Flugtickets in Virusvariantengebiete stornieren: Geht das?
Plötzlich ist das Reiseziel ein Virusvariantengebiet: Diese Einstufung überrascht aktuell Portugal-Reisende. Während in der Folge Pauschalreisen storniert werden, fliegen viele Airlines weiter.
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Ein Flug ins Risikogebiet, trotz Coronavirus – und das für nur 5 Euro? Bei Ryanair gab es dieses Angebot Anfang September, als die irische Airline den Markt mit Billig-Tickets nach Spanien geflutet hatte. Auch ins Virusvariantengebiet Portugal fliegt die Airline weiter – ebenso wie die Airlines Lufthansa, Condor und Eurowings. Pauschalreiseveranstalter hingegen stornieren die Reisen in Virusvariantengebiete mit Coronavirus bedingter Reisewarnung größtenteils.
Umgekehrt können auch Urlauberinnen und Urlauber eine Pauschalreise in den meisten Fällen kostenlos umbuchen oder stornieren, während sie bei Einzelflügen gerne mal auf den Kosten sitzen bleiben. Wieso gibt es diese Unterschiede, die das Planen von Urlaub komplizierter machen? Hintergrund ist die Rechtsgrundlage für Pauschalreisen und Individualreisen – wir dröseln diese für dich auf.
Darum stornieren Pauschalreiseveranstalter Buchungen in Virusvariantengebiete
Reiseveranstalter sind zwar nicht per se dazu verpflichtet, sämtliche Reisen bei einer Reisewarnung zu stornieren. Denn entscheidend ist die konkrete Gefährdungslage vor Ort, erklärt Reiserechtsanwalt Paul Degott dem reisereporter. „Aber die Veranstalter nehmen die Einschätzung des Auswärtigen Amtes als Prüfstein.“
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Außerdem seien sie vertraglich dazu verpflichtet, Touristinnen und Touristen genau das Urlaubserlebnis zu ermöglichen, das sie gebucht haben – inklusive der Zeit vor Ort und dem Rückflug.
Warum fliegen Airlines in Risikogebiete?
Die Airline hingegen sei vertraglich „nur“ dazu verpflichtet, von A nach B zu fliegen. Solange die Grenzen also geöffnet sind und Tickets gebucht werden, wird sich eine Fluggesellschaft bei der nötigen Auslastung der Maschinen aus wirtschaftlicher Sicht immer fürs Fliegen entscheiden.
Ryanair beispielsweise begründete seine Flüge in europäische Coronavirus-Risikogebiete gegenüber dem reisereporter wie folgt: „Verbindungen unter den europäischen Ländern sind von grundlegender Bedeutung, die niedrigen Ryanair-Tarife ermöglichen der Wirtschaft in Europa einen Neustart und führen Familien wieder zusammen.“
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Urlaub in Risikogebiete stornieren
Was aber ist, wenn sich der Tourist unsicher fühlt und die Reise in ein Risikogebiet, für das auch eine Reisewarnung gilt, nicht antreten möchte?
Bei Pauschalreisen ist die Lage recht eindeutig: Liegt vor Ort eine Gefährdungslage vor (Reisewarnung oder die Einstufung als Risikogebiet sind ein starkes Indiz dafür), die bei Reisebuchung nicht absehbar war, können Touristen kostenlos stornieren und haben ein Recht auf die Rückzahlung des Reisepreises.
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Anders sieht es bei Airlines aus: „Unsere Daten zeigen, dass Flüge häufig trotz negativer Reisehinweise durchgeführt werden“, so Tom van Bokhoven, Gründer von Flug-verspaetet.de, im September 2020. Und was ist, wenn Passagiere aufgrund des Corona-Ansteckungsrisikos oder der drohenden 14-tägigen Quarantäne in Deutschland nach der Rückkehr nicht mitfliegen wollen? Dann haben sie schlechte Karten, das Geld zurückzubekommen.
„Passagieren, die aufgrund des hohen Sicherheitsrisikos nicht mehr verreisen wollen, wurde häufig eine Rückerstattung ihrer Tickets verweigert“, so Bokhoven. Airlines rechtfertigten dies mit der Behauptung, dass der Flug ja weiterhin durchgeführt worden sei und Passagiere diesen hätten wahrnehmen können. Ryanair teilt diesbezüglich mit: „Für nicht stornierte Flüge gelten die Standard-AGB.“ Ist das rechtlich in Ordnung? Ja.
Reiserechtswanwalt Paul Degott erklärt: „Bei einem gebuchten Flug trägt immer der Passagier das Verwendungsrisiko.“ Bei einem einzeln gebuchten Flug gilt nicht das EU-Pauschalreiserecht, sondern das Luftbeförderungsrecht.
Ist die Einreise für Touristen am Reiseziel grundsätzlich erlaubt und die Airline führt den Flug dorthin durch, dann wird es mit der Rückforderung des Ticketpreises beim Stornieren schwierig, weil keine Argumentationsgrundlage gegeben sei. Anders sieht es aus, wenn ein Einreiseverbot vorliegt. Dann könne das ein Stornierungsgrund sein, der Ticketpreis könnte dann zurückgefordertert werden, so die Einschätzung Degotts.
Flug umbuchen – die Regeln der Airlines
Viele Airlines bieten aktuell aber immerhin individuelle Kulanzregeln und Umbuchungsmöglichkeiten an. Was bei welcher Airline gilt, zeigt der folgende alphabetische Überblick:
Condor: Der Ferienflieger bietet eine Flex-Option an, die Kunden hinzubuchen können. Damit lassen sich alle Kurz- und Mittelstreckenflüge unbegrenzt gebührenfrei bis jeweils 24 Stunden vor Abflug umbuchen, so Condor. Ansonsten können aber auch alle Flüge, die zwischen dem 15. Februar und dem 30. Juni 2021 gebucht wurden, einmalig bis zwei Wochen vor Abflug kostenlos umgebucht werden. Preisdifferenzen müssen gezahlt werden.
Easyjet: Alle Kunden mit neuen oder bestehenden Buchungen können der Fluggesellschaft zufolge bis zu zwei Stunden vor Abflug kostenlos umbuchen auf andere angebotene Flüge. reisdifferenzen müssen gezahlt werden. Das Flugangebot für die alternative Reise reicht derzeit bis Ende September 2021.
Eurowings: Wer seinen Eurowings-Flug nicht antreten will, kann bis 40 Minuten vor Abflug beliebig oft ohne eine Änderungsgebühr umbuchen. Das ist auch auf Verbindungen zu einem anderen Reiseziel als dem ursprünglich gebuchten möglich. Mögliche Differenzzahlungen müssen übernommen werden.
Lufthansa: Die Umbuchungsgebühren bei der größten deutschen Airlines gestrichen für alle Tickets, die bis zum 31. Juli 2021 mit einem Reisedatum zwischen dem 01. Februar 2020 und 31. August 2021 ausgestellt wurden. Reisende können demnach beliebig oft kostenlos umbuchen – die Umbuchung muss vor dem ursprünglich geplanten Reisedatum erfolgen.
Tuifly: Der Ferienflieger ist vor allem für große Reiseveranstalter unterwegs, viele Gäste sind entsprechend Pauschaltouristen. Diese werden etwa bei Reisewarnungen oder Annullierungen automatisch und ohne Gebühren storniert. Wer seine Reise verschieben will, wendet sich an den Veranstalter. Es gilt das Pauschalreiserecht. Zu Zielen ohne aktuelle Reisewarnung gelten nach Angaben der Fluggesellschaft die normalen Umbuchungs- und Stornierungsbedingungen.