Kohl, Steckrüben und Rettich sind vielleicht nicht das Erste, was man gedanklich mit dem Garten eines Schlosses in Verbindung bringt – doch in den Gärten von Château de Chambord bei Blois spielen sie eine wichtige Rolle. Denn das größte und prächtigste Schloss an der Loire hat nicht nur einen feinen französischen Garten, sondern auch einen großen Gemüsegarten.

Das Loiretal, das als fruchtbarste Region des Landes gilt, bietet dafür beste Voraussetzungen, und Platz genug gibt es hier ohnehin: Die zum Schloss gehörenden Ländereien umfassen mehr als 5.000 Hektar, das heißt, sie sind in etwa so groß wie die Pariser Innenstadt.

Alles bio: Auf den riesigen Ländereien des Château de Chambord wird heute Gemüse angebaut, das an Restaurants in der Gegend und Schlossbesucherinnen und ‑besucher verkauft wird.

Château de Chambord hat mehr als 426 Zimmer

Das einstige Jagdschloss von König Franz I., das heute dem französischen Staat gehört, hat schon immer beeindruckt. Nach dem Baubeginn im Jahr 1519 sollen mehr als 1.800 Arbeiter 30 Jahre lang daran gebaut haben, bis das Schloss fertiggestellt war. Der Renaissancebau hat mehr als 426 Zimmer mit 282 Kaminen und 83 Treppen. Eine davon, eine außergewöhnliche Doppelwendeltreppe, soll auf Entwürfe von Leonardo da Vinci zurückgehen.

Die besondere Doppelwendeltreppe im Château de Chambord soll auf Entwürfe von Leonardo da Vinci zurückgehen.

Die heutigen Gemüsegärten sind Teil eines Innovations- und Experimentierprojektes, das die Vorteile einer nachhaltigen Landwirtschaft verdeutlichen soll. Sie wurden unter anderem in den ehemaligen Pferdeställen angelegt.

Auf dem Gelände wachsen mehr als 40 Gemüsesorten, 140 Obstbäume, zahlreiche Beerensträucher und unzählige Heil- und Gewürzkräuter – alles nach den Regeln der biologischen und bodenregenerierenden Landwirtschaft. Die Ernte wird an Restaurants aus der Region und Besucherinnen und Besucher des Schlosses verkauft. Bei Führungen mit Gärtner haben diese auch die Chance, sich ein Bild von der Arbeit in den Gärten zu machen.

Der Garten ist nicht das Einzige, was einen Besuch besonders macht. Wer sich dazu entschließt, auch das Innere des Schlosses zu erkunden, kann dazu ein sogenanntes Histopad mieten (6,50 Euro für eineinhalb Stunden). Der Tabletcomputer fungiert als Führer.

Er erkennt automatisch, welchen Raum die Besucherin oder der Besucher betritt, und informiert über Kopfhörer darüber. Gleichzeitig ermöglicht er eine Art Zeitreise, denn dank moderner Augmented-Reality-Technik zeigt er mithilfe von 3‑D-Rekonstruktionen, wie die Räume zur Renaissancezeit ausgesehen haben.

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Das Histopad des Château de Chambord zeigt mit Augmented-Reality-Technik, wie die Räume zur Renaissancezeit ausgesehen haben.

Château de Cheverny ist auch eine Comicvorlage

Rund 20 Kilometer weiter flussabwärts steht das Château de Cheverny. Das Schloss südlich der Stadt Blois ist seit mehr als sechs Jahrhunderten im Besitz der Familie de Vibraye. Es ist umgeben von einem Park im englischen Stil mit riesigen Mammutbäumen und Zedern, der sich auch mit kleinen Booten erkunden lässt.

Zu den Themengärten gehören der farbenprächtige Gemüsegarten und der romantische Garten der Liebe mit Bronzeskulpturen des schwedischen Künstlers Gudmar Olovson. Neu ist der Jardin Sucré, der Zuckergarten, in dem einmal 375 Obstbäume wachsen sollen. 160 sind bereits gepflanzt.

Château de Cheverny bei Blois hat Comiczeichner Hergé für seine „Tim und Struppi“-Comics zu Schloss Mühlenhof inspiriert.

Seit 1850 ist auf Cheverny auch eine Meute mit mehr als 100 Jagdhunden zu Hause. Der Zwinger, der ein beliebter Anziehungspunkt auf dem Gelände ist, steht neben der außergewöhnlichsten Attraktion des Schlosses: Der belgische Comiczeichner Hergé nutzte Cheverny für seine „Tim und Struppi“-Comics als Vorlage für Schloss Mühlenhof.

In einem Nebengebäude des Schlosses ist dem Reporter und seinem Hund die interaktive Dauerausstellung „Die Geheimnisse von Mühlenhof“ gewidmet.

In einem Nebengebäude des Château de Cheverny ist eine Dauerausstellung zu den „Tim und Struppi“-Comics zu sehen.

Château de Chaumont ist bekannt für sein Gartenfestival

Wer dem Flusslauf folgt, sollte sich rund 25 Kilometer entfernt als Nächstes Château de Chaumont-sur-Loire ansehen. Auf dem rund 32 Hektar großen Gelände, das heute wie das Schloss der Region Centre gehört, findet einmal jährlich ein großes internationales Gartenfestival statt.

