Ein Selfie mit dem Lunik

Du spürst einen Hauch Apokalypse, wenn du auf den leer stehenden Hotel-Block mitten in Eisenhüttenstadt blickst. Seit Ende der 1990er-Jahre steht das ehemalige City Hotel Lunik leer. Der beste Spot für ein Selfie mit dem Lost Place ist der Zebrastreifen zwischen Rathaus und Stadtbibliothek. 

Das Hotel Lunik – ein Lost Place in Eisenhüttenstadt.

Bustour durch die DDR-Planstadt

Zeit für eine kleine Bustour durch die DDR: Setz dich am Bahnhof in einen Bus der Linie 454 – aus dem Fenster siehst du die Wohnkomplexe VI (erbaut 1965 bis 1977) und die Überreste vom WK VII (1983 bis 1987) in industrieller Plattenbauweise.

Ursprünglich sollten (nach den Plänen Kurt W. Leuchts) vier Wohnkomplexe für 30.000 Menschen entstehen. Doch es kam alles anders: Aufgrund der Erweiterung des Werkes und der guten Lebensverhältnisse in der DDR wuchs die Stadt bis zum Fall der Mauer auf 53.000 Einwohner.

Nach der Wende folgten Rückbau und Abriss, die Stadt schrumpfte auf knapp die Hälfte. Der WK VII wurde vollständig abgerissen, inklusive Grundschulen, Wohnhäusern und vielen Kindheitserinnerungen von Eisenhüttenstädtern, die in den 1980er-Jahren geboren wurden.

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Das Eisenhüttenstädter Rathaus ist ein guter Ausgangspunkt für Erkundungstouren.

Am Rathaus steigst du um in die Buslinie 453, die dich durch die Wohnkomplexe I bis III führt (erbaut 1951 bis 1958). Dort befindet sich das größte Flächendenkmal Deutschlands, zahlreiche Ornamente und DDR-Kunst schmücken die Häuser.

Der letzte Stopp ist der Busbahnhof, von wo aus du bequem zur Lindenallee oder zur ehemaligen HO-Gaststätte Aktivist laufen kannst, um dich nach der Tour zu stärken. Die Bustour kostet weniger als 5 Euro. Ein Schnäppchen für die schönste Stadt, die in der DDR entstand.

Buslinie 454 Eisenhüttenstadt | Start: Bahnhof Eisenhüttenstadt, Ziel: HO-Gaststätte Aktivist

Free Walking Tour durch das Flächendenkmal

Eine geführte Tour durch die Planstadt ist kostspielig, wenn du allein oder zu zweit unterwegs bist. In der Touristinformation kannst du Touren für 50 Euro in einer kleinen Gruppe buchen, der Eisenhüttenstädter Architekt Martin Maleschka bietet Touren für 250 Euro für Gruppen bis zu 20 Personen an. Das macht 12,50 Euro pro Nase, wenn sich genug finden.

Alternativ führt dich der Bus der Linie 453 direkt in die Lindenallee, dem idealen Ausgangspunkt für eine individuelle Tour durch das größte Flächendenkmal Deutschlands. Mit deinem Eisenhüttenstadt-Grundwissen kannst du in mehreren Stunden zu Fuß die WK I bis IV erkunden, so bist du flexibler, kannst in Ruhe fotografieren und auf Details achten. Die ersten drei Wohnkomplexe im stalinistischen Stil sind denkmalgeschützt und gehören zu den ältesten der Stadt (1951 bis 1958).

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Kastenbauten und leere Plätze: Kein seltener Anblick im WK I.

Von der Lindenallee läufst du am besten zum Platz des Gedenkens, wo du das sowjetische Ehrenmal findest. Weiter geht es über die Straße der Republik in die Saarlouiser Straße. Dort stehen die schönsten Häuser der Stahlstadt, die seit DDR-Zeiten eine Partnerschaft zur saarländischen Industriehauptstadt pflegt. Im Aktivist kannst du dich stärken oder alternativ in der Bäckerei Dreißig einen Kaffee trinken.

Die Bäckerei Dreißig liegt direkt an der Lindenallee.

In den Jahren nach der Gründungsphase wurden die WK IV und V in Block- und Zeilenbauweise (1958 bis 1966) gebaut, dort findest du das schöne Gartenfließ mit einem kleinen Bach und DDR-Kunst. Deine Tour schließt du am besten ab mit einem Besuch des Dokumentationszentrums für Alltagskultur der DDR im WK II.

Start: Lindenallee, Ziel: Dokumentationszentrum für Alltagskultur der DDR | Es gibt einen PDF-Stadtführer, um auf eigene Faust die Wohnkomplexe zu erkunden. 

Fototour im Flächendenkmal

DDR-Mosaike, Springbrunnen und Ornamente über Hauseingängen – die Wohnkomplexe I bis V haben einige Hingucker zu bieten, auch wenn du eine Weile suchen musst. Hobbyfotografen werden auf jeden Fall fündig, auch mit Langzeitbelichtung lassen sich tolle Nachtaufnahmen von der gespenstischen Atmosphäre im leeren Zentrum machen.

