Jede Metropole hat ihre ganz eigenen Besonderheiten. Aber nicht viele Großstädte schaffen es, ihre Besucherinnen und Besucher auch mit ihrem Charakter in den Bann zu ziehen. Pompöse Plätze, Kirchen und Paläste, mehr als 60 Museen, eine wunderschöne Altstadt und jahrtausendealte Kulturdenkmäler warten auf dich in Neapel. Doch Touristinnen und Touristen bekommen auch einen hautnahen Eindruck vom Leben in den steilen Gassen und Straßen.

Die Neapolitanerinnen und Neapolitaner grenzen sich mit einer ganz eigenen Sprache (Neapolitanisch) vom Standard-Italienisch ab, gestikulieren wild mit Händen und Füßen, beobachten ihr Umfeld mit Adleraugen und halten sich nicht immer an die Verkehrsregeln. Das mag man auch aus anderen italienischen Städten kennen. Doch in Neapel erscheint das Lebensgefühl intensiver, chaotischer und zugleich genussvoller als anderswo.

Kleine Pizzabäckereien wie diese gehören zum typischen Stadtbild Neapels.

Turbulente Historie und fruchtbare Böden in Neapel

Die Gründe dafür sind sicherlich vielfältig, dürften aber in der wechselvollen Geschichte und den fruchtbaren Böden verankert sein, auf denen Neapel im wahrsten Sinne des Wortes fußt. Die Stadt, gelegen an einer etwa 30 Kilometer langen Meeresbucht und umringt von einem Vulkangürtel, wurde vor etwa 2600 Jahren erst von den Griechen angelegt und dann einige Jahrhunderte später von den Römern erobert.

Es folgten kürzere Herrschaftsperioden von Normannen, Staufern bis hin zu den Bourbonen, bevor sich Neapel nach dem Einmarsch des Freiheitskämpfers Giuseppe Garibaldi 1860 schließlich dem Königreich Italien zuordnete.

An die turbulente Stadtgeschichte Neapels erinnert heute eine Vielzahl an gut erhaltenen Relikten. Von den wechselnden Herrschern erzählen zum Beispiel zwei mächtige Festungen: das Castel dell’Ovo, gegründet im sechsten Jahrhundert vor Christus, erhebt sich auf einer kleinen Insel im Stadtteil San Ferdinando. Das Castel Sant’Elmo aus dem 14. Jahrhundert, ebenfalls ein Wahrzeichen Neapels, thront auf dem Hügel Vormero über der Stadt und beherbergt heute die Kunsthistorische Bibliothek.

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Römische Relikte: Die Antike ist allgegenwärtig

Mehrere historische Stätten bestimmen zudem das zentrale Stadtbild. In Neapel und Umgebung gibt es 18 bedeutsame archäologische Stätten, darunter das Anfiteatro campano, bekannt als „zweites Kolosseum“, und das Anfiteatro flavio mit einem spektakulären Unterbau. Beeindruckend sind auch die 2000 Jahre alten Katakomben von San Gennaro.

Unter der prächtigen Decke der Cappella del tesoro di San Gennaro (Schatzkapelle des heiligen Januarius) wird das traditionelle „Blutwunder“ zelebriert.

Dem Schutzpatron der Stadt ist auch der mächtige Dom Neapels gewidmet. In der Kathedrale werden mehrere Reliquien von San Gennaro aufbewahrt, denn viele Neapolitanerinnen und Neapolitaner glauben bis heute an die schützenden Kräfte des einstigen Bischofs. Ihm zu Ehren wird mehrmals jährlich das sogenannte Blutwunder zelebriert. Dabei werden aufbewahrte Ampullen, die das Blut des Heiligen enthalten sollen, gedreht – sollte das angebliche Blut nicht flüssig erscheinen, wird das als schlechtes Omen für Neapel gewertet.

Tödliche Gefahr: Der Vulkan Vesuv

Historisch betrachtet mussten die Menschen in Neapel häufig schwere Zeiten durchmachen. Dass die Stadt und ihre Kultur bis heute dennoch standfest geblieben sind, scheint sich im Selbstverständnis der Neapolitanerinnen und Neapolitaner mit einer besonderen Gelassenheit und Lebensfreude verankert zu haben. Schließlich ist das fortlaufende Chaos am Fuße des bedrohlichen Vesuvs schon seit Jahrhunderten ganz normaler Alltag.

