Quer durch den Kulturpfad Bühren
Ehrlich gesagt konnten wir uns im Vorfeld unserer heutigen Tour gar nicht vorstellen, eineinhalb Stunden durch ein fremdes Dorf zu laufen. Was sollte dort schon zu entdecken sein? Wir verraten es dir, es wird sich lohnen!
Eine Kirche, hübsche Fachwerkhäuser, eine Mühle, sowas erwartet man in Südniedersachsen - aber: eineinhalb Stunden? Wir verraten es gleich vorweg: Die Menschen, die den Kulturpfad Bühren” im Zuge des Dorferneuerungsprogramms ausgearbeitet haben, hatten recht. Die Zeit sollte man sich nehmen. Und wenn es nur ist, um einen Plausch am Straßenrand zu halten.
Nun aber zunächst zu unserer Wanderung. „Bühren vor dem Walde“ möchten wir erkunden. Eines der zehn Dörfer im Altkreis Münden, die in ihrem Kern in die Zeit vor 400 vor Christus zurückreichen. Wie alt der Ort tatsächlich ist, weiß wohl niemand so genau. Urkundlich erwähnt wurde er erstmals im 10. Jahrhundert, archäologische Funde weisen jedoch darauf hin, dass längst zuvor eine Siedlung bestanden hatte.
Das sind die Eckdaten:
- Länge: 3 Kilometer
- Dauer: 1,5 Stunden
Start zu dem knapp drei Kilometer langen Rundgang ist an der Kirche beziehungsweise am Thie - einem hübschen und sehr gepflegten Fleckchen Erde. Das Dorfzentrum erzählt bereits viele Geschichten: Bühren lag einst am Harster Heerweg, einer mittelalterlichen Handelsstraße. Aus dieser Zeit stammt auch die Kirche. Der Thie war, wie andernorts auch - zugleich soziales Zentrum und Ort der Gerichtsbarkeit. Heute ist ihm anzusehen, dass er die soziale Funktion noch immer innehat.
1025 Jahre Bühren
Am Bushaltestellenhäuschen erhalten wir auf einer Karte einen Überblick über den Weg, den wir gleich gehen werden und ein Faltblatt mit vielen Infos - das wir allerdings heute nicht nutzen werden. Nicht nur, weil uns zufällig der Ortsheimatpfleger begegnet und eine Privatführung anbietet, sondern auch, weil wir uns für die digitale Variante der Tour entschieden haben: Kopfhörer rein und Begleittexte hören. Das geht auf Hoch- und auf Plattdeutsch. Und wir finden: Wenn schon Dorfgeschichte, dann auch auf Platt. Google-Play-Nutzer finden die App im App store unter „Kulturpfad Bühren“. Außerdem stehen die Dateien auf buehern.de unter “Wandern/Wanderwege” zur Verfügung.
Die kleine Ablenkung durch das Handy in der Hand und die Stöpsel in den Ohren ist im ersten Moment ungewohnt. Nachdem wir aber herausgefunden haben, wo die nächste Datei im Internet zu finden ist, nutzen wir den „Audioguide“ ganz selbstverständlich. Eine Karte zur Orientierung zu halten, ist auch unnötig. An vielen Stellen sind Holzpfeile angebracht, auf denen ein „K” in einem Kreis angebracht ist. Sie weisen uns den Weg.
Zunächst betrachten wir eines der ältesten Häuser und erfahren etwas über die Schede, einen rund 12 Kilometer langen Mittelgebirgsbach, der im Bramwald an der Schedequelle entspringt. Ob man dorthin wandern kann? Die nächste Idee ist geboren. Entlang des plätschernden Bächleins laufen wir über den „Verlubungswech“. Das ist keine Rechtschreibschwäche, das ist Platt. Und es sagt in einem Wort ganz viel über das, was hier wohl einst geschehen ist - ohne zu viel zu verraten. Denn der idyllische Weg an der Schede, gelegen mit ein wenig Abstand zum Dorf und im Schutz der Bäume, war wohl einst die Kuppelstelle, also der Ort, an den sich Paare heimlich zurückzogen - mit Folgen, wie der Name des Weges vermuten lässt. Wie hübsch!
Hier im Dorf steht das Wasserrad.
Ähnlich dorfidyllisch erleben wir die Mühlen, deren wirtschaftliche und kulturhistorische Bedeutung wiederum auf einer Infotafel erläutert wird. Ganz aus der Nähe ist ein Wasserrad zu betrachten - den Hof dürfen Gäste des Kulturpfades betreten, schließen wir aus der Beschilderung. Es handelt sich um eine „Oberschlächtige Wasseranlage“, erfahren wir. Was für ein martialisch klingender Name…Gemeint ist: Das Wasser kam und kommt von oben aufs Rad. Ah!