Eisenhüttenstadt ist das Schönste, was die DDR hervorbrachte. Das hat einen guten Grund: Weil die ersten Gebäude im WK I für ihn nicht genug den „Ausdruck des Aufbauwillens“ einer Stadt des Proletariats verkörperten, mischte sich Walter Ulbricht höchstpersönlich in die Stadtplanung ein. Die Bauherren legten sich bei den Wohnkomplexen II bis IV ins Zeug, Balkone, Loggien und Kunst verzierten die Wohnhäuser. Sie sind ein Paradies für urbane Fotografie, ein Mekka für Instagramer.

Walter Walecka hat sich mit zahlreichen Wandmosaiken in Eisenhüttenstadt verewigt, wie hier an der Lindenalle.

An den unwahrscheinlichsten Orten wirst du mit tollen Details, Ornamenten und Mosaiken überrascht. Das schönste davon ist vielleicht das Wandmosaik „Deutsch-polnisch-sowjetische Freundschaft“ von Walter Walecka in der Lindenallee. Aber auch das Wandmosaik aus 100.000 Natursteinen im Foyer des Rathauses ist sehenswert:

Das Rathaus ist auch von innen sehenswert – dank eines weiteren Wandmosaiks von Walecka.

Vor dem Eisenhüttenstadt-Trip solltest du schauen, dass du genug Speicher und eine Powerbank dabeihast, um das alles einzufangen. Denn es gibt noch viel mehr zu entdecken. Um Kunst im öffentlichen Raum zu verstehen, könntest du dir auch das Buch „Baubezogene Kunst DDR“ des Eisenhüttenstädter Architekten und Ex-Sprayers Martin Maleschka besorgen. Und wenn du nach einem Wochenende im Zug Richtung Heimat sitzt und nach draußen blickst, wirst du dich vielleicht fragen: War das alles real?

Lost-Places-Tour in Eisenhüttenstadt

Das Lunik ist der bekannteste Lost Place in Eisenhüttenstadt. Doch in der Stadt wimmelt es nur so von verwahrlosten, heruntergekommenen und leer stehenden Gebäuden. Exemplarisch dafür stehen zahlreiche Lost Places in der Stadt: die Bettenhäuser entlang der Straße der Republik, die ehemalige Kaufhalle am Platz der Jugend im V. Wohnkomplex, eine Ruine in der Beeskower Straße in der Nähe des Bahnhofes.

Neben dem Hotel Lunik steht ein weiterer Lost Place: Ein geschlossenes Kosmetikstudio.

In der Oderlandstraße befindet sich die abgebrannte Ruine des ehemaligen Backwarenkombinats, ein echter Hingucker mit den verrußten Wänden. „Gästehaus“ steht auf der Platte in der Karl-Marx-Straße, die Graffiti und eingeschlagene Scheiben zieren. Für knapp 400.000 Euro wurde es vor Jahren im Internet angeboten, kein Wunder, dass der Besitzer auf dem Objekt sitzen blieb. Den besten Blick auf das alte Hotel hast du von der Straße der Republik aus.

Achtung: Die Gebäude sind einsturzgefährdet und stehen seit Jahren leer, Eingänge sind mit Zäunen, Fenser zugenagelt. Hiermit wird vor dem Hineingehen ausdrücklich gewarnt – mach besser ein Foto von außen, das reicht vollkommen aus.

Die Tanzwoche in Eisenhüttenstadt besuchen

Der ideale Zeitpunkt für einen Trip nach Eisenhüttenstadt ist die Tanzwoche, bei der die vielen Vereine aus der Stadt in mehr als einer Woche ihr Können präsentieren.

Tanzwoche Eisenhüttenstadt, Friedrich-Wolf-Theater Eisenhüttenstadt | Adresse: Lindenallee 23 | dieses Jahr vom 13. bis zum 29. März 2020

Bei „Es schallt im Wald“ abtanzen

Brandenburg ist bekannt für seine kleinen Festivals, eines davon mit viel Charme ist das Festival „Es schallt im Wald“. Dahinter stecken zwei entspannte Eisenhüttenstädter, die ein Tonstudio in der Seeberge betreiben und ihre Liebe zur elektronischen Musik jedes Jahr auf der Wiese in der Nähe des Stahlwerks feiern. Du triffst sie auf dem Mini-Festival, das jedes Jahr im Juli stattfindet.

In Fürstenberg an der Oder chillen

An einem schönen Sommertag solltest du unbedingt raus nach Fürstenberg fahren, der Stadtteil ist über 800 Jahre alt und wirkt wie ein völlig anderer Ort. Der historische Stadtkern lockt mit breiter Oderpromenade und Cafés, ab und zu legt ein Oderschipper an, wenn der Pegelstand nicht zu weit abfällt. Es gibt einen guten Bäcker, einen Whiskeyladen, das Restaurant am Kiez und im Städtischen Museum gibt es regelmäßig sehenswerte Ausstellungen moderner Kunst und Hofkonzerte.