Einmal im Leben die Polarlichter über den Himmel tanzen sehen – wer wünscht sich das nicht? Hätte ich eine Bucket-List, würde das ganz weit oben stehen und ich könnte einen Haken dran machen.

Nachdem ich schon mehr als ein halbes Jahr in Finnland verbracht habe, später noch mal für eine Woche ins tiefste Lappland reiste und trotzdem nie das Glück hatte, die grünen Lichter zu sehen, hat es nun endlich geklappt.

Tromsø als Polarlichter-Mekka

Seit Jahren bin ich Mitglied in einer Polarlichtjäger-Facebook-Gruppe und schaue mir regelmäßig die atemberaubenden Bilder der Fotografen dort an. Bei der Frage, wo die Aufnahmen entstanden sind, fällt immer wieder ein Name: Tromsø.

Wenn es nachts plötzlich grün wird: Polarlichter über Norwegen.

Die Stadt im Norden von Norwegen scheint eine Art Mekka für Polarlichtjäger zu sein. „Ich war letztes Jahr da. Vier von fünf Nächten hatten wir Glück“, las ich da ständig. Dann also auf nach Tromsø.

Die Reise selbst planten und buchten wir innerhalb von wenigen Wochen. Ende Januar sollte es losgehen, im November buchten wir Flüge und Unterkünfte. Da wir wirklich nur auf Polarlichtjagd gehen wollten, entschieden wir uns für einen abgelegenen Ort etwa 100 Kilometer nördlich von Tromsø.

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Dass uns die Landschaft dort oben eine Woche lang aus dem Staunen nicht mehr rauslassen würde, ahnten wir da noch nicht. Wir hatten nur die Polarlichter im Kopf.

Apps zeigen Wahrscheinlichkeit für Polarlichter

Ich bin eigentlich nicht der Typ, der sich im Vorfeld einer Reise lange vorbereitet, Bücher wälzt und große Pläne schmiedet. Aber: Dieses Mal beschäftigte ich mich immerhin schon ein paar Monate vor Abflug mit den Vorhersagen und Wahrscheinlichkeiten, die Nordlichter auch wirklich an unserem Ort sehen zu können.

Mittels einer App konnte ich sehen, wann der sogenannte Kp-Index hohe Polarlicht-Wahrscheinlichkeit zeigt und über welchen Kontinenten die Lichter zu einer bestimmten Zeit entlangwabern. Der Index zwischen null und neun zeigt die geomagnetische Aktivität an – je höher die Zahl, desto besser die Chancen.

Wenn sich das Warten gelohnt hat, dann wirst du mit wunderschönen Polarlichtern belohnt.

Wer sich die Vorfreude nicht vermiesen lassen möchte, sollte die App vor der Reise besser nicht im Blick behalten. Kurz vor unserer Ankunft lag der Wert bei vier, ebenso am Tag nach unserer Abreise. In den Tagen dazwischen gerade mal bei zwei. Wow, wie viel Pech kann man eigentlich haben?! Na ja, nun war gebucht und wir mussten das Beste draus machen.

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Polarlichter-Jäger brauchen Geduld

Trotzdem sind Apps wie „Meine Polarlicht-Vorhersage“ oder „Nordlichtmelder“ Gold wert. Sie benachrichtigen dich, wenn die Wahrscheinlichkeit steigt, und geben dir einen guten Überblick, mit dem du auch als Laie etwas anfangen kannst. Die erste Benachrichtigung vor Ort blinkte am Abend unserer Anreise in Tromsø auf.

Völlig erledigt von den letzten 16 Stunden an Flughäfen und in Bussen kratzten wir all unsere Reserven zusammen, packten uns warm ein und gingen noch mal raus. Für uns war das der erste Schneekontakt des Jahres – es knirschte, rieselte und glitzerte überall.

Nur am Himmel nicht. Der blieb schwarz und leer. Doch allein für den Ausblick über Tromsø lohnte sich der kleine Aufstieg auf die Anhöhe hinter unserer Unterkunft. Eine überraschend schöne und vor allem hell erleuchtete Stadt.