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Neben der Festivalfläche liegen dauerhaft die zeitgenössischen Gärten Prés du Goualoup. Dazu gehören ein japanischer und ein koreanischer Garten, ein Wasser- und ein Spiegelgarten genauso wie eine umfangreiche Dahlien- und eine Pfingstrosensammlung.

Die Dahliensammlung in den Gärten Prés du Goualoup des Château de Chaumont-sur-Loire ist einer der Höhepunkte auf dem Schlossgelände.

Überall auf dem Gelände und im Schloss ist auch Kunst zu sehen. „Die Saison 2021 ist der Natur gewidmet“, sagt Pressesprecherin Sandrine Mahaut. Zu den Besonderheiten zählt in diesem Jahr der überdimensionale Knollenblätterpilz aus Tausenden mit Flechten besetzten Schwarzdornzweigen an Nylonfäden von Chris Drury aus Sri Lanka in der Bienenscheune genauso wie das korallenartige Geflecht im Eselsgehege, das die belgische Künstlerin Carole Solvay aus Federn und Fäden erschaffen hat.

Das Château de Chaumont-sur-Loire ist bekannt für sein jährliches internationales Gartenfestival.

Château de Chenonceau gehörte einst Caterina de’ Medici

Das Schloss hoch über der Loire war übrigens einst im Besitz von Caterina de’ Medici, genauso wie das rund 25 Kilometer südwestlich gelegene Château de Chenonceau. Das elegante Wasserschloss an der Cher, einem Nebenfluss der Loire, ist eines der meistbesuchten Schlösser des Landes.

Es gilt als Schloss der Damen, weil es über Jahre hinweg ausschließlich von Frauen bewohnt wurde. Die Bogenbrücke, auf die Caterina de’ Medici eine Galerie bauen ließ, ist ein beliebtes Fotomotiv. Genauso wie die Gärten.

Das Château de Chenonceau mit seiner berühmten Bogenbrücke ist eines der meistbesuchten Schlösser Frankreichs.

Ob Diana von Poitiers oder Louise Dupin – jede der Frauen, die das Schloss einst bewohnten, prägte es auch. In einem Nebengebäude, dem Bâtiment des Dômes, ließ Caterina de’ Medici einst eine Apotheke einrichten. Heute ist hier eine Sammlung mit ungewöhnlichen Heilmitteln wie Schneckenschleim, Krebsaugen und Hirschgeweih zu sehen.

Was im nebenliegenden Weinkeller La Cave des Dômes degustiert wird, klingt da schon um einiges appetitlicher. Bei Verkostungen haben Besucherinnen und Besucher hier die Chance, die beiden Weine des Schlosses zu probieren: einen 100-prozentigen Sauvignon und eine Assemblage aus Cabernet-Franc- und Malbec-Trauben.

Château du Clos Lucé: Leonardo da Vinci lebte hier

Ein anderer bekannter Bewohner macht das Château du Clos Lucé im rund 15 Kilometer entfernten Amboise an der Loire zu einer Pflichtadresse: Leonardo da Vinci kam 1516 im Alter von 64 Jahren hierher. Der Künstler verbrachte im Schloss die letzten drei Jahre seines Lebens. Er war Gast von König Franz I., der damals im nur rund 500 Meter entfernten Château Royal d’Amboise residierte.

Im Château du Clos Lucé und seinen Gärten verbrachte Leonardo da Vinci seine letzten Lebensjahre.

Die beiden Männer sollen zur damaligen Zeit in engem Kontakt miteinander gestanden haben – ermöglicht durch unterirdische Gänge, die beide Schlösser miteinander verbinden. Im Schloss sind unter anderem Leonardos Arbeitszimmer und seine Bibliothek mit Kuriositätenkabinett zu sehen.

Dem Universalgenie ist auch die informative Ausstellung „Leonardo da Vinci und Frankreich“ in einer Industriehalle auf dem Gelände gewidmet. Seit diesem Jahr gibt es außerdem zwei neue Galerien, die die architektonischen und künstlerischen Arbeiten des Kreativen näher beleuchten.

Besonders eindrucksvoll lässt sich das Genie Leonardos aber im sieben Hektar großen Park Leonardo da Vinci erleben. Hier stehen 20 nach seinen Originalskizzen gebaute Erfindungen zum Anfassen – von der Luftschraube bis zur Schwenkbrücke. Der Weg führt außerdem an 40 Zeichnungen und Bildern Leonardos auf riesigen Leinwänden vorbei.

Im Château du Clos Lucé ist das Arbeitszimmer von Leonardo da Vinci zu sehen.

Château d’Azay-le-Rideau gab der Kunst immer viel Platz

Auch im weitere 50 Kilometer flussabwärts stehenden Château d’Azay-le-Rideau waren Künstler immer gern gesehene Gäste. Vor allem zu der Zeit, als das Schloss auf einer kleinen Insel im Loire-Nebenfluss Indre der Familie de Biencourt gehörte (1791–1882). Charles de Biencourt machte den Garten zu einem Landschaftspark im englischen Stil und schuf so viele reizvolle Motive. Vor allem englische Künstler wie William Turner kamen hierher, um zu malen.

