Deutsch-dänisches Flair: Radurlaub an der Flensburger Förde
Schwimmende Gärten, Schiffe und Schlösser: Am Fjord zwischen Flensburg und Sønderborg lässt sich das deutsch-dänische Grenzland beradeln. Wer will, erfährt dabei auch viel über die Geschichte der Region.
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Der Wind in Dänemark bläst immer von vorn. Millionen Radlerinnen und Radler haben es erfahren. Aber wie kann das sein? Ist es ein PR-Komplott der E-Bike-Branche? Ist doch gar nicht nötig. Es fahren doch schon fast alle eins, auch hier im Grenzland der dänischen und der deutschen Minderheiten – an der Flensburger Förde beziehungsweise am Flensborg Fjord.
Mit dem E-Bike, das eigentlich ein Pedelec ist, wird jedenfalls das Reiseradeln zwischen Flensburg und Sønderborg zum puren Genuss. Da stört kein Gegenwind. Und auch nicht die Erkenntnis, dass hyggelig nicht nur kuschelig bedeutet, sondern auch hügelig.
Rauf und runter an der Förde
Hügelig? Wie kann das nun wieder sein? Die höchste Erhebung in Schleswig-Holstein heißt Bungsberg, misst 167 Meter und liegt in der sogenannten Holsteinischen Schweiz. Die Dänen schaffen es nur auf 147 Meter und nennen den Huckel Himmelbjerget. Himmel! Die Gipfelchen liegen weit weg von der Grenze, und trotzdem geht es auf beiden Seiten der Förde ganz schön rauf und runter.
Bert Jacobsen, Gästeführer in Flensburg, könnte jetzt vielleicht von Eiszungenbecken aus der Spätphase des Weichsel-Glazials erzählen. „Aber ich habe ja nur 45 Minuten“, sagt er. Jacobsen spricht lieber über die „interessante Gemengelage“ und das „friedliche Kuddelmuddel“, in dem sich auf beiden Seiten der Grenze deutsche und dänische Minderheiten gut leiden können.
Flensburg – hier im Abendlicht – ist ein idealer Ausgangspunkt für die Flensburg-Fjord-Radtour.
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Von Flensburg auf die Fjord-Route
Flensburg ist der ideale Abfahrtsort für die 307 Kilometer lange Flensburg-Fjord-Route, aber auch für die kürzere Schlösser-und-Gartenroute. Bert Jacobsen zeitraffert durch die Geschichte der 90.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Stadt. Gegründet um 1200, nach dem Niedergang der Hanse um 1700 reich geworden durch Rum und Zucker; eine Stadt, begehrt bei holsteinischen Grafen und dänischen Königen. Bis vor 120 Jahren per Abstimmung die heutige Grenze festgelegt wurde. Seitdem herrscht Frieden im Land – meistens. Auch die Wunden der Nazi-Zeit scheinen verheilt. Bestes Zeichen fürs Miteinander: Gerade wurde ein Däne Wirtschaftsminister in Kiel.
Schnell zeigt Bert Jacobsen noch ein bisschen Altstadtflair samt Oluf-Samson-Gang, an dem es erst um Handwerk und Schifffahrt ging, später um Sex gegen Geld und heute um Kunst. Die enge Straße führt hinunter zum Flensburger Hafen. Ein Blickfang ist der historische Hafen mit aktiver Museumswerft. Hier liegen Mast an Mast Frachtsegler und historische Dampfschiffe, auch die „Dagmar Aaen“ von Polarforscher Arved Fuchs.
Schwimmende Gärten wie dieser sind Teil des Projektes Blumen bauen Brücken im Flensburger Hafen.
Schwimmende Gärten im Hafenbecken
Wenige Schritte weiter schaukeln kleine schwimmende Gärten auf runden Inseln. Sie gehören zu Blumen bauen Brücken – Blomster byggen broer, einer Art grenzüberschreitender Gartenschau. Iris Uellendahl leitet das Projekt, schwärmt von Erzählgärten und will nun – rauf aufs Rad – raus aus Flensburg führen, über die Hafenpromenade Richtung Glücksburg.