Erste Polarlichter-Sichtung eine Enttäuschung

Die verließen wir aber am nächsten Tag schon wieder und machten uns auf den Weg nach Nord-Lenangen. Dort erwartete uns ein winzig kleines Ferienhaus direkt am Fjord. Caspar David Friedrich hätte das Panorama nicht besser malen können. Etwa vier Kilometer nördlich endete dann auch die Straße und somit die Beleuchtung – optimale Voraussetzungen für unseren Plan.

Auch wenn der Kp-Index weiter nur bei zwei blieb, machten wir uns am nächsten Abend auf den Weg zum dunkelsten Punkt unseres Aufenthaltsortes. Als wir aus dem Auto ausstiegen, sahen wir einen sternenklaren Himmel, der mit zwei halbdurchsichtigen Wolkenbändern durchzogen war.

Oder? Ich ging ein Stück den Weg entlang, stellte mein Stativ auf und machte das erste Foto. „Da ist was!!“, rief ich, als ich den grünen Schimmer auf dem Kameradisplay sah. Das sollen Nordlichter sein?! Diesen ersten Moment hatte ich mir anders vorgestellt. Magisch, emotional, aufregend.

Das hier war eher ernüchternd. Ähnliche Gedanken hatten sicher auch die Leute, die kurze Zeit später aus einem Bus ausstiegen und sich mit ihren Warnwesten vor unsere Kameras setzten. Für diesen unspektakulären Anblick haben sie sicher einen dreistelligen Betrag bezahlt.

Nordlichttouren lassen sich in Tromsø  und Umgebung an jeder Ecke buchen, sind aber unnötig. Das Geld solltest du lieber in einen Mietwagen stecken. Dann hast du die Freiheit, zu jeder Zeit rauszufahren und bist nicht an eine Nacht und eine Gruppe gebunden.

Plötzlich und unerwartet leuchtet der Himmel in der Nacht

Aber gut, ein paar schöne Fotos sind es dank des Bergpanoramas an diesem Abend trotzdem geworden. Und irgendwie nahm es auch den Druck aus allem. Immerhin hatten wir die Polarlichter ja nun gesehen. Das ermöglichten uns aber nur die langen Belichtungszeiten der Kameras.

Doch wie in jedem guten Film wendete sich auch unser Abenteuer zum Guten. Schon am nächsten Tag sahen die Balken in der App meines Vertrauens plötzlich anders aus. Der Index stieg an auf drei und von Wolken war auch keine Spur. Zwei Tage mussten wir uns jedoch noch gedulden. Am Tag der Tage wanderten wir tagsüber noch durch die Natur und waren abends froh, dass die Prognose erst ab 21 Uhr vielversprechende Daten ablieferte.

Ich hatte gerade drei Seiten meines Krimis gelesen, da rief meine Reisebegleitung Anja plötzlich: „Verpassen wir hier gerade was?!“ Sie stand bei Instagram mit einer Frau in Kontakt, die ebenfalls in unserer Gegend auf der Lauer lag. Die schrieb ihr, ob wir den Lichtern auch gerade beim Tanzen zusehen.

Tanzende Lichter über der norwegischen Natur.

Rein in die Schlappen, raus aus der Tür und schon war ich im Fieber. Über unserer Unterkunft schwebte ein grüner Streifen, problemlos mit den Augen erkennbar. So schnell waren wir noch nie angezogen und abfahrbereit. So schnell es die vereiste Straße zuließ, fuhren wir zu unserem angestammten Platz und hofften, nicht auf einen Haufen anderer Jäger zu stoßen, die uns im Bild stehen könnten.

Doch niemand war da. Nur wir und die Nordlichter. Wir stapften durch den Tiefschnee, bis wir weit genug weg waren von den Straßenlaternen. Überall waren grüne Streifen am Himmel, die sich immer wieder veränderten. Von den Tourifotos, mit denen Agenturen locken und Souvenirs aller Art ausgestattet sind, war der Anblick aber immer noch weit entfernt.

