Alles fing in Kambodscha an. Damals entdeckte ein Studienfreund von Nils Lohmann und Alexander Haufschild eine Schule, die ungenutzte Räume besaß, der es aber an Einnahmen fehlte, um eine zusätzliche Lehrkraft zu finanzieren. Die Idee war schnell geboren: Die Räume könnten touristisch genutzt werden, mit dem Geld, das die Touristinnen und Touristen dafür zahlten, könnte nachhaltig geholfen werden, etwa indem neue feste Stellen innerhalb des Projektes geschaffen würden. 

Es war der Start eines Studentenprojektes, das sich zu einem Start-up entwickeln sollte. Studierende verschiedener Studiengänge der Uni Köln, darunter Nils Lohmann und Alexander Haufschild, gründeten die Plattform Socialbnb. Sie suchten soziale, ökologische und andere gemeinnützige Projekte, die freie Zimmer hatten, die sich an Touristinnen und Touristen vermieten ließen.

Den Tourismus für einen guten Zweck einsetzen

„Wir wollen den Tourismus nutzen und für einen guten Zweck einsetzen“, erzählt Alexander Haufschild dem reisereporter, „zum Nutzen der lokalen Bevölkerung in anderen Ländern.“ Deshalb haben die damals noch Studierenden ihre Idee zusammen mit den Projekten in den jeweiligen Ländern entwickelt. Das Konzept klingt simpel: Eine Buchungsplattform, die ähnlich wie Booking oder Airbnb funktioniert, allerdings ganz spezielle Unterkünfte bietet. Nämlich solche, deren Einnahmen direkt in Gemeinschaftsprojekte zur Unterstützung der Menschen vor Ort fließen.  

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Damit wollen sich die Macher von Socialbnb vor allem an jene jungen Menschen richten, die gern die Welt sehen und dabei Gutes tun wollen. Und die dann häufig bei Freiwilligendiensten landen, die in vielen Fällen allerdings gut gemeint, aber nicht gut sind.

Denn statt qualifizierten Einheimischen die Chance auf einen Job zu geben, werden kostengünstig Volunteers eingesetzt, die keine Erfahrungen und Kenntnisse mitbringen und damit nicht nur koloniale Strukturen festigen, sondern auch ungewollt einen Beitrag zur Armutsspirale leisten. „Wir wollen eine Alternative zum Voluntourismus sein. Wir wollen, dass die Touristinnen und Touristen durch Geld helfen, langfristige Stellen zu schaffen, denn es gibt genügend qualifiziertes Personal vor Ort.“ 

Aus einem idealistischen Studentenprojekt wird ein Unternehmen

Aus der einstigen Studenten-Idee ist inzwischen ein Start-up geworden. Im Jahr 2019 ging die Testversion von Socialbnb online. „Damals hatten wir noch wenige Unterkünfte im Angebot und haben alles händisch abgewickelt“, erzählt Lohmann. Reisende konnten sich auf der Website die Unterkünfte anschauen, mussten dann aber beim Team anfragen, das wiederum die Anfrage in das Zielland weiterleitete. Die Bezahlung erfolgte sodann in bar im Zielland.

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Der Erfolg gab dem Team recht, und so nutzte es die Corona-Pause, in der es nur wenige Buchungen hatte, um Socialbnb zu professionalisieren: Lohmann und Haufschild hatten ihr Studium abgeschlossen und gründeten die Firma, für die sie nun Vollzeit arbeiten wollten. Sie werteten mit den Projekten, die bereits Teil von Socialbnb waren, die bisherigen Besuche aus.

Socialbnb vermittelt 180 Unterkünfte in 45 Ländern weltweit

Und sie ließen eine neue Website entwickeln, die am 19. Juli online geht und der offizielle Start von Socialbnb wird. „Es läuft jetzt alles automatisiert“, sagt Lohmann. „Die Projekte können sich ausführlicher vorstellen und Buchung und Bezahlung laufen direkt über die Website.“ Auch Bewertungen sind nun möglich – für Unterkünfte wie für Gäste. 

Die Bungalows auf Chumbe Island auf Sansibar gehören zu den teuersten Socialbnbs.

Sie haben auch ihr Angebot erweitert und Unterkünfte aufgegriffen, die bereits ein touristisches Konzept haben. Mit dem Neustart werden 180 Unterkünfte in 45 Ländern verfügbar sein – von kleinen, privaten Gästezimmern privater Hilfsorganisationen bis hin zu Luxus-Bungalows in nachhaltigen Öko-Lodges, die mit ihrem Gewinn die lokale Community unterstützen.

Übernachten für 5 US-Dollar im Gästezimmer – oder für 200 im Luxus-Bungalow

„Wir haben Unterkünfte für 5 US-Dollar in Nepal und für 200 US-Dollar auf Sansibar“, sagt Lohmann. Standard und Luxus sind nun möglich – und damit hofft das Team auf eine größere Zielgruppe. „Wir wollen auch die ansprechen, denen nicht nur Nachhaltigkeit, sondern auch Komfort wichtig ist“, sagt Lohmann. Im Schnitt liege der Preis für eine Übernachtung bei 20 bis 30 US-Dollar.

Zu buchen sind kleine Gästezimmer mitten in sozialen Projekten, in denen Touristinnen und Touristen sich die sanitären Anlagen mit Einheimischen teilen. Und Hotelzimmer in inklusiven Anlagen, die Geflüchtete oder Behinderte beschäftigen, davon auch viele in Europa. Und dann wäre da noch das Luxus-Hotel in Tansania, das ein Meeresschutzprojekt gegründet hat – indem es privat einen Bereich des Meeres unter Schutz gestellt hat. 

„Wir wollen den Menschen zeigen, dass Tourismus nachhaltig geht, und jenen Tourismus unterstützen, der gesellschaftlichen Nutzen bringt“, sagt Lohmann. Deshalb sei der intensive Austausch mit den 180 Projekten weltweit so wichtig, um die Plattform weiterzuentwickeln. „Die Angebote sollen im Sinne der lokalen Bevölkerung sein.“

Corona hat die Tourismusbranche zum Nachdenken gebracht

Wer möchte, kann bei seinem Besuch auch das Projekt kennenlernen. Einige bieten beispielsweise Führungen oder Workshops an, an denen die Touristinnen und Touristen teilnehmen können. So erhalten die Reisenden direkt einen Einblick, wohin das Geld, das sie für ihr Bett ausgegeben haben, fließt. Anpacken hingegen ist weniger erwünscht – denn mit dem Geld aus den Vermietungen werden einheimische Fachleute geschult und bezahlt. 

Während die Tourismus-Branche noch unter der Corona-Pandemie und Reiserestriktionen leidet, sieht Lohmann für Socialbnb gerade darin eine Chance: „Viele haben in dieser Zwangspause gemerkt, dass man Dinge anders machen muss, es wurde darüber gesprochen, wie Tourismus sich ändern muss.“ Deshalb wolle sein Team auch eine wichtige Botschaft senden: Verantwortungsvoller Tourismus weltweit ist möglich. „Es gibt viele kreative Ideen – nicht nur unsere –, die den Tourismus verändern wollen, bei denen Nachhaltigkeit im Fokus steht.“