35 Jahre nach Tschernobyl: Reisen zum Unglücksreaktor
Vor 35 Jahren explodierte ein Reaktorblock des Kernkraftwerks Tschernobyl nahe der Stadt Prypjat. Die Umgebung wurde nach der Katastrophe zur Sperrzone – mittlerweile zieht sie etliche Touristen an.
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In der Nacht zum 26. April 1986 explodierte ein Reaktorblock im Kernkraftwerk Tschernobyl und setzte enorme Mengen an Radioaktivität frei. Durch die Atomkatastrophe starben vermutlich Tausende Menschen – wie viele genau, ist schwer zu sagen. Die 50.000 Bewohner der Stadt Prypjat wurden nach dem Unglück evakuiert und durften bis heute nicht in ihre Häuser zurückkehren. Touristen hingegen steht die Sperrzone offen.
2011 haben die ukrainischen Behörden das Betreten des 30-Kilometer-Radius um das Kernkraftwerk als sicher eingestuft. Seither haben Hunderttausende Menschen diesen Bereich besucht, obwohl es einige Hürden und Sicherheitsmaßnahmen für den Aufenthalt gibt. Lies hier, welche Attraktionen rund um Tschernobyl mittlerweile angeboten werden.
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1. Rundflug über das Sperrgebiet von Tschernobyl
Wer glaubt, der Tschernobyl-Tourismus liege in Zeiten von Corona am Boden, irrt: Zum 35. Jahrestag der Katastrophe bietet die Fluggesellschaft Ukraine International einen Sonderflug von der ukrainischen Hauptstadt Kiew über Tschernobyl und Prypjat an. Aus 900 Metern Höhe betrachten Fluggäste etwa den Sarkophag, also die gigantische bogenförmige Schutzhülle, die den havarierten Reaktor versiegelt, und die Geisterstadt, die erst 36 Stunden nach dem Unfall evakuiert wurde.
Anfang März dieses Jahres hatte die Fluggesellschaft den Rundflug über die Sperrzone erstmals angeboten. Er war innerhalb weniger Minuten ausgebucht.
Am Boden zerstört: 50.000 Einwohner mussten die Stadt Prypjat nach der Katastrophe verlassen.
2. Ein Besuch im Kontrollraum von Reaktor 4
Reisen nach Tschernobyl gelten als Extremtourismus – und haben im Jahr 2019 noch eine Steigerung erfahren. Seitdem ist der Kontrollraum von Reaktor 4 zugänglich, also ebenjene Schaltzentrale, in der die Fehler begangen wurden, die die Katastrophe auslösten. Schutzanzug, Helm und Atemgerät sind beim Besuch Pflicht.
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Außerdem dürfen Menschen sich dort nur wenige Minuten aufhalten und müssen sich hinterher Tests unterziehen. Aus gutem Grund: Die Strahlung soll dort etwa 40.000-mal höher sein als der Normalwert. Insbesondere der radioaktive Staub, der auf den Knöpfen, Schaltern und Amaturen liegt, ist besonders gefährlich und sollte deshalb nicht aufgewirbelt werden.
Der zerstörte Kontrollraum von Reaktor 4: Hier wurden 1986 die Fehler begangen, die zur Explosion führten.
3. Geführte Touren durch die Stadt Prypjat
Etliche Anbieter haben geführte Touren durch die Geisterstadt Prypjat im Programm. Die Stadt wurde 1970 für die Familien der Atmokraftwerker gebaut und bereits 16 Jahre später von ebenjenen fluchtartig verlassen. Heute sehen sich Touristen die verotteten Wohnhäuser und überwucherten Spielplätze an. Highlight der Touren: das Riesenrad des Freizeitparks, der am 1. Mai 1986 eröffnet werden sollte – drei Tage nach der Katastrophe.
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Zum exklusiven GutscheinDer Rummelplatz in Prypjat sollte am 1. Mai 1986 eröffnet werden.
Die Fernsehserie „Chernobyl“, die 2019 erstmals ausgestrahlt wurde und aktuell auf Pro Sieben zu sehen ist, ließ den Tschernobyl-Tourismus erneut ansteigen. Die Reisenden zieht es nicht nur in die Ukraine, sondern auch nach nach Litauen. Das Land diente als Drehort.
4. Geocaching
Lost Places reizen viele Geocacher, und so wundert es kaum, dass auch rund um Tschernobyl die digitale Schnitzeljagd gespielt wird. 23 aktive Caches liegen in der Zone versteckt: im Klavierladen, im Kindergarten, auf einem Fußballfeld und sogar direkt am Reaktor. Dabei geht es den Spielern weniger um die Schatzsuche an sich als darum, diesen ganz besonderen, düsteren Ort zu entdecken.
Bislang hatten dazu aber erst verhältnismäßig wenige Geocacher Gelegenheit. Den ältesten Cache, der dort 2011 versteckt wurde, haben bisher etwa 800 Personen gefunden. Das liegt sicher auch an den strengen Regeln und daran, dass Besucher sich auch vor Ort nicht frei bewegen können, sondern von Guides geführt werden.
Kindergarten in Prypjat: In der Stadt lebten 1986 rund 15.500 Kinder.
5. Übernachten in Tschernobyl
Zehntausende Menschen mussten 1986 nach der Nuklearkatastrophe alles stehen und liegen lassen und ihre Häuser verlassen – Touristen aber finden in Tschernobyl ein Dach über dem Kopf. 2017 wurde in der Stadt ein Hostel eröffnet, zunächst mit 50 Plätzen in spartanisch eingerichteten Zwei- und Dreibettzimmern. Der Aufenthalt kostete zum Start umgerechnet 7 Euro pro Nacht und war inklusive Dusche, Fernsehen und Internet.
6. Souvenirs aus Tschernobyl
Auch von einer Tour nach Tschernobyl bringen Besucher Andenken mit. Vor Ort werden etwa Postkarten und T-Shirts verkauft, sogar leuchtende Kondome kannst du deinen Freunden zu Hause als Gag mitbringen. In diesem Jahr soll außerdem ein Apfelbrand auf den Markt kommen, für den Früchte aus der Sperrzone verwendet wurden.
An einem Stand am Eingang zur Sperrzone werden Souvenirs verkauft.
Selfies und Fotos sind ohnehin Standard-Souvenirs – gerade bei einem besonderen Ort wie Tschernobyl. Allerdings haben sich in der Vergangenheit immer wieder Besucherinnen und Besucher beim Fotografieren respektlos verhalten und damit ausgeblendet, dass die Katastrophe Hunderttausenden Menschen schreckliches Leid gebracht hat.