Polarlichter-Freude überdeckt Kälte

Doch es war auch erst 19 Uhr und die laut App prognostizierte heiße Phase stand uns ja noch bevor. Der erste Akku war leer fotografiert. Und dann wurde es plötzlich hell. Direkt über uns zog sich ein grünes Band entlang, das urplötzlich heller und heller wurde.

Die Kamera war mir in dem Moment egal, ich schmiss mich auf den Rücken in den Schnee und starrte ungläubig nach oben. Nach ein paar Sekunden war der atemberaubende Spuk vorbei und das Band verwandelte sich zurück in den schwachen grünen Streifen.

Die nächsten zwei Stunden verharrten wir hinter unseren Stativen, rutschten zigmal auf demselben Stein aus und starrten unentwegt in den Himmel. „Na ja, wollen wir los? Wird schon langsam kalt“, war der erste Versuch meines zweiten Reisebegleiters Uwe, uns nach Hause ins Warme zu locken. Ja, nur noch ein Abschiedsfoto, waren Anja und ich uns einig ...

Weitere zwei Stunden später spürten wir alle drei unsere Füße kaum noch, konnten uns aber auch nicht von den grünen Schlaufen und Bahnen trennen, die sich inzwischen zwar schwächer, aber immer noch deutlich sichtbar über den ganzen Himmel verteilten.

Den Wolken hatten wir es zu verdanken, dass wir uns dann doch von dem Anblick lösen konnten und zurück nach Hause fuhren. Nach Mitternacht saßen wir durchgefroren, aber glücklich bei einem Glas Wein und starrten selig vor uns hin. Die Polarlichtjagd ist uns tatsächlich gelungen.

So gelingt auch dir das Polarlichtfoto:

  • Fahr raus aus der Stadt! Je mehr Lichtverschmutzung, desto weniger Nordlichter wirst du sehen.
  • Ein guter Blick auf den möglichst wolkenlosen Himmel ist wichtig, aber auch ein schönes Landschaftspanorama ist wichtig für eine gute Bildkomposition. Und davon hat Nordnorwegen mehr als genug.
  • Wähle Weitwinkel- und Fisheye-Objektive, um möglichst viel Himmel UND Landschaft aufs Foto zu bekommen.
  • Spiegelreflex- oder Systemkameras mit einem empfindlichen Sensor sind natürlich optimal, wichtiger sind aber die richtigen Einstellungen.
  • Denk an das Stativ! Um die Nordlichter aufs Foto zu bekommen, sind längere Belichtungszeiten nötig und das funktioniert ohne Verwackler nur mit einem stabilen Stativ.
  • Bei Belichtungszeit, Blende und Iso ändern sich die Empfehlungen je nach Intensität der Polarlichter. Sind sie eher schwach, sollte deine Belichtungszeit möglichst lang sein (beispielsweise 30 Sekunden). Wenn das Bild dann zu hell ist oder die Lichter zu matschig, kannst du die Blendenzahl verringern. Dadurch kommt weniger Licht auf den Sensor und das Bild wird schärfer. Wenn die Nordlichter sehr intensiv sind, kannst du auch die Belichtungszeit verkürzen und die Blende weiter öffnen. Dann werden die Polarlichter strukturierter. Ähnlich verhält es sich mit dem ISO-Wert. Bei schlechteren Verhältnissen sollte die Zahl höher sein, je besser, desto niedriger. Einfach ausprobieren!
  • Stell den Autofokus aus! Wenn du manell fokussierst und das Rädchen auf „unendlich“ stellst, klappt es auch mit einem scharfen Sternenhimmel.
  • Nimm mindestens zwei Akkus mit. In der Kälte leeren sie sich schneller.
  • Zieh dich warm an und denk an Wärmepads für die Hände.
  • Guck nicht nur durch den Sucher, genieße das Schauspiel auch mal ohne Kamera!