Friedrichstadt liegt südlich von Husum auf Höhe der Halbinsel Eiderstedt und ist eines von fünf Stadtdenkmälern in Schleswig-Holstein. Kein Wunder: Wer das knapp 400 Jahre alte Städtchen besucht, hat das Gefühl, mitten in den Niederlanden zu sein.

 

Der Marktplatz in Friedrichstadt liegt direkt an einer Gracht. Ein Stück Holland in Nordfriesland.

Warum heißt Friedrichstadt auch „Holländerstadt“?

Tatsächlich waren die Erbauerinnen und Erbauer von Friedrichstadt religiös verfolgte Holländerinnen und Holländer. Friedrich III. von Schleswig-Gottorf hatte diese im 17. Jahrhundert in sein Herzogtum geholt, hatte ihnen Glaubensfreiheit zugesichert – und ließ sich von ihnen als Gegenleistung an der Mündung des Nebenflusses Treene in die Eider eine Handels- und Hafenstadt errichten.

Um das flache Land der Eider-Treene-Niederung vor Überflutungen durch Regen- und Flusswasser zu schützen, legten die holländischen Baumeister Gräben zur Entwässerung, als Trinkwasserreservoir und Transportweg an. Dank dieser Grachten und Sielzüge liegt die Innenstadt auf einer künstlichen Insel und ist über Auto- und zierliche Fußgängerbrücken erreichbar.

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Die Grachten von Friedrichstadt lassen sich nicht nur bei Grachtenfahrten, sondern auch ganz individuell mit kleinen Booten erkunden.

Zwei Reedereien bieten einstündige Grachtentouren in offenen und überdachten Booten an, die Passagierinnen und Passagiere erfahren dabei allerlei Wissenswertes und auch Kurioses. Wer die Wasserwege in Eigenregie erkunden will, findet auch Anbieter für Motor- und E-Boote, Kanus und Stand-up-Paddling.

Giebelhäuser am Marktplatz

Das historische Stadtbild ist trotz kriegsbedingter Schäden im 19. Jahrhundert bis heute gut erkennbar. Die Altstadtstraßen verlaufen schnurgerade und weitgehend rechtwinklig. Den Charme der Gründungsjahre können Besucherinnen und Besucher besonders am Marktplatz erleben: Dort reihen sich auf der Westseite neun typisch holländische Treppengiebelhäuser aneinander.

Viele Baumaterialien wurden seinerzeit aus Holland eingeführt – außer den kleinformatigen Backsteinen, Moppen genannt, auch fertige Sandsteingiebel. Als eines der bekanntesten gilt das Edamer-Haus mit der Anschrift Am Markt 16: Das Gebäude, in dem angeblich einst mit dem gleichnamigen Käse gehandelt wurde, ist sehr schmal und hoch, dafür aber 20 Meter tief.

Am Marktplatz von Friedrichstadt zeugen die Giebelhäuser von der Vergangenheit des Ortes.

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Eines der ältesten Gebäude ist das Fünfgiebelhaus, das etwa 230 Meter entfernt an der Straße Fürstenburgwall 11 liegt. Das Haus beherbergt heute im Erdgeschoss einen Buchladen, im Obergeschoss eine Keramikwerkstatt – für Letztere bietet die Künstlerin regelmäßig Führungen an.

Remonstrantenkirche

Sein Aussehen verdankt Friedrichstadt Angehörigen der 1619 in den Niederlanden gegründeten und dort schnell verbotenen freisinnig-christlichen remonstrantischen Glaubensgemeinschaft. Sie errichteten den Ort ab 1621 als Gegenleistung dafür, dass sie in die Stadt ziehen und ihre Religion ausüben durften. Diese lehnte dogmatische Glaubensvorgaben ab und forderte die Bereitschaft, von anderen Konfessionen zu lernen.

Sie erbauten in Friedrichstadt die weltweit erste Remonstrantenkirche, die 1850 im schleswig-holsteinisch-dänischen Krieg zerstört wurde. Die Nachfolgekirche von 1854 erhebt sich bis heute in der Altstadt und ist die einzige ihrer Art außerhalb der Niederlande.

In Friedrichstadt entstand einst die weltweit erste Remonstrantenkirche. Nach ihrer Zerstörung im schleswig-holsteinisch-dänischen Krieg 1850 wurde sie 1854 wieder aufgebaut.

