Historische Steinbauten, verwinkelte Gassen, alte Palazzi. Klingt nach der perfekten Dorfkulisse in Italien. Und trotzdem stehen in dem 10.000-Einwohner-Dorf Mussomeli auf Sizilien etliche Häuser leer und verfallen. Deswegen verkauft die Stadt sie für einen Euro – und verpflichtet die neuen Besitzerinnen und Besitzer im Gegenzug, die Schnäppchenhäuser zu renovieren. Lohnt sich der Kauf wirklich? 

Das wollten auch Tonia und ihr Ehemann Steve Bauer sowie Danny McCubbin wissen – und schlugen zu. Jetzt haben sie verraten, wieso sie inzwischen nicht mehr in den Ein-Euro-Häusern leben. 

Paar kauft Ein-Euro-Haus – so ist das Leben dort wirklich

Tonia Bauer und ihr Mann Steve lebten in den USA, ehe es sie nach Berlin verschlug. Dort hörten sie von den Mega-Schnäppchen in Italien und waren sofort begeistert. Sie buchten einen Flug nach Sizilien. „Wir sahen uns mehrere Ein-Euro-Häuser an und stellten fest, dass viel mehr Arbeit nötig wäre, als wir bewältigen wollten“, erinnert sich Tonia an den Beginn ihres Abenteuers.

Kein Wunder: Vielen Schnäppchen-Häuser in Mussomeli fehlten nicht nur Steine an der Fassade, sondern sogar ganze Fußböden. 

Mussomeli unter strahlend blauem Himmel.

Aktuelle Deals

Deswegen entschied sich das Paar kurzerhand für eines der sogenannten „Premium“-Häuser in Mussomeli. Diese werden von einer Agentur verwaltet und befinden sich bereits in besserem, aber noch immer stark renovierungsbedürftigem Zustand. Kaufpreis: 7000 Euro. Tonia berichtet: „Ein Zimmer hatte Trockenfäule im Boden und es gab große Probleme mit den Wasserleitungen.“ Sie und Steve investierten weitere 7000 Euro, um die gröbsten Schäden zu beheben.

Dann war das Haus bewohnbar – für insgesamt 14.000 Euro. Für Tonia fast nicht zu glauben: „Als wir 2018 unser Zuhause in Napa, Kalifornien, verließen, war es fast unmöglich, ein Haus unter einer Million US-Dollar zu kaufen!“ 

Auswanderer-Paar trifft wichtige Entscheidung

Doch glücklich wurden die zwei in ihrem Schnäppchenhaus nicht. Für die Komplettrenovierung hätten sie noch einmal weitere 25.000 Euro zahlen müssen, hinzu komme die lange Wartezeit auf Handwerker. Nach dem Lockdown 2021 trafen Tonia und Steve daher die Entscheidung, das Haus wieder zu verkaufen.

Eine darauf spezialisierte Firma organisiert jetzt die Renovierung und will die Immobilie im Sommer komplett erneuert weiterverkaufen. Und die ehemaligen Hausbesitzer? „Wir mieten eine Wohnung in der Innenstadt, bis wir das perfekte Zuhause für uns gefunden haben.“

Weiterlesen nach der Anzeige

Anzeige

Ein-Euro-Haus: 15 Jahre verlassen – katastrophaler Zustand

Australier Danny McCubbin verliebte sich in eines der Ein-Euro-Häuser, kaufte es – und zog dort nicht einmal ein. „Das Haus war 15 Jahre lang verlassen und es gab Wasserschäden, weil das Dach undicht war. Es gab kein Badezimmer, nur eine Toilette auf dem Treppenabsatz“, erinnert sich Danny. 

Weite Sicht: Danny genießt jeden Morgen von seinem Schnäppchen-Haus in Mussomeli aus den Ausblick in die Ferne.

In der Immobilie hatte der gelernte Koch nicht nur leben, sondern auch „The Good Kitchen“ eröffnen wollen – eine Art Treffpunkt, an dem er für sozial schwache Menschen kochen wollte. Zuvor hatte er 15 Jahre für den britischen TV-Koch Jamie Oliver gearbeitet.

Über eine Crowdfunding-Plattform generierte Danny Spenden für sein Projekt. Doch als er genügend Euro zusammenhatte, fand auch er keine Handwerker. „Sie waren alle mit der Renovierung anderer Ein-Euro-Häuser beschäftigt“, sagt Steve. 