Der 1281 Meter hohe Vulkan ist zuletzt 1944 ausgebrochen, gilt aber weiterhin als aktiv. Am Monte Vesuvio genannt, leben heute rund 600.000 Menschen im Gebiet der höchsten Gefährdungsstufe. Ihrer Heimat kehren deshalb aber nur die wenigsten Menschen den Rücken. Im Gegenteil: Obwohl neue Erkenntnisse darauf hinweisen, dass der „schlafende Riese“ bald wieder erwacht, wurden in den vergangenen 20 Jahren rund 50.000 Häuser in der „roten Zone“ gebaut.

Blick über den Krater des Vesuvs (1281 Meter Höhe) auf den Golf von Neapel: Der Vulkan bracht zuletzt 1944 aus.

Doch so bedrohlich der Vulkan ist, so belebend ist er für die Region. Die Böden rund um Neapel gelten seinetwegen als besonders fruchtbar. Und die Möglichkeit, auf dem Feuerberg zu wandern, heizt auch den Tourismus an. Die Zubringerstraße endet an einem Parkplatz auf 1017 Metern Höhe, der auch von Shuttlebussen angesteuert wird. Vom Endpunkt machen sich die Besucherinnen und Besucher zu Fuß auf den Weg zum Krater. 

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Versunken im Asche: Die Ruinenstadt Pompeji

Welche Auswirkungen der Vulkan haben kann, zeigt die berühmteste antike Sehenswürdigkeit Neapels: Pompeji. Die römische Stadt, etwa 25 Kilometer südöstlich vom heutigen Stadtzentrum Neapels entfernt, ging am 24. August des Jahres 79 nach Christus bei einem Ausbruch des Vesuvs komplett in Asche und Lava unter.

Die Ruinenstadt Pompeji wurde im Jahr 73 nach Christus bei einem Ausbruch des Vesuvs zerstört. Die Vulkanasche hat die Relikte konserviert.

Sämtliches Leben – in der wohlhabenden Stadt lebten etwa 20.000 Menschen – wurde ausgelöscht, die Körper aber zugleich durch die Vulkanasche konserviert. Das macht die Ausgrabungsstätte heute zu einem der wichtigsten Zeugen der römischen Antike. Touristinnen und Touristen können in Pompeji zum Beispiel das Amphitheater, Thermalbäder, das „Haus der Gladiatoren“ und die Tempel von Venus, Apoll und Jupiter besichtigen.

In der gleichen Zeit ließ der Vesuv auch ein Dorf im Golf von Neapel von der Oberfläche verschwinden. Baiae war zur Zeit der alten Römer ein blühender Ferienort, bis sich durch ein langsames, aber stetiges Erdbeben der Meeresspiegel hob. Heute lassen sich die versunkenen Thermenbauten, Mosaike, gerundeten Statuen und Marmorböden in fünf bis 13 Metern Tiefe bei Tauchtouren erkunden.

Prächtige Architektur in der Altstadt

Aus weitaus späteren Zeiten stammt dagegen der größte Platz im Zentrums Neapels: die Piazza del Plebiscito, die der Schwager von Napoleon anlegen ließ. Gleich nebenan steht der Palazzo Reale, einst Sitz der spanischen Herrscher im 17. Jahrhundert. Dort sind neben dem Interieur des damaligen Hochadels auch Porträts der Königsfamilie sowie bedeutende Werke neapolitanischer Künstler ausgestellt. Der östliche Palast-Flügel beherbergt die Nationalbibliothek Neapels.

Größter Platz in Neapel: Die Piazza del Plebiscito mit der Basilika San Francesco di Paola.

Hinter der Piazza liegt eines der schönsten Opernhäuser Europas: das Teatro di San Carlo. Das Gebäude konzipierten die Architekten Giovanni Antonio Medrano und Angelo Carasale 1735 für den Bourbonenkönig Karl VII. von Neapel. Auf der Bühne gab es etliche bedeutsame Uraufführungen, darunter „Otello“ von Gioachino Rossini.

Eines der schönsten Opernhäuser in Europa: Das Teatro di San Carlo.

Die wichtigste „Sehenswürdigkeit“: Pizza!

In Neapel ist Pizza nicht einfach nur ein Gericht, sondern Stadtgeschichte. Das belegte Teigrund soll am Golf von Neapel erfunden worden sein.

