Meine Fahrradtour an der Westküste Schwedens von Trelleborg nach Göteborg war perfekt: Nur ab und zu ein Regenschauer, erträgliche Anstiege, bestes Essen und freies Zelten dank des Jedermannsrechts. Schweden ist einfach das beste Reiseziel für eine Fahrradtour. Einziger Nachteil: Die An- und Abreise mit dem Fahrrad ist nicht so leicht. Ich entschied mich für Bahn und Fähre. Jetzt frage ich mich: Wie sehr habe ich dadurch eigentlich der Umwelt geschadet? Und wie viel nachhaltiger war meine Reise gegenüber der Pauschalreise nach Mallorca? Ich habe Bilanz gezogen, die Nachhaltigkeit alternativer Verkehrswege überprüft und alle Daten kalkuliert. Das Ergebnis? Ich bin zufrieden.

Packtaschen, Lenkertasche, Kartenmaterial, Kochtöpfe, Benzinkocher - und natürlich die perfekte Fahrradtour-Tasse.

Anreise: Leipzig - Rostock (Bahn)

Die Bahn gilt gemeinhin als grünes Fortbewegungsmittel. Sie ist laut DB-Informationen das Fortbewegungsmittel, das im Vergleich zu Auto, Bus und Flugzeug den geringsten CO2-Ausstoß hat. Die Bahn setzt immer mehr auf Ökostrom und rühmt sich, umweltfreundliche Klimaanlagen und Filter einzubauen, um die Emission zu verringern. Für die Anfahrt von Leipzig nach Rostock wählte ich die Regionalbahn, um ohne Probleme mein Fahrrad samt der vier Packtaschen in den Fahrradabteilen verstauen zu können. Für die rund 450 Kilometer Zugstrecke (Nahverkehr) kalkuliert der CO2-Rechner vom Umweltbundesamt 30 Kilogramm CO2.

Wäre ich mit einem Auto besser weggekommen? Ich habe nachgerechnet: Die gleiche Strecke über Autobahnen liegt bei 384 Kilometern. Der CO2-Ausstoß würde hier 70 Kilogramm für eine Person betragen (Mittelklassewagen, Diesel, 6,1 Liter/100 Kilometer). Interessant dabei ist, dass bei einem etwas größeren Auto wie einem Kleinbus, voll besetzt mit vier Personen, die pro-Kopf-Emission auf 20 Kilogramm sinken würde (Mittelklassewagen, Diesel, 7,6 Liter/100 Kilometer). Es kommt also bei der Kalkulation der Höhe vom Schadstoffausstoß immer auch auf die Auslastung des jeweiligen Verkehrsmittels an.

Fazit: Im VW-Bus mit Fahrradträger und mit vier Personen besetzt, sinkt die CO2-Emission pro Person unter die der Bahn. Aus Klimaschutzgründen sollte die Anreise demnach besser mit dem Auto per Mitfahrgelegenheit geschehen. Organisatorisch gesehen ist es leider nicht ganz so einfach, auf der passenden Strecke, zum richtigen Zeitpunkt einen Kleinbus mit Fahrradträger auf den Mitfahr-Portalen zu finden.

Aktuelle Deals

Überfahrt mit der Fähre Rostock - Trelleborg

In Rostock angekommen, radelte ich zum Überseehafen, um auf die Fähre zu steigen und ... Moment mal! Fähre und Nachhaltigkeit? Das passt definitiv nicht in dieselbe Schublade. Um herauszufinden, wie sehr ich mit der Fährüberfahrt nach Schweden meinem Ideal abtrünnig geworden bin, brauchte ich einen Vergleich.

Bisher gibt es aber noch keine CO2-Rechner für Fähren. Das Umweltbundesamt und der NABU sind sich aber einig: So leicht ließe sich nicht sagen, welches Verkehrsmittel klimaneutraler sein sollte. Erster Ansatzpunkt für eine Kalkulation ist  die Auslastung des Transportmittels. Gegenüber einem Kreuzfahrtschiff (wesentlich größer und dient ausschließlich Reisezwecken) und einem Flugzeug, schneidet die Fähre noch ganz gut ab. Schließlich transportiert sie auch Züge, LKWs und Autos, so dass ihr Potential als Transportmittel wesentlich effizienter ausgenutzt werde, so das Umweltbundesamt.

Die Vorteile des Jedermannsrechts: Du kannst dein Zelt überall da aufschlagen, wo du niemanden störst.

Dietmar Oeliger vom NABU stimmt dieser Aussage zu, betont jedoch, dass dies lediglich für die CO2-Emission gelte. Bei Schwefeldioxid (SO2) sähe die Lage anders aus. Dieses Abgas schadet durch seinen Beitrag zu saurem Regen und Feinstaubbelastung der Umwelt. COwirkt sich dagegen schädlich auf das Klima aus, da es als Treibhausgas zur globalen Erwärmung beiträgt.