Von Anbeginn galt Friedrichstadt als Stadt der religiösen Toleranz. Anhängerinnen und Anhänger zahlreicher Religionen lebten hier nebeneinander, darunter zeitweise auch Quäker, Unitarier, Mormonen und eine große jüdische Gemeinde. Auch heute hat die 2600-Einwohner-Stadt nicht weniger als fünf Gotteshäuser – vor allem Remonstranten, Lutheraner, Mennoniten, Katholiken und dänische Lutheraner sind heute in Friedrichstadt ansässig.

Hausmarken in Friedrichstadt

Eine Besonderheit in der Holländerstadt sind die Hausmarken: Es handelt sich um oft farbig gefasste Bildreliefs, die einst anstelle von Hausnummern über den Eingangstüren der Häuser eingelassen wurden. Die Motive der Hausmarken gaben auf vielfältige Art Auskunft über die Erbauerinnen und Erbauer und die Bewohnerinnen und Bewohner des jeweiligen Hauses; eine Windmühle markierte beispielsweise das Wohnhaus eines Müllers, Reben das Heim eines Weinhändlers. Aber auch Motive aus der Tierwelt wie Fische, Frösche und Kühe, ferner musizierende Engel, Schreibfedern und Sterne finden sich bis heute im Stadtbild.

An vielen Häusern in Friedrichstadt sind Hausmarken wie diese zu sehen.

Manche Bewohner verwendeten Elemente aus ihren Familienwappen. Obwohl etliche historische Bauten im Jahr 1850 den Auseinandersetzungen mit Dänemark zum Opfer fielen, konnten deren Hausmarken zum Teil erhalten werden. Sie finden sich an den Nachfolgebauten. Die Tradition hat bis heute Fans: Einige Friedrichstädter lassen sich eine eigene Hausmarke gestalten und bringen sie an ihren modernen Wohnhäusern an.

Die historischen Hausmarken in Friedrichstadt gaben oft Auskunft über den Beruf des Bewohners eines Hauses.

Historische Marktpumpe

Streng genommen ist das pastellfarben gestrichene Brunnenhäuschen am Friedrichstädter Marktplatz ein Exot zwischen all der holländischen Baukunst des 17. Jahrhunderts. Es entstand erst 1879, hat gotische Anleihen und war ein Geschenk des Architekten Heinrich Rohardt an die Stadt.

Trotzdem zählt es sowohl bei Touristinnen und Touristen und als auch bei den Einwohnerinnen und Einwohnern zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten und markiert das Herzstück des Platzes, auf dem es bis Mitte des 20. Jahrhunderts mehrfach jährlich rund um den Brunnen Pferdemärkte gegeben haben soll. Der Brunnen diente als Tränke für die Tiere. Die geländerartigen Eisenstangen, an denen seinerzeit die Tiere angebunden wurden, sind auf der begrünten Seite des Marktplatzes gegenüber der Giebelhausreihe heute noch zu finden.

Der Brunnen war lange Zeit versiegt – doch ein örtlicher hat die Marktpumpe wieder reaktivieren lassen. Seit dem 400-jährigen Stadtbestehen im September 2021, fließt das Wasser wieder in einen Sandsteintrog.

Radeln auf dem Eider-Treene-Sorge-Radweg

Friedrichstadt ist ein guter Ausgangspunkt für Fahrradtouren. Der örtliche Tourismusverein am Marktplatz verleiht von Ostern bis Oktober Fahrräder. Von der Altstadt aus können Reisende kurze Tagesausflüge in die Landschaft rund um die Holländerstadt unternehmen; diese ist stark geprägt von den drei Flüssen Eider, Treene und Sorge, von denen die ersten beiden Friedrichstadt zu seinen Grachten verhalfen.

Zahlreiche Wege führen die Radelnden durch idyllische Flusslandschaften, vorbei an Rapsfeldern, Kanälen und ausgedehnten Wiesen. Wer will, kann Friedrichstadt auch als Startpunkt für den 240 Kilometer langen Eider-Treene-Sorge-Radweg nutzen.

Von Friedrichstadt aus lassen sich auch gut Radtouren unternehmen – zum Beispiel auf dem Eider-Treene-Sorge-Radweg entlang der drei Flüsse, die die Landschaft in der Region sehr geprägt haben.

Ein Rundkurs führt durch das größte Niederungsgebiet Schleswig-Holsteins und zu Orten wie dem Storchendorf Bergenhusen, nach Hollingstedt, Süderstapel und Tellingstedt. Unterwegs finden die Radlerinnen und Radler mit den reetgedeckten Fachwerkhäusern den Gegenentwurf zur typisch holländischen Ziegeldach-Giebelhaus-Bauweise Friedrichstadts.