Die stolzen Pizzabäcker legen deshalb großen Wert auf Traditionsbewusstsein. Eine „echte“ neapolitanische Pizza unterscheidet sich recht deutlich von der römischen Pizza, die international weiter verbreitet ist. In Neapel besteht die Pizza aus einem recht dicken Teig mit einem aufgeworfenen, fluffigen und leicht knusprigen Rand. Anders als die römische Pizza bleibt die neapolitanische Variante nicht so lange im Ofen. Der klassische Belag beschränkt sich auf Tomatensoße, Büffelmozzarella und Basilikum.

Traditionshandwerk in Neapel: Ein „Pizzaiolo“ backt eine traditionelle Pizza.

In Neapel gibt es natürlich eine Vielzahl an Pizzerien. Die älteste und berühmteste ist die mehr als 100 Jahre alte L’Antica Pizzeria da Michele an der Via Cesare Sersale. Wer eine der begehrten Pizzen ohne Wartezeiten über 30 Minuten ergattern möchte, sollte sich bereits gegen Mittag in die Schlange stellen. Etwas Geduld zahlt sich in jedem Fall aus, denn die Pizzen in Neapel sind tatsächlich besonders lecker. Das liegt nicht nur am Teig, sondern auch am Geschmack der regionalen Lebensmittel. 

Einen guten Ruf haben auch die Pizzerien Gino Sorbillo und Portico an der Via dei Tribunali sowie La Campagnola an der Via Fuori Porta San Gennaro. Die neapolitanische Kunst des Pizzabackens können Touristinnen und Touristen auch bei Kochkursen mit professionellen Pizzaiolos, also Pizzabäckern, erlernen, die sich bei verschiedenen Anbietern buchen lassen.

Spannende Funde unter der Stadt

Auf speziellen Führungen können Besucherinnen und Besucher die spannenden Katakomben und Tunnelsysteme im Untergrund besichtigen. Alte Regenwasserspeicher der Griechen und Römer verlaufen in bis zu 40 Metern Tiefe und wurden im Laufe der Jahrhunderte für geheime Fluchtwege von Königen, als Unterschlupf für Kriminelle, als Luftschutzbunker im Zweiten Weltkrieg und auch als Lager für Müll und Schrott genutzt.

Überraschungsfund 40 Meter unter Neapel: In der Galleria Borbonica verstauben Oldtimer aus den Sechzigerjahren.

Ein Forscher, der das Höhlensystem in den Achtzigerjahren auf seine Standfestigkeit hin untersuchte, fand in der sogenannten Galleria Borbonica sogar einen „Geisterparkplatz“, auf dem die Polizei in den Sechzigerjahren beschlagnahmte Fiats, Vespas und andere Fahrzeuge abgestellt hatte. Auch hierfür wird eine eigene Führung angeboten. 

Auswärtiges Amt warnt vor Taschendieben

Die Katakomben waren auch Rückzugsort und Umschlagplatz für die Mafia. Die Camorra operiert schon seit Jahrhunderten in der Region – immer wieder gab es Anschläge und Massaker. Zuletzt kamen bei Bandenkriegen unter verschiedenen Clans der Camorra 2005 und 2006 rund 70 Menschen ums Leben. Die Zahl der Morde in Neapel und dem Umland ist noch immer erschreckend hoch. Im Hintergrund geht es dabei aber um „interne“ Konflikte. Touristinnen und Touristen sind in der Regel nicht davon betroffen.

Das Auswärtige Amt warnt vor Trickbetrug und Taschendiebstahl, vor allem auf den Buslinien zwischen Zentrum und Bahnhof. Dort sollten Touristinnen und Touristen auf wertvolle Schmuckstücke oder Uhren verzichten, Taschen und Wertsachen nicht zur Straßenseite tragen und auch nicht im Auto lassen– stattdessen empfiehlt das Auswärtige Amt, Handschuhfächer und Kofferräume sogar offen zu lassen, „um potenziellen Einbrechern zu zeigen, dass ein Einbruch nicht lohnt“.

Sundowner mit Blick auf Neapel

Nach einem turbulenten Arbeitstag treffen sich viele Italienerinnen und Italiener zu einem Sundowner an der Hafenpromenade.

Etwas aufwendiger, aber umso lohnenswerter ist ein abendlicher Trip zum hoch gelegenen Castel Sant’Elmo oder zum Kloster Certosa di San Martino auf dem Vomero-Hügel. Dort können sich Besucherinnen und Besucher unter die Menschen mischen und den Abend mit Blick auf die untergehende Sonne über Neapel ausklingen lassen.