Das Schloss selbst gilt als eines der bedeutendsten Beispiele der französischen Renaissancearchitektur. Auch im Inneren hatte die Kunst ihren Platz. Die einstigen Besitzer waren Sammler und besaßen mehr als 300 Gemälde.

Die einstigen Besitzer des Château d’Azay-le-Rideau waren Kunstsammler und nannten mehr als 300 Gemälde ihr Eigen.

Château du Rivau erstrahlt in neuem Glanz

Kunst spielt auch im Château du Rivau, rund 30 Kilometer südwestlich nahe Chinon, eine große Rolle. Das Schloss aus dem Jahr 1420 gehört seit 1992 Patricia und Éric Laigneau. Der Bauunternehmer, der viele französische Innenstädte restauriert hat, und seine Frau haben seitdem dem damals verfallenden Gebäude seinen alten Glanz zurückgegeben. Seit 2000 steht es Besucherinnen und Besuchern offen.

Die Besitzer von Château du Rivau widmen sich auch dem Erhalt alter Obst- und Gemüsesorten.

In den Innenräumen findet sich neben kostbaren Wandbehängen sowie Gotik- und Renaissancemöbeln eine mit zeitgenössischer Kunst angereicherte Jagdtrophäensammlung. Da hängt das „Paddle Ball Game“ in Rentierform vom Amerikaner Jeff Koons nur ein paar Meter neben dem Haardutt der Französin Axelle Remaud. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen. In jedem Jahr gibt es außerdem eine besondere Ausstellung – noch bis November ist „Le Goût de l’Art“ (der Geschmack der Kunst) zu sehen.

Im Château du Rivau gibt es eine Jagdtrophäensammlung, die mit außergewöhnlichen Kunstwerken angereichert ist.

Auch in den 14 Gärten, deren Gestaltung sich Patricia Laigneau verschrieben hat, gibt es weit mehr als Pflanzen zu entdecken. Auch wenn es sich allein schon wegen der 450 Duftrosensorten und der unzähligen anderen oftmals farblich fein abgestimmten Blumen, Stauden und Bäume lohnt, durch das Grün zu streifen.

Hier begegnen Besucherinnen und Besucher auch den Pfauen, die auf dem Anwesen zu Hause sind. Aber vor allem entdecken sie immer wieder neue Besonderheiten. So wie die überdimensionalen, mehr als drei Meter hohen Gummistiefel von Lilian Bourgeat oder die Phönixskulptur, die sich über einer Voliere mit Fasanen erhebt.

Und natürlich gibt es auch einen großen Gemüsegarten auf dem Vorhof des Schlosses. „Wir bauen hier vor allem alte Sorten wie die Gelbe Bete oder violetten Sellerie an. Damit beteiligen wir uns an der Erhaltung des Gemüseerbes der Region Centre, um die Sorten vor dem Aussterben zu bewahren“, erklärt die Schlossherrin. Daneben streckt ein riesiger Maulwurf seinen Kopf aus der Erde. Es wirkt beinahe, als würde er die Beete bewachen. Gut so, denn Kohl und Co. sind wohl die neuen Schätze der Schlösser.

Tipps für deine Reise nach Frankreich

Anreise: Mit dem Flugzeug oder Zug nach Paris, dann weiter mit dem Mietwagen oder mit dem Zug nach Tours in der Region Centre-Val de Loire und von dort aus weiter mit Mietwagen oder Fahrrad.

Beste Reisezeit: Einige der Schlösser haben nur vom Frühjahr bis in den Herbst geöffnet. Dann ist auch die beste Zeit, um auch die Gärten zu genießen.

Schlösser:

Château de Chambord, 41250 Chambord
Château de Cheverny, 41700 Cheverny
Château de Chaumont-sur-Loire, 41150 Chaumont-sur-Loire
Château de Chenonceau, 37150 Chenonceaux
Château du Clos Lucé, 2 Rue du Clos Lucé, 37400 Amboise
Château d’Azay-le-Rideau, Rue Pineau, 37190 Azay-le-Rideau
Château du Rivau, 9 Rue du Château, 37120 Lémeré

La Loire à Vélo: Viele Reisende erkunden die Region mit Fahrrädern auf dem Radwanderweg La Loire à Vélo. Er beginnt in Cuffy am Oberlauf der Loire und endet nach 900 Kilometern in Saint-Brévin-les-Pins am Atlantik. Der größte Teil der Strecke führt direkt am Loireufer entlang. An der Strecke gibt es 15 Radverleihe und zahlreiche Accueil Vélo, also Unterkünfte speziell für Radtouristen.

Die Schlösser an der Loire lassen sich hervorragend per Rad erkunden.

Hinweis: Die Reise wurde unterstützt vom Tourismusverband Centre-Val de Loire und Atout France. Über Auswahl und Ausrichtung der Inhalte entscheidet allein die Redaktion.