Wasserschäden bedrohen Traum 

Als er endlich doch ein Unternehmen gefunden hatte, folgte der Schock. „Die geplanten Renovierungskosten waren inzwischen erheblich gestiegen. Der Regen hatte zu weiteren Wasserschäden geführt.“ Das Ende seines Traums? Zum Glück nicht. Über Freunde fand er einen bezugsbereiten Laden im Stadtzentrum, in den er sich günstig einmieten und „The Good Kitchen“ gründen konnte.

Frische Früchte für die „Good Kitchen“: Ein Lieferant versorgt das Lokal mit Trauben.

„An diesem Punkt musste ich allerdings überlegen, ob ich es wirklich auf mich nehmen wollte, das Ein-Euro-Haus zu renovieren. Am Ende habe ich es dann zurückverkauft“, sagt Danny. „Jetzt gehört es einem argentinischen Ehepaar. Den großen ehemaligen Stall haben sie in ein Atelier verwandelt.“

Und er selbst? Hat genau wie Tonia und Steve ein „Premium“-Haus gekauft. Kostenpunkt: 8000 Euro, plus 5000 Euro für die Renovierung. 

Das „Premium“-Haus, in dem Danny inzwischen lebt, sieht gepflegt aus. Es befindet sich in einer ruhige Gasse Mussomelis.

Traum vom Ein-Euro-Haus geplatzt, doch trotzdem glücklich 

Zwar haben sich sowohl Danny als auch die Bauers am Ende gegen das Ein-Euro-Haus entschieden. Doch den Kauf von Immobilien in Mussomeli auf Sizilien bereuen sie dennoch nicht. Für alle drei war es der Start in ein neues Leben. 

Unter strahlend blauem Himmel: Danny McCubbin trägt frisch geerntete Tomaten vom Feld.

„Ich habe 23 Jahre in London gewohnt. Ich wusste immer, dass ich eines Tages weggehen und an einem friedlicheren und ruhigeren Ort leben will. Diesen Frieden habe ich hier in Mussomeli gefunden“, sagt Danny McCubbin. Er arbeitet inzwischen in Teilzeit als Digital- und Social-Media-Berater und kocht in seiner Freizeit ehrenamtlich in „The Good Kitchen“. 

Paar profitiert von günstigen Bedingungen 

Auch Tonia hat ihre Arbeitszeit als Destinationsmanagerin bei einer Immobilienfirma reduziert. „Ein großer Vorteil ist, dass die Lebenshaltungskosten hier sehr niedrig sind, sodass mein Mann und ich das Leben genießen können, anstatt die ganze Zeit arbeiten zu müssen“, sagt sie. Die gewonnene Zeit nutzen sie, um Sizilien zu entdecken.

„Mussomeli liegt mitten in den Bergen, daher ist der Ausblick spektakulär. Es gibt Wanderwege in der Nähe. Der nächste Strand ist nur 45 Fahrminuten entfernt. Und die Einheimischen sind unglaublich einladend und herzlich. Das Leben auf Sizilien hat einiges zu bieten. Und wenn ich ein bisschen Aufregung brauche, ist der Rest Europas nur einen kurzen Flug entfernt“, schwärmt Tonia.

Sizilien-Auswanderer wollen weitere Träume umsetzen

Einen winzigen Wermutstropfen gibt es für sie allerdings am Leben auf Sizilien. „Ich vermisse vegane Restaurants und Konzerte“, sagt sie. Doch das soll nicht so bleiben. Dafür packt die Auswanderin selbst tatkräftig mit an: Seit 2021 organisiert sie für die inzwischen zahlreicher anreisenden Touristinnen und Touristen vegane Food-Touren durch die Stadt. 

Außerdem sucht sie ein renovierungsbedürftiges Landhaus, um es in das erste vegane Bed-and-Breakfast Siziliens zu verwandeln. Und dann wäre da noch der Traum von einem eigenen veganen Café. Und von einer Tierschutzorganisation, die Straßenkatzen von Mussomeli versorgt und kastriert.

Sie will den Vierbeinern ein schöneres Leben bieten. Eben ganz genau das, wovon auch Tonia, Steve und Danny vor ihrem Umzug nach Sizilien geträumt und was sie schließlich auch gefunden haben.