viel erleben“, sagt er. Die Möglichkeiten in Lissabon kommen dem entgegen. Sightseeing in der Stadt, die Strandorte Cascais und Estoril, weiter nördlich die historische Sommerresidenzstadt Sintra mit ihren historischen Festungsanlagen und dazwischen der bei Reisenden beliebte Cabo de Roca, der westlichste Punkt auf dem europäischen Festland.

Der ­Cabo de Roca ist der westlichste Punkt auf dem europäischen Festland.

Alles ist auch mit dem Nahverkehr gut zu erreichen. Der Wassersport komme den Gästen als aktiver Urlaubsteil sehr gelegen. Dazu kommt in Lissabon eine besondere Eigenschaft der Einheimischen, wie Rui Oliveira betont. „Wir sind hier alle sehr freundlich“, sagt er.

Tipps für deine Reise nach Lissabon

Anreise: Als Hauptstadt Portugals ist der Flughafen von Lissabon mit allen größeren Städten in Europa verbunden. Direktflüge gibt es unter anderem aus Frankfurt am Main, Düsseldorf und Berlin.

Beste Reisezeit: Die durchschnittliche Tagestemperatur in Lissabon liegt bei knapp unter 20 Grad Celsius. Als Regenmonat gilt der April. Einheimische raten zu einem Besuch im Mai: Dann ist es noch nicht so heiß und die Anzahl der Reisenden in der Stadt hält sich noch in Grenzen.

Attraktionen: Stockfischmuseum Centro Interpretativo da História do Bacalhau, Terreiro do Paço – Torreão Nascente 1100-148. Geöffnet: täglich 10 bis 19 Uhr. Eintritt: 4 Euro für Erwachsene, 3 Euro für Senioren und Studierende, 2 Euro für Sechs- bis 15-Jährige.

Essen: Parreirinha de Alfama, Beco do Espírito Santo 1, 1100-222 Lisboa. Geöffnet: dienstags bis sonntags, 20 bis 1 Uhr.
Lota de Esquina, Largo Henrique Anjos 58b, 2750-474 Cascais. Geöffnet: dienstags bis sonntags, 12.30 bis 23.30 Uhr.
 

Die Reise wurde unterstützt von Turismo de Lisboa. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.