Und wir lernen noch mehr über Wasser und seine Nutzung, nämlich, was ein „Strülleken“ ist und wozu das Wasser aus der Quelle gut war: „Nach volkskundlicher Überlieferung lieferte die Quelle ein besonders gutes (eisenhaltiges) Wasser. Durch den Eisengehalt war es sehr wohlschmeckend und wurde speziell zum Kaffeekochen von vielen Einwohnern geschätzt. Als Heilwasser für Umschläge bei allgemeinen Unpässlichkeiten fand es ebenfalls vielfache Verwendung.“
Das sogenannte Heilwasser fließt idyllisch durch das Dorf.
Vom Wasser geht es zum Basalt und zur Hute, bevor wir auf den alten Harster Heerweg gelangen. Beeindruckt sind wir von den zehn Kreuzsteinen, die die in der Feldmark gefunden worden waren und die heute zu einem Denkmal zusammengestellt sind. Zum Abschluss besuchen wir noch die Pilger- und Radfahrerkirche - klein, aber sehr fein - und stellen fest: Die Zeit verging wie im Flug.
Tipp 1: Fischers Mühlenhof
Bührens Mühlenhof ist auch unabhängig von der Wanderung einen Besuch wert - nicht nur am Mühlentag, der immer gemeinsam mit dem Tag des offenen Denkmals ansteht. Maschinenbaumeister Manfred Fischer hat diese Anlage im Jahre 2007 in Eigenleistung erstellt. Sie soll an „Das Dorf der Mühlen“ erinnern, wobei 1968 die letzte der einst fünf oberschlächtigen Mühlenanlagen in Bühren ihren Betrieb eingestellt hatte. Die Anlage auf dem „Mühlenhof“ ist von der Tiestraße und vom Grund zugänglich und kann jeder Zeit besichtigt werden. Das Wasser für den Nachbau wird über historische Graben- und Rinnenführungen aquäduktartig auf das Wasserrad geleitet. Nähere Informationen können telefonisch erfragt werden unter 05502/1093.
Der Mühlenhof birgt viele Geschichten aus der Vergangenheit.
Tipp 2: Die evangelische Kirche
Mit dem Bau der Bührener Kirche ist um 1150 begonnen worden. Die kleine Kapelle mit halbrunder Apsis wurde in den beiden darauffolgenden mittelalterlichen Umbauphasen durch Wehrturm (1220) und Chorhaus statt Apsis (1308) erweitert. Im Erdgeschoss des Turmes war ein uneinnehmbarer Schutzraum angelegt, um 1350 und 1473 wurde er mit Glocken ausgestattet, deren Gußgruben auf dem Bührener Tie nachgewiesen wurden.
Das heutige Kirchenschiff mit seinem saalartigen, flachgedeckten Langhaus ging aus einer Umbauphase der Jahre 1757 bis 1777 hervor, die der Kirche ihr heutiges Aussehen als barocke Saalkirche gab. Die Kirche ist verlässlich geöffnet, es handelt sich um eine Pilger- und Radfahrerkirche. Die Öffnungszeiten sind vom 1. April bis zum 30. September montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr. Alle vier Wochen gibt es Gottesdienste, unregelmäßig auch Konzerte und Kultveranstaltungen.
Tipp 3: Die zehn Kreuzsteine
Die Kreuzsteine stammen alle aus der Nähe des Harster Heerwegs in der südlichen Feldmark des Dorfes - und aus dem 12. bis 16. Jahrhundert. Es handelt sich um roh behauene Stelen mit einfachen Ritzungen oder flachen Reliefs, die Kreuze oder Handwerkszeichen zeigen. Nur einer der Steine ist als „Kopfstele“ mit einer besonders hervorgehobenen Kreuz-Auszier sorgfältiger bearbeitet. In ihrer Formation als 1955 errichtetes Denkmal stehen die Steine für die auf dem Harster Heerweg zu Tode gekommenen Personen.
„Es ging nicht nur um Sühne und Gedenken, sondern gleichzeitig wurden die Lebenden hier zum Gebet für die armen Seelen aufgefordert, die gestorben waren, ohne die kirchlichen Sterbesakramente erhalten zu haben“, heißt es im Begleitheft zur Wanderung. „Die Bührener Kreuzsteingruppe ist das bedeutendste Denkmal dieser Art in Niedersachsen.“