Was würde ein Ende der Vorkasse bei Flügen bedeuten?
Niedersachsens Landesregierung will durchsetzen, dass Flugtickets künftig erst beim Check-in bezahlt werden müssen. Was würde ein Ende der Vorkasse für die Urlaubsbuchung bedeuten? Welche Vorteile und Nachteile hätte es?
Weiterlesen nach der Anzeige
Anzeige
Wer einen Flug oder eine Pauschalreise bucht, muss diese in der Regel bereits vorab bezahlen – das kann viele Monate im Voraus bedeuten. Für Reisende kann das ein erhebliches finanzielles Risiko bedeuten und für ordentlich Frust sorgen.
Das zeigten in den vergangenen Jahren Insolvenzen von Air Berlin oder Thomas Cook und wegen der Corona-Pandemie ausgefallene Flüge: Für im Voraus bezahlte Flüge und Reisen erhielten viele Menschen entweder keine oder nur sehr verspätet Rückzahlungen, etliche warten noch heute auf ihr Geld.
Tausende Flüge wegen Personalnot gestrichen
Und in diesem Sommer spitzte sich die Situation erneut zu: Wegen Personalmangels mussten Airlines Abertausende Flüge streichen. Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte dem „Handelsblatt“, die Flugausfälle gingen fast immer zulasten der Reisenden. Die Kundinnen und Kunden müssten sich bei Stornierungen mühsam und teilweise langwierig um eine Rückerstattung bemühen.
Aktuelle Deals
Die Landesregierung Niedersachsens will durchsetzen, dass die Abbuchung für Flugtickets künftig frühestens beim Check-in erfolgen soll und hat dazu eine Initiative beim Bundesrat eingereicht.
Sie soll in den kommenden Tagen in den Ausschüssen der Länderkammer beraten. Sie soll die Bundesregierung bitten, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Nachdem sich der Rechtsausschuss und weitere Ausschüsse der Länderkammer noch im September mit dem Vorschlag befasst haben, kann das Plenum darüber abstimmen, ob es eine entsprechende Entschließung fasst.
Damit nimmt ein von Verbraucherschutzorganisationen seit Längerem geforderter Vorstoß gegen die geltende Praxis, den Preis von Flugtickets gleich bei der Buchung zu kassieren, auf der politischen Ebene Gestalt an.
Weiterlesen nach der Anzeige
Anzeige
Verbraucherschützer fordern schon länger Änderungen
Neu ist die Forderung des Landesregierung nicht: Verbraucherschützer hatten bereits im Frühjahr 2021 nach stockenden Ticket-Erstattungen in der Corona-Krise gefordert, dass Flugreisen erst bei Antritt und nicht schon Wochen und Monate im Voraus bezahlen werden sollten.
Dies ist bislang nur für bestimmte Großkunden möglich, während bei normalen Tickets der Reisepreis bereits bei der Buchung fällig ist.
Sicher dir jetzt den exklusiven Wellness-Gutschein für 2 Nächte in TOP Hotels für nur 74,99 Euro pro Person
Zum exklusiven GutscheinDer Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) bezeichnet die Vorkasse-Praxis als „wirtschaftlich äußerst bedenklich“. Und weiter: „Mit den Geldern der Kunden, die heute buchen, werden die Reisen oder Flüge für diejenigen bezahlt, die schon vor Monaten gebucht und ebenfalls bezahlt haben.“
Nun nimmt der Vorstoß der Verbraucherorganisationen auch auf politischer Ebene Gestalt an. Bei Airlines stößt er – wenig überraschend – auf Widerstand.
Lufthansa hält an Vorkasse für Flüge fest
Die Lufthansa lehnt den Vorschlag ab. „Trotz der vielen Flugplanänderungen leisten wir die Erstattungen nahezu vollständig in der vorgegebenen Frist von nur sieben Tagen. Insofern gibt es für diese politische Initiative keinen Anlass“, sagte ein Unternehmenssprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Steigen die Preise für Flüge ohne Vorkasse?
Deutschlands größte Airline sieht in der Bezahlung vor Reiseantritt eine gängige Praxis der Reisebranche, die Planungssicherheit und differenzierte Preise erlaube. Es stelle sich die Frage, „ob es im Interesse von Fluggästen ist, durch ein Verbot der Vorkassepraxis de facto die günstigeren Frühbuchertarife einzuschränken“,
Der VZBV geht hingegen bei einem Wegfall der Vorkasse nur von geringen Preissteigerungen aus – und beruft sich auf ein Gutachten von Wirtschaftsexperten der Hochschule Luzern. Demnach müssten Reisende bei Flügen maximal mit einem Plus von 3,3 Prozent rechnen, bei Pauschalreisen wären es nur 1,1 Prozent.
Diese Berechnungen werden in Luftfahrtkreisen bestritten, schreibt das RND, weil der Aspekt der höheren Planungssicherung inklusive hoher Auslastung der Flieger, was auch der Umwelt zugutekomme, dabei nicht berücksichtigt werde.
Wie würde künftig bezahlt werden?
Wie würde eine solche Zahlungspraxis in der Zukunft überhaupt aussehen – müssten Reisende mit Bargeld oder EC-Karte zum Flughafen kommen und dort zahlen? Wohl nicht. Verbraucherschützer verweisen hier auf Lastschriftvereinbarungen, bei welchen der Ticketpreis dann erst zu einem späteren Zeitpunkt als bei der Buchung abgebucht würde.