Vorbei geht es an einer nicht fotogenen Flensburger Berühmtheit, dem Kraftfahrtbundesamt. Hier werden punktgenau Sündenkonten der Autofahrerinnen und Autofahrer geführt. Schnell weiter. Der Weg aus Flensburg raus ist bald ein bisschen frickelig. „Wir werden an der Ausschilderung noch arbeiten“, sagt Iris Uellendahl. Was hilft: der Reiseführer „Die Flensburg Fjord Route“. Er ist auch digital aufbereitet und mit gängigen Tourplanern einsetzbar.
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Schloss Glücksburg ist sehenswert
Ab und an säumen schnuckelige Strände den Weg. Schade, keine Zeit zum Baden. Die Route deckt sich jetzt mit dem Ostseeküstenradweg – bis nach einer runden Stunde mit viel Wald-und-Wiesen-Grün ganz in Weiß Schloss Glücksburg erstrahlt. An diesem Wasserschloss radelt niemand vorbei. Zu schön ist es, zu malerisch. Schwäne plustern sich im Wasser auf, und drinnen schlüpfen Besucherinnen und Besucher in übergroße Pantoffeln.
Am Wasserschloss Glücksburg lohnt sich ein Stopp.
Im Renaissancegewand zieht Schlossführerin Ingrid von Treskow die Besucher hinein in die Geschichte des 1587 vollendeten, in weiten Teilen original erhaltenen Schlosses. Das Haus ist ein Museum und wirkt mit seinem Mobiliar, seinen Tapisserien, Ledertapeten und seinen prächtigen Blumensträußen doch belebt. In der barocken Schlosskapelle kann mit Gottes Segen geheiratet werden.
Ingrid von Treskow weiß alles über die Herzöge von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Beck und die dänischen Könige. Wenn sie die Stimme hebt und „Interessant!“ sagt, dann ist wieder mit einem Detail, einer Anekdote zu rechnen, die viel sagt über das keineswegs immer nur feine Leben der feinen Leute.
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Zum exklusiven GutscheinIn Langballigau auf die Fähre
Zurück in die irdene Welt. Es geht knappe zehn Kilometer weiter bis Langballigau, gepriesen als „schönstes Tor zur dänischen Inselwelt“. Das ist ein großes Wort. Aber es gibt hier einen Strand und einen Campingplatz und vor allem einen Hafen mit Jachten, Kähnen und Kuttern. Flundern, Schollen, Klieschen und Dorsche wurden und werden manchmal noch angelandet. Auf jeden Fall wird im Fährhaus frischer Fisch zu moderaten Preisen aufgetischt. Das wissen so einige, aber es findet sich schon noch ein Plätzchen auf der Terrasse.
Nur wenige aber kennen die „MS Rødsand“, die Fahrradfähre. Viermal täglich puckert Palle Heinrichs Boot im Juli und August über den Fjord von Langballigau hinüber nach Egernsund, Marina Minde und Brunsnæs, kleine Orte in Sønderjylland/Südjütland. Je nach Ziel dauert die Fährfahrt 30 bis 60 Minuten, mit Glück zeigen sich unterwegs Schweinswale, die durch die Förde ziehen.
Die Fahrradfähre „Rødsand“ verbindet das dänische und das deutsche Ufer.
Sønderborg von oben sehen
Tuckert man vom Meer aus ein wenig weiter nach Sønderborg, wird die Silhouette der 28.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Stadt von zwei mächtigen Gebäuden dominiert. Als rotes Backsteinmassiv thront das Schloss am Wasser. Es war auch mal Kaserne und Gefängnis, führt heute als Museum durch die Jahrhunderte vom Mittelalter bis in die Gegenwart. In die Höhe dagegen schießt ein Neubau gemäßigter Schönheit, ein Luxushotel im ehemaligen Industriehafen. Der Clou ist der „Point of View“ im 16. Stock mit spektakulärer Rundumausicht auf Land und Wasser.
