Inspiriert von der Slow-Food-Bewegung, die Mitte der 80er-Jahre in Italien gegründet wurde und eine Gegenbewegung zur ungesunden Fast-Food-Ernährung darstellt, entstand Ende der 90er-Jahre mit der Cittàslow-Bewegung ein Äquivalent im Bereich des urbanen Lebens. Das Netzwerk Cittàslow, auf Deutsch etwa „langsame Stadt“, steht für Lebensqualität, kulturelle Diversität und setzt sich gegen die Vereinheitlichung und Amerikanisierung von Städten ein. Das Ziel ist eine entschleunigte, nachhaltige und lebenswerte Stadt für Bewohnerinnen und Bewohner sowie Touristinnen und Touristen. 

Mittlerweile haben sich 240 Städte und Gemeinden aus 30 Ländern dem Netzwerk angeschlossen. Um als Cittàslow-Stadt anerkannt zu werden, darf die Einwohnerzahl die 50.000er-Marke nicht überschreiten und es müssen einige Kriterien aus Bereichen wie Umweltpolitik, Infrastruktur, regionale Erzeugnisse, urbane Qualität oder Wahrung der Kulturlandschaft erfüllt sein. Mitglieds-Städte werden mit einer Schnecke als Slow-Symbol ausgezeichnet.

Wir haben uns umgesehen und stellen dir die schönsten Slow Citys Europas vor.

1. Orvieto in Italien

Orvieto in Italien ist die Geburtsstadt von Cittàslow und liegt auf einem etwa 100 Meter hohen Felsplateau aus Tuffgestein. Die Umgebung der Stadt wird von zahlreichen Waldflächen und Weinbergen geprägt. Die Stadt im Südwesten Umbriens zählt knapp über 20.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Und im Gegensatz zu anderen italienischen Städtchen herrscht hier kein Verkehrschaos. Viele Einbahnstraßen prägen das Straßenbild.

Ziel ist es, den Straßenverkehr zu gut wie möglich aus der Stadt fernzuhalten. Das ökologische Miteinander von Mensch, Umwelt und Natur steht im Mittelpunkt. Der Ort ist bekannt für seine bunte Keramikkunst und beeindruckt mit dem gotischen Dom, der die Stadt überragt. Wer hierherkommt, der erlebt Entschleunigung und bekommt einen guten Eindruck davon, was die Italiener mit ihrem süßen Leben, la dolce vita, meinen.

Aktuelle Deals

Orvieto in Italien: Hier wurde die Idee der nachhaltigen Städte geboren.

2. Schneverdingen in Deutschland

Also mit Hetze ist hier nichts. Wenn die Heidschnuckenherden grasen, die Heide blüht und die Landschaft dem Betrachter und der Betrachterin ein lila-rot-weiß-grünes Idyll präsentiert, kann man das Wort Entschleunigung quasi schmecken. Der Luftkurort Schneverdingen liegt eingebettet im Naturpark Lüneburger Heide und unweit des Stadtkerns liegt das Landschaftsschutzgebiet Höpen. Wacholder, Birken, Heidschnuckenschäfer und Bienenkörbe machen diese Region aus, im Heidegarten blühen 120.000 Pflanzen.

Die Natur kann frei von Autoverkehr genossen werden und Flora und Fauna erleben beim traditionellen Heideblütenfest ihren Höhepunkt. Auch kulturell wahrt Schneverdingen Traditionen. So kommen Einheimische, Touristinnen und Touristen bei variantenreichen Open-Air-Musikveranstaltungen auf ihre Kosten oder können beispielsweise an traditionellen Schäfer- und Schmalzbrotabenden teilnehmen.

Sonnenuntergang und blühendes Heidekraut im Naturpark Lüneburger Heide, die sich um Schneverdingen erstreckt.

3. Saint-Antonin-Noble-Val in Frankreich

Die französische Gemeinde Saint-Antonin-Noble-Val ist eine ursprüngliche, architektonisch sehenswerte Mittelalterstadt, die am Zusammenfluss von Aveyron und Bonnette liegt. Knapp 2000 Einwohnerinnen und Einwohner leben hier, das Stadtbild ist geprägt von hübschen Gässchen, Handwerksläden und Künstler-Boutiquen. Das im achten Jahrhundert rund um eine Benediktinerabtei gegründete Saint-Antonin-Noble-Val ist außerdem reich an historischen Gebäuden.

Weiterlesen nach der Anzeige

Anzeige

Zahlreiche Kirchen schmücken den Ort und auch eine Markthalle aus dem 14. Jahrhundert fasziniert Besucherinnen und Besucher. Das ehemalige Rathaus von 1125 etwa, eines der ältesten zivilen Bauwerke Frankreichs, das heute als Museum dient, überliefert die Geschichte und die volkstümlichen Traditionen der Region. Eine davon ist bis heute erhalten: Jeden Sonntag werden regionale Produkte auf einem duftenden Markt im Zentrum des Örtchens angeboten. 

Saint-Antonin-Noble-Val hat historisch viel zu bieten und lockt mit einer zauberhaften Umgebung.

Auch die angebotenen Aktivitäten in der Slow City und der direkten Umgebung sind vielfältig: So liegen die Schluchten des Aveyron direkt vor der Tür, jedes Jahr wird das Lavendelfest zelebriert und Aktiv-Urlauberinnen und Aktiv-Urlaubern werden Aktivitäten wie Reiten, Mountainbike-Touren oder Canyoning geboten. 

