Beschleunigung beim Start, abheben – und dann direkt eine extreme Rechtskurve: Dieses Manöver ist nun mit Inbetriebnahme der Südbahn am neuen Hauptstadtflughafen BER möglich. Für Passagiere könnte das mitunter überraschend oder für ungeübte Fluggäste sogar unangenehm werden – das Flugmanöver könne zu Angst und Übelkeit bei Passagieren führen, vor allem, wenn Piloten vorher keine Erklärung über das Bordmikrofon abgeben. Das befürchten zumindest Piloten der Vereinigung Cockpit.

Drei Sekunden nach Abheben am BER geht es in die extreme Kurve

Konkret geht es um das geplante Flugmanöver „LULUL 1B”, die Hoffmann-Kurve. Sie wird aber auch Stunt- oder (hinter vorgehaltener Hand) Kotzkurve genannt. In nur 180 Metern Höhe von der Startbahn aus gesehen, knapp vor der Autobahn, sollen die Piloten bei Ostwind mitunter in eine 145-Grad-Rechtskurve fliegen, nur wenige Sekunden nach dem Abheben.

Aktuelle Deals

Dazu werden die Flugzeuge, noch von Hand gesteuert, im gerade begonnenen Steigflug mit etwa 25 Grad Schräglage in die Kurve gehen. Mit Ziel im Westen bleibt die Maschine dauerhaft in Schräg- und Steiglage. Geht es hingegen in Richtung Osten, dann folgt mit der „doppelten Hoffmannkurve“ gleich noch eine Kurve, diesmal nach nach links. 

Wie der „Tagesspiegel“ unter Verweis auf die Vereinigung Cockpit berichtete, sprachen Piloten vor der BER-Eröffnung von einem „unnötigen Sicherheitsrisiko“, da man sich nach dem Start auf den Steigflug konzentrieren müsse. „Eine solche Kurve zu fliegen, während Klappen und Fahrwerk noch einfahren, trägt nicht zur Ruhe im Cockpit bei“, sagte ein Sprecher dem Branchenmagazin „Aerotelegaph“. 

Weiterlesen nach der Anzeige

Anzeige

In 145-Grad-Kurve nach dem Start: Piloten sehen „unnötiges Sicherheitsrisiko“

Die Kurve wurde benannt nach dem Piloten Marcel Hoffmann, der die Berechnungen dafür aufstellte. Grund dafür war die Debatte über die Flugrouten, die im Herbst 2010 aufkam, als klar wurde, dass viel mehr vom BER-Lärm betroffen sein würden als vorher von Politik und Flughafengesellschaft versprochen. Darüber berichtete damals unter anderem die „Märkische Allgemeine Zeitung“.

Aber: Bei einem solchen Manöver, so ein Sprecher der Vereinigung Cockpit, würden öfter Fehler passieren als beim normalen Startvorgang. Auch das Wetter spiele eine Rolle – starker Wind, Nebel und Regen beeinträchtigen die Sicht und das Flugverhalten und machen solche Manöver noch schwieriger. 

Zudem sei das Flugzeug in Schräglage bei geringer Höhe weniger manövrierfähig, wenn es etwa zu technischen Problemen oder Vogelschlag kommt, argumentiert Felix Gottwald, Experte für Flugsicherheit bei der Vereinigung Cockpit, im Interview mit „Aerotelegraph“. Er bezeichnet die Kurve als „legal und machbar, aber nicht optimal“. 

Die Hoffmannkurve werden allerdings nur wenige Fluggäste des Airports erleben: Die Route ist nur bei Ostwind für von der Südbahn startetende Flüge konzipiert – und zwar aus Gründen des Lärmschutzes im Sinne der Anwohner.

Die Inbetriebnahme des Berliner Flughafens BER soll am 31. Oktober erfolgen. Er wurde im Süden des bereits bestehenden Flughafens Berlin-Schönefeld gebaut – Schönefeld wird auch weiterhin in Betrieb bleiben. Anders ist das für Tegel, die Eröffnung des BER bedeutet hier das Ende: Am 8. November soll der Airport Tegel vom Netz gehen. 

Klage gegen die „Kotzkurve“ scheiterte

Festgelegt und genehmigt wurde die Route bereits 2012, schon damals kritisierten Piloten das Vorhaben. Eine Klage wurde aber am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg abgewiesen. Ein Grund: Piloten könnten generell auch eine andere Route fliegen – dafür wird allerdings mehr Zeit und mehr Treibstoff benötigt. 

Wenn das Flugzeug größer sei als eine Mittelstreckenmaschine oder ein Pilot lieber anders starten wolle, könnten Flugkapitäne zudem beim Tower die Erlaubnis für einen Geradeausstart erbitten, so schreibt der „Tagesspiegel“. Dann würde das Abdrehen weit später und in großer Höhe geschehen.