Weiterlesen nach der Anzeige

Anzeige

Das Umweltbundesamt lässt sich schließlich doch auf einen groben Vergleich ein: „Aufgrund der wesentlich höheren Auslastung kann die CO2-Emission einer Fähre um die 50 Prozent der CO2-Emission eines Flugzeugs auf gleicher Strecke betragen.“ Für die Strecke Rostock - Malmö (Economy) wären das 70 Kilogramm CO– also 35 Kilogramm für die Fahrt mit der Fähre. 

Die Anfahrt nach Trelleborg kann aber auch wieder per Mitfahrgelegenheit über einen Umweg durch Dänemark erfolgen. Ganz ohne Fähren würde die Strecke 642 Kilometer betragen. CO2-Bilanz (Mittelklassewagen, Diesel, 7,6 Liter/100 Kilometer, vier Personen): 40 Kilogramm.

Fazit: Die Anreise mit dem Flugzeug schneidet allein mangels einer Direktverbindung am schlechtesten ab. Ein voll besetztes Auto aufgrund des großen Umwegs liegt ebenfalls noch hinter der Fähre. Diese kann den direkten Weg nach Trelleborg wählen, ist aufgrund der vielen LKW gut ausgelastet und damit am ehesten vertetbar.

340 Kilometer Fahrradtour Trelleborg - Göteborg

Auch das In-die-Pedale-Treten bedeutet CO2-Emission. Natürlich ist diese bedeutend geringer als bei der Fahrt mit einem Auto.  Klimaenthusiasten haben sich bereits Gedanken darüber gemacht, wie viel CO2 beim Fahrradfahren durchschnittlich verbraucht wird. Nämlich 21 Gramm/Kilometer.

Auf 340 Kilometer Fahrradtour hochgerechnet wären dies demnach 0,903 Kilogramm. Hätte ich aus der Fahrradtour einen Roadtrip im PKW gemacht, würden auf der Strecke mindestens 60 Kilogramm CO2 emittiert werden. 

Fazit: „Umwelt schützen, Rad benützen!“

Überfahrt mit der Fähre Göteborg - Kiel

Auf dieser Strecke gibt es eine Besonderheit: Hier pendelt die Fähre „Stena Germanica“ zwischen Göteborg und Kiel. Diese Fähre der schwedischen Reederei Stena Line fährt seit 2015 mit einem Methanol-Antrieb. Dies sei ein Novum in der Schifffahrt, so der Unternehmenssprecher Tim Kötting. Das Besondere: Der Treibstoff Methanol ist biologisch abbaubar und kann u.a. aus COgewonnen werden. Die CO2-Emission selbst werde so laut einem Bericht der Wirtschaftswoche um 25 Prozent gesenkt.

Das Fahrradnetz in Schweden kann definitiv als „gut ausgebaut“ beschrieben werden. Die Wegweiser gleichen dem Schilderwald auf deutschen Straßen.

Während auf der Flugstrecke Göteborg - Kiel 150 Kilogramm CO2 emittiert werden, liegt der CO2-Ausstoß der Stena Germanica auf der gleichen Strecke bei 56,25 Kilogramm. 

Fazit: Die Reederei Stena Line ist offenbar an der Senkung von Schadstoffemissionen interessiert und investiert in klimafreundliche Antriebe. Dennoch ist die Stena Germanica seit 2015 immer noch das einzige Schiff von 34 weiteren der Flotte, das mit Methanol betrieben wird.

Die Bilanz

Mit einer insgesamten Emission von circa 182,2 Kilogramm CO2 liegt meine Fahrradtour weit hinter anderen von WWF kalkulierten typischen Urlaubsreisen. Demnach werden beim typischen Mallorca-Urlaub 1.221 Kilogramm CO2 emittiert und auch beim Urlaub an der Ostsee 258 Kilogramm.

Dennoch: Abseits der Daten und Schadstoffemissionen war meine Fahrradtour mit Sicherheit unterhaltsamer als ein Roadtrip mit Übernachtung im B&B. Sonst hätte ich wohl niemals am Rand eines Golfplatzes gezeltet und wäre am nächsten Morgen auch nicht von den Gärtnern geweckt worden, die fleißig mit ihren Aufsitz-Rasenmähern Rennen fuhren - und ganz nebenbei auch den Rasen mähten. 

Sonniger Morgen neben dem Golfplatz. Die Rasenmäher sind leider gerade wieder aus dem Sichtfeld verschwunden.