Als 1920 per Volksabstimmung die deutsch-dänische Grenze festgezurrt wurde, stimmten in Sonderburg 56 Prozent für den Verbleib im Deutschen Reich. Es wurde trotzdem Sønderborg. Die nach wie vor große deutsche Minderheit pflegt das Deutsche Museum Nordschleswig. Hier erinnern die gleichen Plakate wie im Schifffahrtsmuseum Flensburg und im Schloss Sønderborg an die Zeit, als Däninnen und Dänen sowie Deutsche um Stimmen buhlten. „Unser zentrales Thema ist die Identität als Minderheit“, sagt Museumsleiter Hauke Grella und spricht auch von den „Kräften der Assimilation“, die von Generation zu Generation Unterschiede verwischen lassen.
Auf dänischer Seite liegt Sønderborg mit seinem roten Backsteinschloss am Wasser.
Auf den Spuren der dänischen Royals
Die Flensborg-Fjord-Route führt weiter vorbei an kleinen Stränden und durch ziemlich verschlafene Dörfer zum Schloss Gråsten. Ein prächtiger Ort mit schönem Park am See. Wenn aber die königliche Familie ihre Sommerresidenz bezieht, ist der Park zu. Bis auf den Küchengarten samt Café und Shop, in dem es Kräuter und Beeren zu kaufen gibt, die auch Königin Margrethe aufgetischt bekommt.
Aufgetischt wird in der Region gern. Gitte Hoeg Andersen von Destination Sønderjyllan stellt einen Klassiker vor: das Sønderjysk kaffeebord. Der Kaffeetreff hat einen politischen Hintergrund: Als das Land 1864 unter deutsche Herrschaft kam, durften sich Däninnen und Dänen nur zu Kaffee und Kuchen treffen.
Die Treffen ließen sich strecken. Denn beim kaffeebord biegen sich die Tische: Mindestens 21 verschiedene Kuchen, Torten und Gebäcke sind zu bewältigen. Wer sich bei Svedsketorte, Pumler, Riskage, Kikskach, Stopkach, Striftorte und allem, was noch dazugehört, durchgearbeitet hat, sollte sich hinterher eigentlich die Kalorien mit einem ganz normalen Rad wegstrampeln. Aber er wird heilfroh sein, gefüllt und beschwert auf einem E-Bike zu sitzen, denn der Wind, der pustet hier ja bekanntlich von vorn.
Tipps für deine Reise ins Grenzland
Anreise: Flensburg ist mit dem Auto über die A 7 erreichbar. Mit der Bahn kommen Reisende per Regionalexpress stündlich ab Hamburg in knapp zwei Stunden in die Stadt. Die Fahrradmitnahme ist begrenzt möglich. Zweimal täglich fährt von Hamburg auch ein IC, eine Fahrradmitnahme ist reservierungspflichtig.
Plätze auf der Fähre „MS Rødsand“ können online vorgebucht werden.
Beste Reisezeit: Die Radreise lohnt sich besonders von Juni bis September.
Unterkünfte: Flensburg: Das Hotel Alte Post steht wenige Schritte vom Hafen und der Innenstadt entfernt. Doppelzimmer mit Frühstück sind ab 140 Euro pro Nacht buchbar.
Sønderborg: Hotel Sønderborg Strand steht unmittelbar am Wasser, zehn Minuten zu Fuß von der Innenstadt entfernt. Doppelzimmer mit Frühstück sind ab 130 Euro pro Nacht buchbar.
Weitere Informationen: Informationen zur Flensburg-Fjord-Route, den Radreiseführer und Wissenswertes zu allen Attraktionen an der Route gibt es online.
Die Reise wurde unterstützt von Visit Denmark, Destination Sønderjylland und dem Interregprojekt Blumen bauen Brücken. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.