4. Svendborg in Dänemark

In Svendborg wird Kultur großgeschrieben. Über 700 Live-Konzerte jährlich, von Jazz über Rock und Pop bis zum Singer-Songwriter-Genre wird hier alles präsentiert. Und das ohne Hektik oder Chaos. Bereits auf der Tourismusseite der Stadt wird sie ihrem Ruf als Slow City mehr als gerecht: ​„Manchmal geht es einfach nur darum, sich auf einem Stuhl im Café zurückzulehnen und das pulsierende Leben ringsum zu beobachten. So ist es jedenfalls in Svendborg“, beschreibt die Stadtseite die Mentalität der Svendborgerinnen und Svendborger.

Ob kulinarisch, aktiv oder auf dem Wasser: Svendborg hat eine ganze Bandbreite an Aktivitäten zu bieten und bleibt dabei herrlich unaufgeregt. Kein Wunder, dass sie zur gemütlichsten Handelsstadt Dänemarks gewählt wurde. Dänemarks Slow City Svendborg kann neben ihrem Kulturangebot mit einer weiteren wunderbaren Tradition aufwarten. In der Møllergade, der längsten Einkaufsstraße der kleinen Stadt, organisieren die Laden- und Restaurantbesitzer jedes Jahr „die freundlichste Straßenparty der Welt“ für Einheimische und Besucherinnen und Besucher. Wir möchten dahin. 

Svendborg ist eine von zwei Slow Citys in Dänemark.

5. Begur in Spanien

Die katalanische Gemeine Begur im Nordosten Spaniens wird von einer mittelalterlichen Burg überragt. In dem hübschen Ort unweit der Costa Brava mit den gut 4000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind ein historischer Ortskern, historische Wehrtürme und Casas Indianos, Häuser im karibischen Kolonialstil, zu entdecken. Die starke Verbindung zwischen Kuba und Begur wird noch heute jedes Jahr an drei Tagen Anfang September bei der Fira d’Indians, dem Kuba-Fest, zelebriert.

Auch andere Traditionen werden in Begur, wie es so typisch ist für eine Slow City, großgeschrieben. So leben die Einheimischen vielfach von der Landwirtschaft und dem Fischfang. Und jeden Samstag können Reisende Sardana-Tänzerinnen und ‑Tänzer in Begur bewundern. Der Kreistanz ist für die Katalanen Ausdruck und Symbol ihres Stolzes und ihrer Identität.

Begur bietet Traditionen und historische Bauten, außerdem gibt es wundervolle Strände in der Region.

6. Clonakilty in Irland

Clonakilty liegt nahe der Keltischen See in der Grafschaft Cork. Um die 4500 Einwohnerinnen und Einwohner leben in der irischen Stadt, die schon mehrfach für ihre Lebensqualität ausgezeichnet wurde. 2003 wurde ihr der Titel Fairtrade Town zugesprochen, bereits zweimal gab es auch eine Auszeichnung beim LiveCom Award für die lebenswerteste Kleinstadt der Welt. Und in jüngerer Vergangenheit war da der Sieg für Clonakilty bei der Wahl zur besten Stadt in Großbritannien und Irland bei den Urbanism Awards 2017.

Die Stadt ist bekannt für Live-Musik, den Höhepunkt bildet jedes Jahr im September das Clonakilty International Guitar Festival. Neben dem irischen Bier kann eine weitere kulinarische Besonderheit probiert werden: der Clonakilty Black Pudding. Er besteht aus einer Art Blutwurst besteht, die in Scheiben geschnitten gebacken wird. In Irland darf er auf einem typischen Frühstückstisch nicht fehlen. 

Die einzige Slow City Irlands hat Gemütlichkeit und Entschleunigung für Reisende auch in ihrer direkten Umgebung zu bieten. Strandfans, Surferinnen und Hochseeangler kommen auf der Halbinsel Inchidoney voll auf ihre Kosten.

Die Umgebung von Clonakilty lockt mit Traumstränden und Ursprünglichkeit.

7. Mendrisio in der Schweiz

Fünf Kilometer von der Grenze Italiens entfernt im Kanton Tessin liegt die Slow City Mendrisio in der Schweiz. Der kleine Ort in den Hängen des Monte Generoso wird auch als „Il Magnifico Borgo“ bezeichnet, was so viel bedeutet wie „der prächtige Ort“. Die Bezeichnung verwundert nicht, denn die barocken Kirchen, zauberhaften Gassen und Terrakotta-Dächer der Stadt wirken wie aus einem Gemälde ausgeschnitten. Sicherlich einer der Gründe, weshalb die Akademie für Architektur der Universität Lugano in Medrisio ihren Sitz hat. 

Die sonnigen Weinberge im Umland von Mendrisio laden zu Wanderungen ein.

Auf die etwa 15.500 Einwohnerinnen und Einwohner Mendrisios kommen 30 Beherbergungsbetriebe. Diese sind gern mal ausgebucht, vor allem, wenn traditionelle Feste wie das „Fiera di San Martino“ anstehen. Bei der Veranstaltung, die seit fast 400 Jahren stattfindet, werden in fröhlicher Atmosphäre Produkte aus der Landwirtschaft angeboten. Wen die Natur und Wanderungen reizen, der findet in der idyllischen Umgebung auf dem Monte Generoso und dem Monte San Giorgio (Unesco-Weltnaturerbe) abwechslungsreiche Wanderwege entlang sonniger Weinberge.